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SILBER UND STAHL. Nicole SeidelЧитать онлайн книгу.

SILBER UND STAHL - Nicole Seidel


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Person blieb außer dem Hexer auf der Lichtung zurück: der Vagabund Ulf Varen. Geralt packte ihn an der Gurgel.

      3

      Die ältere, weißhaarige Elfenfrau Cyonil Tir’Duinn hatte die Wunde des Hexer mit ihrer uralten Elfenmagie behandelt. Sie war sofort zu dem Verwundeten geeilt, als sie erfuhr, dass es sich dabei um den Hexer Geralt von Riva handelte. Nur seinetwegen, nicht aus falscher Loyalität eines Kaufmannselfen wegen, war sie nach Filderstedt geritten. Jeder – ob nun Ayden oder Telda Samhradh, ob nun Zwerg Trölt Wolfschädel oder die junge Heilerin Eileal Fitheach – hatten bisher nur vermutet, um wen es sich bei dem weißhaarigen Kämpfer handeln musste. Das eilige Handeln der weisen Elfenmeisterin aber bestätigte sie ihn ihrer Vermutung, denn Cyonil Tir’Duinn war dem Hexer persönlich schon einige Male begegnet.

      Sie hatte sofort erkannt, dass der Mann im Bann eines Alpwesens gefangen war, darum handelte sie schnell und effektiv. Indem sie die Wunde mit Magie weitgehend heilte und das Fieber senkte. Schließlich drang sie in seinen Geist ein und schickte ihm eine kurze Botschaft – „Geralt von Riva, erkenne!“ Dann wartete die Elfenmeisterin geduldig an seinem Bett.

      „Was ist mit ihm, edle Herrin?“ fragte Eileal Fitheach, als Geralt zwar von Schmerz und Fieber befreit, aber nicht erwachen wollte.

      „Still!“ winkte die weise Elfin ab. „Warte!“

      Der Verband war fort, die Schulterwunde mit dickem Schorf verschlossen. Die kräftige, vernarbte Brust hob und senkte sich ruhig im flachen Rhythmus der Atmung. Sein weißes, langes Haar lag feucht-strähnig über das Daunenkissen gebreitet. Das markant-hübsche Gesicht blieb bewegungslos – die blassrote Narbe über der linken Gesichtsseite zuckte leicht unter den rollenden Bewegungen der geschlossenen Augen. Geralt von Riva war ein ansehnlicher Mann, der in seinem Leben schon viel erlitten hatte.

      Geralts rechte Hand fasste plötzlich in die Luft über seine Brust, als griff er dort nach jemanden und er schlug die gelben Augen mit den geschlitzten Pupillen auf.

      Erschrocken über die Plötzlichkeit wich die junge Eileal zurück. Cyonil blieb ungerührt am Bett sitzen.

      Dass was Geralt unsichtbar umgriffen hielt manifestierte sich langsam mit knisternden Funken. Das gnomhafte, dunkelhäutige Wesen zappelte im eisernen Griff des Hexers und wimmerte erbärmlich. Der Alp war nicht viel größer als ein Kleinkind von vielleicht fünf Jahren. Ohne loszulassen, richtete sich Geralt im Bett auf und schaute sich das Wesen genau an.

      „Was haben wir denn da?“ Ein wohlgenährtes Bäuchlein verunstaltete die asketischen Proportionen des schwarzhäutigen Alps.

      „Gnade, edler Herr!“ wimmerte dieser und fiel zu einem Häuflein Elend zusammen. „Habt Erbarmen!“

      „Du hast dir den falschen dazu ausgesucht“, knurrte Geralt.

      Da legte Cyonil Tir’Duinn ihre zarte Hand auf den kräftigen Arm des Hexers. „Lass ihn gehen, Geralt. Es gibt nicht mehr viele seiner Art.“

      „Er hat –“ stockte der Hexer. „Er ist...“

      „...eigentlich sehr harmlos und erbärmlich. Lass ihn gehen.“

      Geralt sah in das sanft lächelnde Gesicht der alten Elfin. Ihre hellen Augen hatten die Farbe eines weiten Horizonts und ihre zarten Gesichtszüge waren von zeitloser Schönheit. Das dünne, weiße Haar wurde von einem Silberreif gehalten, den ein grüner Smaragd auf der makellosen Stirn zierte. Ihre Berührung war wie der Flügelschlag eines Schmetterlings und ihre Bitte ein zärtlicher Befehl. Der Hexer öffnete seinen Griff.

      Kaum frei verschwand der Alp. Er löste sich einfach auf, kehrte in die Zwischenwelt – wo er entstanden war – zurück.

