SILBER UND STAHL. Nicole SeidelЧитать онлайн книгу.
schluckte einen Fluch herunter, als er das viele Blut sah, das die aufgerissene Kehle des jungen Ritters entströmte und das von den rosigen Lippen des fast nackten Mädchens rann. Nein, das Wesen vor ihm konnte keine Nymphe sein, trank sie doch Blut wie ein Vampir!
Noch während der Hexer aus dem Sattel sprang griff er nach dem silbernen Schwert an seinem Rücken und hielt es bereits in der Hand, als seine Füße auf dem Boden aufkamen.
Das Mädchen wischte sich das verräterische Blut von den Lippen und wiegte ihren vollkommenen Jungfrauenkörper aufreizend im Takt eines lautlosen Liedes. Die bereits tiefstehende Sonne erfasste ihren Leib und sie bot ihm ihre Reize schamlos dar. Sie schwebte von dem Leichnam weg, blieb aber auf Distanz zu dem Mann mit dem Schwert.
„Bitte tu mir nichts“, stammelte sie und fiel vor ihm auf die Knie.
Mit einem schnellen Satz war Geralt bei ihr und vergrub seine Linke in ihre wilde grüne Haarmähne. Die Schwertklinge in der Rechten drückte gegen den Hals des Mädchens. Wunderschön und unschuldig wirkend wie eine Waldnymphe und doch so gefährlich und blutrünstig wie ein Vampir – was für ein Zwitterwesen hatte er da vor sich?
„Wer – was bist du?“
„Ich weiß es nicht, edler Herr“, säuselte die Schöne wie ein Wildbach.
Sie stöhnte unter seinem Griff, hob ihre Brüste vor, schob ihr rundes Becken näher an ihn heran. Eine Hitzewelle durchströmte seinen gestählten Leib und seine Lenden zuckten. Sie legte ihm ihre Hände auf die Hüften, drückte ihre Finger näher an seinen Schritt heran.
Sein Wolfsamulett ruckte an der Kette am Hals und sein Hexerinstinkt brachte ihn schließlich wieder zur kühlen Vernunft. Ein eiskalter Schauer lief ihm den Rücken herunter und er löste sich von dem Nymphenwesen, ohne ihren Kopf loszulassen oder die Klinge von der Kehle zu nehmen. „Lass deine Finger bei dir!“ knurrte der weiße Wolf, wie er oft auch genannt wurde.
„Wer bist du?“ fragte Geralt erneut.
Sie wann sich unter ihm, versuchte seinem Griff, seiner Klinge zu entweichen und ritzte sich dabei selbst an der magischen Silberklinge. Sie schrie auf, als das Schwert ihr eine rauchende Wunde ins Dekolleté schnitt. Kraftlos sank sie in seinem Griff zusammen, da ließ der Hexer sie los. Ein Schluchzen ging durch ihren Körper und sie krabbelte auf allen Vieren von ihm fort. Ihr praller Hintern lud den Mann zu einer intimen, dreckigen Fantasie ein – aber Geralt schüttelte den unpassenden Gedanken fort.
Er folgte der Nymphe und stoppte sie schließlich mit der Klinkenspitze, die er ihr erneut gegen die Kehle gedrückte. Wie ein räudiger Hund schaute sie ihn tränendurchströmt an. Er hatte dann doch Mitleid mit ihr und zog sein Schwert zur Seite.
„Als ich erwachte, “ begann sie zu erzählen, „kannte ich weder Mutter noch Vater. Aber da war ein Mann, er sagte, er hätte mich erschaffen. Doch woraus erschaffen?“ Sie blickte mit tränennassen Augen hinüber zu des Ritters blutigen Leichnam. „Wozu erschaffen? Das sagte er mir nicht. Und in mir brannte ein unstillbarer Hunger nach Blut.“
Sie kauerte vor Geralt, starrte auf ihre blutbefleckten Hände. „Ich bin aus seinem Schloss geflohen – oder er hat mich fortgejagt. Ich weiß es nicht. Ich weiß nichts über mich. Ich kenne nur diesen Hunger. Dieses unstillbare Verlangen in mir.“
Sie hielt ihm ihren Arm hin. „Dies ist das Zeichen meines Schöpfers, dies brannte er mir ein.“
Der Mann umfasste ihre Hand und betrachtete das Brandmal am Handgelenk. Es ähnelte einer Sanduhr – oder einer liegenden Acht, Symbol für die Unendlichkeit. Aber Geralt kannte niemanden der dieses Symbol sein Eigen nannte. Aber es musste sich zumindest um einen Alchemisten oder Zauberer handeln, wenn er Mutationen hervorbrachte.
