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Volkswagen – Auf dem Weg zur Weltspitze. Frank O. HrachowyЧитать онлайн книгу.

Volkswagen – Auf dem Weg zur Weltspitze - Frank O. Hrachowy


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Jahre zum meistgebauten Automobil der Welt. Doch spätestens zu Anfang der siebziger Jahre zeigte sich, dass der VW Käfer nicht mehr dem Stand der Technik entsprach. Damit geriet der VW-Konzern in eine ernste, durchaus existenzbedrohende Krise. Erst mit neuen, technisch und optisch modernen Fahrzeugkonzepten konnte diese Krise überwunden werden.

      Das ist lange her und aus der Marke VW ist seither ein großer Konzern geworden, der erfolgreich als Global Player agiert. Ungeachtet dessen hat der Konzernvorstand höhere Ziele, denn bis zum Jahr 2018 soll die Volkswagen AG zum größten Automobilhersteller der Welt wachsen und dabei GM sowie Toyota hinter sich lassen. Zweifellos ist das ein ambitioniertes Ziel. Doch: Ein Blick auf die Gestaltung, die stetige Neuausrichtung und die enorme Entwicklung des Konzerns seit den neunziger Jahren lassen den Anspruch auf die Weltspitze durchaus realistisch werden.

      In diesem Buch werden vorrangig die wichtigsten Ereignisse der Fahrzeugmarke Volkswagen seit dem Jahr 1970 nachgezeichnet. Natürlich ist es dabei kaum möglich, über die fahrzeugproduzierende Wolfsburger Kernmarke Volkswagen zu berichten, ohne dabei die Belange des damit verknüpften Volkswagen-Konzerns oder der übergeordneten Volkswagen AG zu berühren. Dementsprechend fließen die Entwicklungen der weiteren VW-Konzernmarken in diese Darstellung am Rande mit ein. Weiterhin werden die historischen Ereignisse nicht isoliert dargestellt, vielmehr werden sie in Relation zu den politischen und sozialen Veränderungen in Europa sowie den technischen Entwicklungen der Wettbewerber gesetzt.

      Als Technikhistoriker habe ich hierbei der Chronistenpflicht zu folgen und möglichst faktenorientiert und objektiv über die Geschehnisse der letzten rund 50 Jahre zu berichten. Dies geschieht durch eine neutrale chronologische Beschreibung der Ereignisse – eine Kommentierung oder Bewertung der Zusammenhänge überlasse ich dem Leser. Demgemäß werden Personen, die Enthüllungsjournalismus oder ein Schwarzbuch zu VW erwarten, in dem investigativ gewonnene Daten und Fakten reißerisch kolportiert werden, nicht bedient.

      Dabei gilt, dass Geschichtsschreibung ihrem Wesen nach immer komplementär ist. Eine absolute Wahrheit kann es in der Geschichtsschreibung nicht geben, weil niemals alle Beweggründe der handelnden Personen und alle Ursachen der beschriebenen Ereignisse in der Retrospektive erfassbar sind. Meine hier vorliegende Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse kann somit keinesfalls Absolutheit beanspruchen oder sich gar die Deutungshoheit über die vergangenen Geschehnisse anmaßen.

      Als Quellen meiner Recherchen dienten mir Pressemitteilungen, Berichte und Fotos aus den Medienarchiven der Hersteller. Wobei festzuhalten ist: Der Umfang und die Ernsthaftigkeit, mit der der VW-Konzern seine Historie pflegt, darf im Vergleich zu anderen Automobilherstellern als musterhaft gelten. Ausgewertet und in das vorliegende Buch eingearbeitet wurden auch die Autobiographien wichtiger Persönlichkeiten der Volkswagen-Historie, darüber hinaus Artikel renommierter Wirtschafts-, Nachrichten- und Fachmagazine sowie Tages- und Wochenzeitungen.

      Gewidmet ist dieses Buch den Mitarbeitern von Volkswagen, ebenso den Personen, die sich mit der Marke VW verbunden fühlen. Darüber hinaus widme ich dieses Buch Carl Hahn, Ferdinand Piëch und Martin Winterkorn, ohne deren Leistung die Volkswagen AG beziehungsweise der Volkswagen-Konzern in der heutigen Form und Stärke niemals hätte entstehen können.

       Dr. Frank O. Hrachowy

      Mai 2015

      1960–1969: Vorgeschichte: Der Käfer im Mittelpunkt

      Der VW Käfer (Typ 1) und der VW Transporter »Bulli« (Typ 2) gelten bis heute als Symbole des deutschen Wirtschaftswunders, die den Aufbau des vom Krieg zerstörten Landes begleiteten. Neben dem Eigenheim war der VW Käfer für viele Deutsche ein Lebenstraum, dessen Erfüllung nach dem Krieg im Zentrum der Lebensplanung stand. Die Erfüllung dieses Lebenstraums blieb jedoch bis zum Ende der fünfziger Jahre für die meisten Familien in weiter Ferne.

      Bis dahin boten Motorräder, die neue Klasse der Kleinkrafträder und die in Mode kommenden Motorroller Möglichkeiten zur individuellen Mobilität. Als Alternative standen bald Rollermobile wie beispielsweise das Glas Goggomobil hoch im Kurs, denn sie boten nicht nur Wetterschutz, sondern waren auch ohne Autoführerschein zu fahren.

