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Die Kostenvermeidungsdirektive. Jens WahlЧитать онлайн книгу.

Die Kostenvermeidungsdirektive - Jens Wahl


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Viagra-gestylten Pinsel in der Tür und will noch etwas von ihr. Spätestens dann sollte sie sich darüber klar sein, was stärker ist: Der Ekel, sich von dem ‘Lustmolch’ besteigen zu lassen oder ihre Gier danach, in seinem Testament als Erbin eingetragen zu werden!“ „Natürlich kann solch ein Plan auch schiefgehen, wenn der alte Herr partout nicht sterben will. Da kann dann aus der Dreißigjährigen schnell eine Sechzigjährige werden, bevor sie erbt“, lästerte Gudrun damals abschließend.

      Am darauf folgenden Montag klärten sie in ihren Firmen, ob das mit dem geplanten Urlaub funktionieren kann. Am Abend wurde die Reise für Anfang November gebucht.

      Mitte Oktober, inzwischen waren weitere Zehntausende von Kriegsflüchtlingen und solchen, die vorgaben, einer zu sein, ins Land geströmt, erhielten Klarmanns ihre Reiseunterlagen.

      „Sag mal, kennst Du ‘Daedalus Air Burgas’?“, fragte sie ihn. „Nie gehört, klingt aber nach Bulgaren“, antwortete er und schmunzelte: „Sei froh, dass die nicht ‘Ikarus Air’ heißen - Ikarus war abgestürzt! Ich werde nachher mal nachschauen, was das für ein Verein ist.“

      „Ikarus - so hießen doch die ungarischen Busse, die in der DDR fuhren.“ „Ja, und die SED-Bonzen werden heilfroh gewesen sein, dass die am Boden blieben“, grinste er. Ohne irgendeine blöde Bemerkung loszuwerden, konnte Torsten nun mal nicht leben.

      Am darauffolgenden Wochenende unternahmen beide nach etwa fünf Wochen wieder mal einen Spaziergang zur Mariandlbergalm. Es ging in Mittelgebirgshöhe durch den Wald ohne Kraxelei. Diesen Weg hatten sie oft genutzt, wenn es ihnen für eine "echte" Bergtour zu warm war oder zu neblig. Der Vorteil dieses Weges bestand darin, dass hier ein Schild angebracht war: "Wildeinstand - Hunde anleinen". Gudrun war schon als Dreijährige von einem Hund attackiert worden, vor zwei Jahren auf einer Bergtour wieder. Torsten, der damals vorausging, hörte nur ein Hecheln. Er drehte sich um und sah einen großen weißen Hund von hinten auf Gudrun zurennen. Sofort rannte er mit ausgestrecktem Trekkingstock dem Tier entgegen und brüllte es an. Dies stoppte erst einmal den Angreifer; ein bösartiges Knurren ließ aber erahnen, dass dieser nicht "zum Spielen" gekommen war. Gudrun war vor Schreck gestürzt und stand langsam wieder auf, während Torsten den Hund auf Abstand hielt. Nach endlosen drei Minuten erschien eine junge Frau und pfiff ihren Vierbeiner zurück. Auf die Beschwerde von Klarmanns, den Hund besser unter Kontrolle zu halten, gab es nur ein höhnisches "Es ist doch nichts passiert!"; danach verschwand sie sehr schnell, als Klarmanns sie um ihre Personalien baten. Es sollte doch jedem selbst überlassen bleiben, ob er sich von fremden Hunden beschnüffeln lassen will oder nicht!

      Aus diesen Gründen war ihnen der Weg zur Mariandlbergalm sehr lieb, hier mussten die Vierbeiner angeleint werden. Doch beim letzten Mal trafen sie auf ein Paar, das seinen größeren Hund frei laufen ließ und gleich an beiden herumschnüffelte. Auf eine entsprechende Bitte von Torsten, den Hund anzuleinen, wurden beide pampig: "Leg di selber an die Leine, verdammter Saupreiß!" Sind wir hier in einer hündischen oder menschlichen Gesellschaft? Torsten bezähmte seinen aufsteigenden Ärger und verwies auf das an beiden Enden des Weges angebrachte Schild. Als Antwort erhielt er, dass beide selbst hier Waldeigentümer seien und das Schild für sie nicht gelte. Torsten vertrat die Meinung, dass sich auch der Gesetzgeber an die von ihm erlassenen Gesetze zu halten hat. Daraufhin trollten sich beide mit ihrem Hund. Es ist schlimm, wenn sich manche Menschen für etwas Besseres halten als andere. Dies ist immer wieder Grundlage für Streit, Zank oder gar Kriege. All das benötigt aber kein normal denkender Mensch! Beide diskutierten auf dem restlichen Weg über Intoleranz als eine der Grundlagen von Radikalisierung. Und um die Anleinpflicht ging es. Gudrun wäre es am liebsten, wenn es eine generelle Anleinpflicht geben würde. "Dann kann aber niemand, der über kein Privatgrundstück verfügt, einen Hund frei laufen lassen", entgegnete Torsten. Doch dafür hatte sie auch eine Lösung: "Dann wird die Hundesteuer leicht erhöht und aus den zusätzlichen Einnahmen stellt jede größere Gemeinde ein abgezäuntes Stück Land zur Verfügung, wo die Hundebesitzer ihre Vierbeiner frei laufen lassen könnten." Torsten zweifelte daran, ob dies die allein selig machende Lösung sein sollte. "Sicher haben die Tierschützer garantiert etwas gegen eine generelle Anleinpflicht." Gudrun wurde sauer: "Die sollen erst einmal ihre Hausaufgaben machen. Da wird doch geplant, Bären und Wölfe wieder flächendeckend in Deutschland anzusiedeln. Wer traut sich denn dann noch in den Wald? Beide Tierarten sind garantiert nicht überzeugte Veganer. Und wenn die nicht genügend zum Fressen finden, werden Zuchttiere, wie zum Beispiel Schafe, gerissen. Die Bauern werden sich freuen! Und was hat das mit Tierschutz zu tun, wenn dann Schafe und Ziegen gerissen werden? Die sollen doch erst einmal ein Referendum unter den Schafen starten, ob die sich lieber vom Menschen schlachten oder vom Wolf reißen lassen wollen. Bei welcher Todesart leidet denn das betroffene Schaf mehr?" Darauf wusste auch ihr Angetrauter keine Antwort.

