SILBER UND STAHL. Nicole SeidelЧитать онлайн книгу.
sein Leid keinen Menschenausdruck fand.
"Ich hab nicht alles aep arse." Geralts Stimme wurde noch dumpfer. "Mein Leben hängt gerade von deiner Laune ab. Drum bin ich neugierig."
Gut, dass du mich daran erinnerst, dachte Iorweth, denn noch waren sie keine Freunde. "Nur so viel: Die beiden Könige, die getötet wurden, waren zwei ausgemachte Hurenböcke. Die noch das Todesurteil ihrer Kinder unterschrieben hätten, um an der Macht zu bleiben. Aber im Osten gibt es jemanden, der die Krone verdient."
"Warum wolltest du Foltests Tod?"
"Foltest konnte den bezaubernden Menschen mimen. Doch wer war er wirklich? Er ließ zu, dass die alten Rassen in Temerien verfolgt wurden. Er war wie alle Dh'oine. Doch bedeutet sein Tod viel mehr."
"Du überfällst und ermordest die Bewohner von Flotsam und vergisst dabei, dass unter ihnen Elfen und Zwerge leben."
"Leben? Sie haben ihnen die Selbstachtung genommen. Ihnen nach Menschengesetz zu leben und zu sterben aufgedrängt, sie sind viel eher Dh'oine als du, Geralt."
Der Hexer sah endlich ein, dass er an Iorweths Einstellung vorläufig nichts ändern konnte. Es galt einen Verräter zu entlarven, daran erinnerte er. "Wir treffen uns dort."
"Va'fail Gwynbleidd. Und keine Tricks." Iorweth hob die Hand zum Gruß und ging.
Der Tag neigte sich dem Abend zu. Die Schatten wurden länger, als Geralt bei den Elfen¬ruinen ankam, wo Iorweth bereits wartete. Seine Scoia'taelkrieger lauerten versteckt auf den Bäumen und zwischen den Büschen, aber der Hexer hatte viele von ihnen bereits entdeckt.
"Spielen wir Theater. Sag Letho, dass du mich gefangen hast und mich ihm auslieferst", offenbarte der Elfenanführer seinen Plan.
"Und du?"
"Ich bin unbewaffnet. Hände gebunden. Sprichst du die Wahrheit, wird seine Reaktion dich bestätigen. Glaub nicht, dass ich dir traue. Denk an unsere Deckung. Wenn du versuchst was Dummes zu tun..."
"Ich verstehe", wandte Geralt kühl ein.
"Kaum", konterte Iorweth. "Sie beschmieren dir dein Gesicht mit Honig und stecken es in einen Ameisenhaufen." Er blickte dem Hexer herausfordernd ins Gesicht, der jedoch keine Miene verzog. "Da heulst du so, dass dich noch die Reiter der Wilden Jagd hören."
"Sind deine Unternehmungen alle so aufwendig? Warum befehlen wir Letho nicht einfach zu gestehen?"
"Eidd fenn nuelhe el'tern verde", sagte Iorweth auf elfisch.
"Erobere nicht durch Gewalt, sondern durch Kühnheit", übersetzte Geralt.
Dafür spendete Iorweth ihm Applaus. "Genau. Gehen wir."
Der Elf übergab dem Hexer sein Schwert, der ihm dann die Hände hinterm Rücken so zusammen band, dass er sich mit ein wenig Kraft selbst davon befreien konnte. Dann führte Geralt seinen Gefangenen vor sich her, den steinigen Weg zu den Elfenruinen hinauf.
"Meine Leute behalten dich im Auge. Eine falsche Bewegung und du bist tot", flüsterte Iorweth dem Hexer zu, dem er sich nun ausgeliefert hatte.
Sie marschierten durchs Tor und entdecken Letho sofort. Der Muskelprotz saß vor der Statue der Liebenden auf einen Stein und schien seinen Gedanken nachzuhängen.
"Geralt von Riva", begrüßte ihn Letho. Der weißhaarige Hexer stieß seinen Elfengefangenen von sich, dass dieser zu Boden stürzte. "Was suchst du hier?"
Während sich Iorweth zurück auf die Füße bemühte, erhob sich der Muskelprotz und kam bis auf eine Schwertlänge an die beiden heran.
"Ich komme um zu verhandeln", erwiderte Geralt trocken.
"Ha, der Waldfuchs hat sich tatsächlich greifen lassen!" Letho schien amüsiert. "Ich hab dich unterschätzt." Das war an Geralt gerichtet.