      4

      Drei Pferde standen gesattelt vor dem zweistöckigen Gebäude, indem Geralt ganze zehn Tage im Fieberwahn – gefangen in einem absurden Albtraum – gelegen hatte. Die Gastfreundschaft der Kaufmannsfrau Telda Samhradh hätte er noch einige Tage in Anspruch nehmen können, aber er brach anderntags – mit den beiden Elfenfrauen zusammen – auf. Seine wenigen Habseligkeiten waren durch Proviant und saubere, geflickte Kleidung erweitert worden. Sein Silber- und das Stahlschwert waren am Rücken überkreuzt gegürtet. Seine Schulterwunde, unter dem schützenden Wams, heilte schnell und es würde nur eine Narbe zurück bleiben. Was machte das schon, eine Narbe mehr oder weniger, dachte Geralt, fiel an ihm nicht auf.

      Er verabschiedete sich herzlich von den drei Frauen – Teldas Mann Ayden war immer noch in Geschäften unterwegs und hatte Trölt Wolfschädel als Schutz mitgenommen. Der Hexer wollte nicht warten, bis er wiederkam, um sich auch bei ihm zu bedanken und zu verabschieden. Auch von den beiden Elfenfrauen – besonders von Cyonil Tir’Duinn – verabschiedete er sich. Er wollte in eine ganz andere Richtung.

      „Herrin Tir’Duinn, ich komme ein anderes Mal mit nach Earrach-Dúthaich. Richtet meinem bráthair Argovil Laraun einen Gruß von mir aus. Und hab Dank für deine Hilfe. Sith, edle Cyonil Tir’Duinn. Sith, Eileal Fitheach.“

      Die drei Abreisenden schwangen sich auf ihre Pferde. Zwei Elfinnen ritten nach Norden. Ein weißhaariger Hexer ritt hingegen nach Süden.

      „Sith auch dir, Geralt von Riva.“

      Ende

      IV - Der Rosenturm

      1

      Geralt von Riva hatte Kaedwen und die Kestrelberge hinter sich gelassen und war weiter seiner Nase nach Westen gefolgt. Lange Wochen ritt er meist einsam durch unbewohntes Gebiet, daher freute er sich über den ebenfalls einsamen Reisegefährten, den er an den Ufern des Flusses Buine begegnete. Der junge Hexer entschloss, sich dem verwundeten Soldaten auf seinem Weg nach Hause anzuschließen und so schlugen die beiden Männer den Weg nach Hengfors ein, das an Redaniens Nordgrenze zum kleinen Land Malleore lag.

      Aryan war in einem Grenzscharmützel, das zwischen Redanien und Temerien immer mal wieder aufflammte, verwundet worden und hatte seine Schwerthand verloren. Der junge Mann mit dem einst fröhlichen schönen Gesicht hatte daraufhin allen Lebensmut verloren und starrte verbittert in die Welt hinaus, die ihm nun ungerecht und grausam einher kam. Seine rechte Hand zu verlieren und fortan als unnützer Krüppel durch Leben laufen zu müssen, zermürbte den erst fünfundzwanzigjährigen Mann. Dann begegnete er diesem geheimnisvollen Hexer, der nur wenige Jahre älter als er selbst zu sein schien.

      Der weißhaarige Krieger mit den beiden mächtigen Schwertern auf seinem Rücken und den gelben Katzenaugen flößte ihm anfangs Angst ein, doch zeigte Geralt von Riva ihm gegenüber keinerlei Feindschaft. Und der Hexer, der am ganzen Leib voller Narben war, tat noch mehr für Aryan und erweckte in ihm den Trotz. "Du hast doch noch deine linke Hand", entgegnete der weißhaarige Krieger auf sein selbstmitleidiges Gejammer. "Lern sie zu gebrauchen. Egal, ob du nun damit in Zukunft eine Waffe oder eine Schreibfeder führen willst."

      Aryan war jung genug, um einzusehen, dass der Hexer recht hatte. Als Kind hatte man ihm Lesen und Schreiben beigebracht - er konnte lernen, mit seiner verbliebenen Hand zu schreiben und sein Glück in irgendeiner Verwaltung suchen.

      Und in den folgenden Tagen, in denen die beiden kampferprobten Männer nebeneinanderher ritten, hatte er genug Gelegenheit das schmerzvolle Schicksal seines Mitreisenden im Stillen zu bedauern. Er hatte von den Hexern gehört, die durch eine jahrelange qualvolle Mutation zu dem gemacht wurden, was sie heute waren. Doch Geralt war der erste Hexer, dem Aryan begegnete. Und die unzähligen Narben an dem kräftigen Körper zeugten von vielen Kämpfen - besonders die tiefe Narbe am linken Auge musste Geralt von Riva für eine lange Heilphase große Qualen beschert haben. Der Hexer war ein Ausgestoßener, auf ewig verdammt umherzuziehen, um Ungeheuer zu töten. Nie würde er das Glück einer Familie genießen können, war er selbst doch unfruchtbar und war von seinen leiblichen Eltern verkauft worden. Aryan haderte nun nicht weiter mit seinem eigenen Schicksal.

      "Es war in dem Jahr, als ich geboren


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