Das Nymphen-Vampir-Wesen schwieg, schaute einige Zeit traurig vor sich auf den Boden. Geralt stand über ihr, dachte nach, was er mit ihr tun sollte. Da nahm sie ihm diese Entscheidung ab.
Ohne Vorwarnung sprang das Mädchen ihn an die Kehle, grub tief ihre Klauenfinger in seinen Nacken und versuchte ihre langen Fangzähne in seine Kehle zu schlagen. Mit bloßen Fäusten wehrte er sie ab, riss ihr an den Haaren den Kopf nach hinten, um so ihren scharfen Vampirzähnen zu entgehen. Zwei mutierte Wesen kämpfen engumschlungen miteinander.
Mit aller Kraft hielt er den Kopf der Vampirin von seinem Hals weg. Sie hatte ihre schlanken Beine um seine Hüften geschlungen und hielt sich so an ihm fest. Ihre klauenbewehrten Finger kratzten ihn durchs Gesicht. Sie roch sein Blut und entwickelte Berserkerkräfte. Immer näher kamen ihre Fänge seinen Adern am Hals, die dick hervortraten. Ihre Beine drückten ihm die Luft aus den Lungen, ganz kurz ließ er nach, da spürte er ihren Biss am Hals.
Der Schmerz entwickelte in ihm neue Kräfte. Mit Entsetzen hörte er ihr schmatzendes Geräusch und wie sie sein Blut schluckte.
Unerwartet ließ sie ihn plötzlich los, schüttelte sich vor Krämpfen und wand sich am Boden vor Schmerzen. Sie spuckte sein giftiges Blut aus und würgte und wälzte sich unkontrolliert am Boden.
„Ich schmeck dir wohl nicht, Vampir!“ knurrte Geralt, zog sein Silberschwert und stieß die Klinge in den jungfräulichen Leib der vampirischen Nymphenfrau. „Wenn ich mich vorstellen darf. Ich bin Geralt von Riva. Ich bin Hexer und geschaffen worden, um Ungeheuer zu töten.“ Tief trieb er das Schwert aus purem Silber in sie hinein und pfählte sie. Um die Wunde knisterte ein vernichtendes Feuer, das die vampirischen Anteile des Mischwesens auflösten. Zurück blieb nur ein Häufchen Asche.
Die Sonne schickte sich an schlafen zu gehen. Der weißhaarige einsame Kämpfer ritt auf seiner braunen Stute den Hügel hinab auf ein Waldstück zu, dahinter wusste er ein Bauerndorf, wo er sicher ein Quartier für die Nacht finden konnte. Er führte ein edles Ross am Zügel und zwei helle Hunde folgten ihm. Alle drei Tiere würde er versuchen dort zu verkaufen.
Die drei Raben, die dem ganzen bewegungslos und lautlos zugesehen hatten, verließen nun ihren Platz auf dem dürren Ast und ließen sich auf dem noch frischen Leichnam des Ritters nieder. Eine leckere Mahlzeit erwartete sie...
Ende
III - Varulfen
Die Jungfrau sollte nach Hause gehen
Die Linde rauscht am Hain
Sie nahm den Weg durch den dunklen Wald
Denn sie war von der Lust getrieben.
Und als sie am dunklen Wald ankam
Die Linde rauscht am Hain
Traf sie dort auf einen tiefgrauen Wolf
Denn sie war von der Lust getrieben.
Lieber Wolf bitte friss mich nicht
Ich werde dir mein silbernes Kleid geben.
Dein silbernes Kleid ist mir egal
Ich will dein junges Leben und dein Blut.
Die Jungfrau stieg hoch in eine Eiche
Die Linde rauscht am Hain
Der Wolf streifte heulend um den Baum
Denn sie war von der Lust getrieben.
Der Wolf gräbt nach den Wurzeln der Eiche
Die Linde rauscht am Hain
Die Jungfrau gab einen fürchterlichen Schrei von sich
Denn sie war von der Lust getrieben.
Lieber Wolf friss mich nicht
Ich werde dir meine goldene Krone geben.
Deine goldene Krone ist mir egal
Ich will dein junges Leben und dein Blut.
Der Jüngling sattelt sein graues Ross
Die