"Was tut ein Mensch in den Reihen der Scoia'tael?" fragte der weißhaarige Hexer, dabei blieb seine Stimme völlig emotionslos.
"Du kennst das Sprichwort: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Die Scoia'tael sind meine Rachebrüder."
"Genug gescherzt, mach mich los!" forderte Iorweth.
Doch die Hexer ignorierten den Elf zunächst, sie hatten ihren eigenen kleinen Disput auszu-tragen. "Sag mir", verlangte Geralt, "für wen du wirklich arbeitest und der Elf ist dein."
"Wir arbeiten für uns."
"Wer wir?" Ein Hauch Verblüffung huschte über das bleiche Gesicht.
"Die Königsmörder." Es gab also noch mehr von diesen schlangenfalschen Assassinen?
"Du hast Foltest ermordet", kam Geralt zu seinem eigentlichen Anliegen zurück, "da kannst du dich nicht herauswinden."
"Der einzige, der gesehen hat wie er starb, bist du. Da kannst du dich nicht herauswinden."
"Ciaran aep Easnillien sagt, du willst Iorweth liquidieren", sprach Geralt das nächste Problem an.
"Und wenn. Warum solltest du mir helfen?"
"Bloéde Dh'oine", warf der Elf dazwischen, doch er wurde weiterhin ignoriert.
"Sag mir wer du bist?" forderte Geralt.
"Du erinnerst dich wirklich nicht?"
"Diese Frage steht mir bis sonst wo!" brummte der weiße Wolf, den es am meisten nervte unter Gedächtnisverlust zu leiden.
"Es ist also wahr. Und gerade deinen Strich durch die Rechnung hatte ich befürchtet. Ich bin Letho von Guleta, der Königsmörder."
"Demawend. Foltest. Wer noch? Wer seid ihr, verdammt noch mal?" Geralt fletschte die Zähne, behielt sich aber noch unter Kontrolle.
"Wir sind uns schon begegnet, Geralt", gestand Letho ruhig. "Weißt du das nicht mehr?"
"Nein!" Geralt schüttelte den Kopf.
"Das vergesse ich nie. Du hast mir das Leben gerettet, weißer Wolf. Wir haben Schulter an Schulter gekämpft. Und jetzt kreuzen wir die Klingen. So weit wäre es nicht gekommen, wenn ich Iorweth schon getötet hätte."
Jetzt war es heraus! "Serrit und Egan werden in ihrem Blut ersaufen", rief Iorweth wütend.
"Glaub ich kaum", antwortete ihm Letho gelassen. "Ehe die Scoia'tael im Pontartal merken, dass du nicht mehr am Leben bist, haben meine Leute ihre Aufgabe erfüllt."
"Serrit und Egan, wer sind sie?"
Iorweth antwortete auf Geralts Frage. "Königsmörder. Denen die Scoia'tael im Pontartal in Ober-Aedirn geholfen haben."
Die beiden Hexer fixierten sich mit ihren gelben hassfunkelnden Katzenaugen.
"Es muss nicht so enden", meinte Geralt in die Pause hinein. "Erzähl mir alles!"
Doch Iorweth hatte genug erfahren. "Genug mit der Farce", brüllte er und rief zum Angriff. Und seine Scoia'taelkrieger sprangen aus ihren Verstecken.
Letho sprang zurück und zog sein Schwert. "Was treibst du da für ein Spiel?"
Auch Geralt hielt schon ein Schwert in seiner Hand. "Eins das du verloren hast."
Plötzlich streckte ein Bolzen einen Elfenkrieger nieder und Vernon Roche mit seinem "Blauen Streifen" Kommando tauchte aus dem Wald auf.
Iorweth hatte in dem aufkommenden Chaos seine Fesseln abgestreift und verlangte von Geralt: "Gib mir mein Schwert!"
Noch zögerte der weißhaarige Hexer, denn Roche war ihm ein guter Freund. Doch dann griff er in seinen Rücken und zog die Elfenklinge hervor und gab sie Iorweth. Alle stürzten sich in den Kampf.
Mit einem hasserfüllten "Krepier!" warf sich Iorweth auf den blaugestreiften Kommandanten.
"Ich muss dich töten", brüllte Letho und sein mächtiger Beidhänder saust auf Geralt herab.
"Versuch es, ich bin kein König!" Geralt parierte den Hieb, dass nur so die Funken