      Zu Anfang der sechziger Jahre stand das Wirtschaftswunder in Westdeutschland in voller Blüte, weshalb zahlreiche Arbeitskräfte aus der Ostzone bzw. der DDR nach Westdeutschland übersiedelten. Diese »Abstimmung mit den Füßen« wurde durch den Mauerbau in Berlin im Sommer 1961 abrupt beendet und damit der Zustrom aus den im Osten liegenden Gebieten abgeschnitten. In Folge wurden Arbeitskräfte aus dem südeuropäischen Ausland angeworben. Diese »Gastarbeiter« sollten einige Jahre in Deutschland bleiben und danach wieder in ihre Heimatländer zurückkehren.

      Mittlerweile konnten sich bereits Angestellte und sogar einfache Arbeiter ein gebrauchtes Automobil leisten. Die Auswirkungen bekamen vor allem die deutschen Motorradhersteller deutlich zu spüren, von denen seit Mitte der fünfziger Jahre viele aus Mangel an Nachfrage in Konkurs gegangen waren. Konkreter ausgedrückt: Der Niedergang der deutschen Zweiradindustrie hatte bereits dutzende Firmen in den Ruin gerissen und selbst Marktriesen wie NSU verabschiedeten sich vom Motorradbau, um sich dem Automobilbau zuzuwenden.

      Die »Volkswagenwerk GmbH« wuchs immer stärker und wurde dem folgend im Jahr 1960 zur »Volkswagenwerk AG« umfirmiert. Wie stark der VW-Konzern zu dieser Zeit war, zeigte sich nicht zuletzt daran, dass sich die Volkswagenwerk AG am 1. Januar 1965 zu 50,28 Prozent an der Auto Union GmbH, die sich seit dem Jahr 1958 im alleinigen Besitz von Daimler-Benz befand, beteiligte. Durch diese Zusammenarbeit mit Daimler-Benz konnte die Volkswagenwerk AG nicht nur ihre Fertigungskapazitäten deutlich ausweiten, sie hatte damit auch Zugriff auf die bereits von Daimler-Benz neu entwickelte Motorengeneration, die für eine kleinere Modellreihe konzipiert worden war.

      Bekannt wurde diese neue Motorengeneration unter dem Begriff »Mitteldruckmotor«. Durch ein vergleichsweise hohes Verdichtungsverhältnis und hohe Arbeitsdrücke sollte dieser Motor besonders sparsam sein. Das erste Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen den Ingenieuren war der Audi 72, der im September 1965 auf den Markt kam und den Grundstein des Erfolgs für die Marke aus Ingolstadt legte. Auf die Weiterverwendung des Markennamens DKW wurde verzichtet, weil nach Meinung des Marketings DKW vorrangig mit Zweitaktmotoren in Verbindung gebracht wurde. Das Markenzeichen der Auto Union, die vier Ringe für die Marken Audi, DKW, Horch und Wanderer, wurde jedoch beibehalten.

      Schon im Jahr 1965 hatte VW-Konzernchef Heinrich Nordhoff weitere 24,97 Prozent der Aktien der Auto Union GmbH erworben, im Laufe des Jahres 1966 kamen nochmals 24,75 Prozent hinzu. Insgesamt hatte VW damit 297 Millionen Mark (ca. 150 Millionen Euro) für das finanziell angeschlagene Unternehmen Auto Union GmbH an Daimler-Benz bezahlt. Die Fertigungskapazitäten sollten als zusätzliche Produktionsstätte für den VW Käfer dienen, doch der Bau des Audi 72 zwang zum Umdenken. Historisch betrachtet war der kurzfristig aus dem DKW F 102 entwickelte Audi 72 kein überragender Markterfolg, er bildete jedoch den Ausgangspunkt für die Eigenständigkeit der Marke Audi innerhalb des VW-Konzerns.

      Zur Übernahme der Auto Union GmbH fasst das Historische Notat 7 der Historischen Kommunikation der Volkswagen Aktiengesellschaft zusammen: »Als Aktivposten konnten die Fabrik mit einer Jahreskapazität von 100.000 Fahrzeugen, 11.000 Mitarbeiter, ein Vertriebssystem mit 1.200 Händlern und eine neue Motorengeneration verbucht werden. Diesem Potenzial standen auf der Passivseite ein hoher Lagerbestand und eine handfeste Finanzkrise gegenüber, denn die Auto Union baute auf vergleichsweise niedrigem Produktivitätsniveau ein zu teures und deshalb schwer verkäufliches Fahrzeug.«1

      Statt Motorrad oder Rollermobil fuhren mittlerweile viele Deutsche einen gebrauchten Käfer. Viele weitere sparten, um möglichst bald ebenfalls auf ein Auto umsteigen zu können. Der Bedarf der westdeutschen Bevölkerung an einfachen, kostengünstigen Automobilen schien unbegrenzt, ebenso wie das Wachstum der westdeutschen Wirtschaft unbegrenzt schien. Die vom ehemaligen Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard 1957 in seinem Buch Wohlstand für Alle beschriebene Vision schien sich zu erfüllen, rückten doch immer mehr Deutsche dank eines gut bezahlten, sicheren Arbeitsplatzes in


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