      Das Resultat der Begegnung vor fünf Wochen war heute sichtbar: Das Anlein-Schild war verschwunden. Beide mutmaßten, ob das Paar das Schild einfach bei Nacht und Nebel entfernt hatte oder ob die Waldbauern einen entsprechenden Beschluss gefasst hatten. Zu einem Ergebnis kamen sie aber nicht. Nun konnte sich dieser höherwertig fühlende Bayer sicher sein, nicht mehr von niedrigeren "Saupreißn" berechtigt gemaßregelt zu werden. Doch dieses Verhalten hat nichts mit Bayern zu tun, leider können wir so etwas tagtäglich überall auf der Welt erleben. Am anderen Ende des Weges waren beide etwas überrascht: Hier hing das Schild noch! Also stand für Klarmanns fest, dass die angesprochenen Hundebesitzer das Schild bei Nacht und Nebel "entsorgt" hatten und dies nicht offiziell durch die Waldeigentümer erfolgt war. Auf dieser Seite des Weges wäre es wohl doch irgend jemandem aufgefallen, da man durch die Fenster der Mariandlbergalm genau in Richtung des Schildes schaute. Torsten fotografierte das verbliebene Schild, vielleicht könnte er das Foto noch irgendwie gebrauchen.

      Ende Oktober gab es den letzten kleinen Stammtisch vor Klaros geplantem Urlaub. Egal, wo man sich befand - ohne das Thema „Flüchtlinge“ gab es seit Wochen keine Diskussion mehr. Die Wunschblase von Regierung und Industrie nach einem hohen Anteil sehr gut ausgebildeter Syrer war inzwischen geplatzt. Es würde Jahre dauern, bis die Ersten hier in Arbeit kommen würden. Da war nicht nur die Sprachbarriere, sondern es mussten auch in vielen Berufen die hiesigen, meist anderen Vorschriften und Regelungen erlernt werden.

      Doch damit tat sich eine neue Frage auf: Wie lange wird das unser, nun auf den Kopf gestelltes, Sozialsystem aushalten? Normalerweise zahlt man ein und erhält irgendwann bei Bedarf Krankengeld, medizinische Versorgung und Rente. Jetzt ist es plötzlich so, dass erst einmal sehr viel ausgezahlt werden muss, ohne dass neue Beitragszahler hinzugekommen sind.

      Und wie lange können die Kommunen und Länder das stemmen, was ihnen die Bundesregierung ungefragt aufs Auge gedrückt hat? Letztere zahlte nur einen geringen Anteil der echten Kosten. Einige bereits stark verschuldete Städte rutschten so noch weiter in die Nassen.

      Außerdem waren inzwischen mehrere Zehntausende an Flüchtlingen mit Erlaubnis der deutschen Regierung unkontrolliert ins Land geströmt und davon schon einige Tausend untergetaucht mit unbekanntem Aufenthaltsort. Wie sich das auf die innere Sicherheit auswirken würde, konnte man nur vermuten.

      Neben der Flüchtlingsfrage interessierte Torsten noch etwas anderes, was er schon immer mal Anton fragen wollte: „Was ich jetzt frage, soll weder ein Angriff gegen dich oder irgendeinen anderen Bauern sein. Ich würde nur mal gern deine Meinung dazu hören: Gudrun hatte heute ihren freien Tag und musste zweimal die Wäsche wieder vom Balkon holen, weil der Gassner-Bauer gleich zweimal gegüllt hatte. Die nasse Wäsche nimmt ja diesen ekeligen Gestank sehr schnell an. Wie ich aber gelesen hatte, gibt es die Möglichkeit, durch Zugabe eines bestimmten Salzes den Gestank zu vermeiden - weshalb wird das nicht praktiziert?“ „Weil die meisten Bauern so schon kaum in den schwarzen Zahlen bleiben können. Sieh dir doch die Milchpreise bei den Discountern an - davon kann man kaum überleben!“, regte sich Anton sofort auf.

      „Also Gudrun und ich würden sehr gern 10, 20 oder auch 30 Cent mehr pro Liter Milch zahlen, wenn dadurch der Gestank vermieden würde. Bei Gudrun ist es ja auch ihr Asthma, das nach jedem Güllen wieder stärker wird.“

      Anton lachte höhnisch: „Da seid ihr aber die Einzigen. Geiz ist geil, ist die Devise! Egal, wie andere darunter leiden. Und hat ein Discounter den Preis gedrückt, ziehen alle


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