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Algarveflimmern. Birte PröttelЧитать онлайн книгу.

Algarveflimmern - Birte Pröttel


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bin Schuhfetischistin der anderen Art, ich liebe es bequem: Espas, Timberlands oder Flip-Flops.

      „Du siehst echt aus wie ein Bauerntrampel!“ meckert Mama.

      Ich weiß nicht, was sie gegen Bauern hat. Ist das schon rassistisch oder so? Meine Crocs hasst sie besonders und findet sie prollig. Mir reichen meine drei bis vier Paar Schuhe vollkommen. Sie garantieren mir unter anderem Blasenfreiheit und Hühneraugen kenn ich nur vom Hühnerhof. Mit den Timberlands zu meinem Häkelkleidchen und der ultracoolen Lederjacke fühle ich mich echt megagut. Mama findet das unmöglich. Vielleicht mag ich dieses Styling deshalb so besonders.

      Mama jammerte „Ohne die kann ich nicht in den Urlaub!“ und hielt giftgrüne Stilettos in die Höhe. Das wollte Papa nicht verantworten und nahm gnädig noch einen Stoffbeutel voller Schuhe mit. Die Drohung, an der Algarve alles neu zu kaufen, hatte gewirkt.

      3 Vom Shoppen und Schlange stehen - Oder Wer seine Träume verwirklichen will, muss erst mal aufwachen

      Mama fliegt nicht gerne und daher ist sie auch nicht oft in den Ladenstraßen am Flughafen unterwegs. Als sie die Auslagen in den Stores entdeckte, flippte sie total aus. Ich ließ mich vom Kauffieber anstecken, wir shoppten nach Herzenslust bis die Visa Card glühte. Papa war schon Galaxienweit entfernt und konnte kein Veto einlegen.

      Die Shoppingmeile im Flughafen ist zu verführerisch. Sowas kannten wir in unserer Kleinstadt nicht. Wir mussten natürlich alles ganz genau anschauen, betasten und erschnuppern. Gut, dass Papa nicht dabei war, der hätte uns Beine gemacht. Aber ohne ihn als Bremse hatten wir zu lange gebummelt, nur um festzustellen, dass die Sachen bei Douglas billiger sind. Da ich als Tochter unterwegs war, hatte ich auch nicht die Aufgabe auf die Uhr zu schauen, sowas machen traditionell die Eltern, oder?

      Irgendwann hörte ich eine zerquetschte Lautsprecher Stimme:

      „Die Passagiere Reimer werden dringend gebeten zu Ausgang 52 zu kommen, der Flug wird geschlossen!“

      „Mama, hast du gehört? Wir sind aufgerufen!“

      Mama probierte gerade ein mikroskopisch kleines Victorias Secret Teil, drehte sich hin und her vor dem Spiegel.

      „Süß, nicht wahr?“

      „Mama, wir müssen zum Gate!“ meine Stimme überschlug sich.

      „Gleich, ich muss erst noch bezahlen!“

      Die Verkäuferin packte in aller Ruhe das kleine Päckchen, als wäre es ein Brillantohrring von Tiffanys. Mich packte Panik!

      Wir spurteten wie Usain Bolt zum Gate. Jetzt war Horror, wir hatten die Maschine nach Lissabon tatsächlich verpasst!

      „Tut uns sehr leid, der Flug ist seit fünf Minuten geschlossen!“ bedauerte freundlich lächelnd die Dame am Schalter, während sie ihre Papiere zusammenpackte. Ich werde ihren schiefsitzenden Hut nie vergessen.

      Wir haben dann aus der Not eine Tugend gemacht und unseren Frusst über den verpassten Flug mit tollen Einkäufen kompensiert. Im Airporthotel haben wir dann vom feinsten gespeist und im Kingsize Luxusbett geschlummert.

      Am nächsten Tag bekamen wir einen Flug direkt nach Faro.

      Mama trippelte hin und her, reckte den Hals, um zu sehen, wo wir uns am besten anstellen. Die vier Schlangen bei der Personenkontrolle waren gleichlang. Für welche sollten wir uns entscheiden? Hektik pur! Und heute waren wir schon wieder spät dran. Wir hatten nachts der Bar im Flughafenhotel einen intensiven und langen Besuch abgestattet. Nun mussten wir uns wieder beeilen.

      „Immer komme ich an die langsamste Reihe!“

      Kann man den Leuten die vor einem stehen ansehen, ob sie versierte Flieger sind? Männer, die ihre Geldbörse bereits in der Hand halten, den Gürtel ausgezogen und den Laptop aus der Tasche genommen haben, sind definitiv Vielflieger. Dazwischen trödeln Leute, die ewige Zeiten brauchen, um alles in den blauen Plastikkästen zu verstauen.

      Mama wurde nervös wie eine Büchse Anglerwürmer.

      „Man könnte auch früher losgehen. Dann ist es egal in welcher Schlange man steht!“

      „Nein, mich trifft es immer. Ob an der Supermarktkasse oder hier!“

      „Mama, wir stellen uns an verschiedenen Schlangen an und sehen, dann, wer zuerst durch ist. Klar?“

      So machten wir unser kleines Wettrennen an der Personenkontrolle. Mama hektisch, ich total cool. Wenn wir den Flieger wieder verpassen, hat sie ja Schuld, was kümmerte es mich?

      Zielsicher fand Mama die langsamste aller Schlangen. Wild gestikulierend zeigte sie auf den Mann vor sich, der umständlich seine Sachen in die Schale legte. Dann fing er auch noch an, Kleingeld aus den Hosentaschen zu fummeln.

      „Genau, wie an der Supermarktkasse!“ zeterte sie zu mir rüber.

      Ich grinste und schwupp war ich auch schon dran und durch. Und vor lauter Ärger über ihren Vordermann hat Mama vergessen, sich um ihre eigenen Sachen zu kümmern und nestelte nun ihrerseits umständlich das IPad aus der Tasche.

      „He, Mama, hast du mal wieder Probleme mit „Murphys Law“?“

      „Verarschen kann ich mich selber!“

      „Mama, so was sagt man nicht!“

      Es stimmt: bei Mama geht immer alles daneben, sogar Dinge, die bei anderen ganz normal funktionieren! So wie der berühmte Herr Murphy es prophezeit „Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.“ Egal ob Mama im Supermarkt oder bei der Personenkontrolle ansteht. Sie hat einfach kein Glück. Sagt sie. Ich glaube, das macht sie extra. Hat ja sonst nicht viel zum Meckern. Aber auch sie schaffte es durch die Kontrolle, sogar ohne dass der Piepser Alarm quiekte.

      Die einen haben Schmetterlinge auf ihren himmelblauen Koffern, wie die Tussi vorhin in der Check-In Schlange. Ich hatte Schmetterlinge im Bauch. Und die rotierten wie die Düsenturbinen. Sie trieben das Flugzeug zu schnellerem Tempo an. Sie trieben mich zu meinem Moritz.

      Endlich in der Maschine schlängelte Mama sich zwischen den Mitreisenden durch. Unmengen von Rucksäcken, Taschen, Beuteln und Plastiktüten hinderten sie nicht daran, zielstrebig ihren Platz anzusteuern. Meine hübsche Mama Martina sieht aus, wie eine naturgetreue Kopie von Nena. Schwarzhaarig, schmal und auf lässige Art elegant. Bereitwillig machten ihr die Leute Platz. Und dann spielte sie, raffiniert wie immer, ein Schulterleiden vor. Mit ein paar ihrer unwiderstehlichen Augenaufschläge lächelte sie den hübschen Flugbegleiter an:

      „Können sie so lieb sein und meinen Kabinenkoffer ... Ich habe nämlich einen Tennisarm!“

      Der nette Junge ächzte, als er Mamas Kabinenkoffer anhob.

      „Der hat aber bestimmt mehr als acht Kilo!“ grinste er.

      „Weiß ich nicht!“ entgegnete Mama mit Unschuldsmiene, „ ich wiege ihn nie.“

      Mit einem gequälten Seitenblick hob er das Stück und brach damit bestimmt den Weltrekord im "schwere Koffer ins Gepäckfach stemmen", denn das Teil wog mehr als ein Flusspferd. Der freundliche Helfer sah aus, als wäre Dauergast in der Muckibude, aber er stöhnte auf und fiel fast nach hinten um, das ging aber nicht, weil die Kabinen eben eng sind

      „Danke, danke, danke, sie sind ein Schatz!“ strahlte Mama ihn an. Er lächelte verkrampft, sicher hatte er jetzt „Rücken“. Den hielt er sich auch. Ich verkniff mir, ihn ebenfalls um Hilfe zu bitten, denn mein winziges Köfferchen war genauso schwer wie die Mülltonne eines Chinarestaurants.

      Da kam mir Mamas „Nebenmann“ zur Hilfe. Beim Heben seiner Arme fiel ich fast in Ohnmacht. Das Anwenden von Deodorant hielt man wohl zu seiner Zeit bestimmt für schädlich, wenn nicht gar krebserregend. Haben die es nicht neulich in einer Fernsehsendung gesagt „und was im Fernsehen kommt, stimmt doch“ oder? Nun hatte ich Nasen-Krebs.

      Mama schützte vorausriechend die empfindliche Nase mit ihrem neuen Dolce Gabbana Schal vor aggressiven Naturduft


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