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Flucht aus dem Morgengrauen. Marc LindnerЧитать онлайн книгу.

Flucht aus dem Morgengrauen - Marc Lindner


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zu haben, war greifbar. Doch auch daran störte ich mich nicht. Mit einem lächeln­den Blick nach hinten hieß ich ihn herzlich in unserem Spiel will­kommen, und damit, dass ich mich gleich wieder abwandte, hatte ich ihm das Regelwerk mitgeliefert.

      Jetzt würde er lernen was es heißt eine Livesendung – und nicht bloß eine so genannte, die nach Drehbuch verlief – einzufangen.

      Als sich immer mehr Wolken über die Welt stülpten und sie in weiß gehüllt unter mir lag, und sich jedem meiner Blicke entzog, drehte ich mich endlich um und wusste, dass der erste Schritt meiner Flucht, meiner Reise, getan war.

      Als meine Gedanken wieder drinnen angelangt waren, hielt ich es für ange­messen, dass ich unseren vierten Spieler kennenlernte.

      «Wie heißt du, wenn ich fragen darf?», stellte ich ihm unvermittelt die Frage.

      Er sah erst mich, dann Sabrina verwundert an.

      Ich wollte, dass wir uns duzen, bei Konrad war das natürlich etwas anderes, aber ansonsten nahm ich keinen mit auf eine Reise, zumal bei einer solchen, da ging es um Vertrauen und Wohlfühlen, da dürfte keine förmliche Distanz mehr sein.

      «Tobias», antwortete er mir und das erste Mal nahm er ohne einen enttäu­schten Gesichtsausdruck seine Kamera von der Schulter.

      Nachdem ich sah, dass er aufstand, löste ich meinen Sicherheits­gurt und trat ihm meine Hand darbietend entgegen.

      Nun sah ich, dass die beiden anderen Kastenträger hinten Platz gefunden hatten und einer eben dabei gewesen war, nach seinem Gerät zu greifen.

      Doch noch bevor dieser seinen Plan ausführen konnte, war ich auf ihn zuge­gangen und hielt beiden entwaffnend meine Hand entgegen.

      Durchaus erfreut nahmen sie diese entgegen.

      «Max», «Sam», stellten sie sich mit einem feierlichen und auffälligen Lächeln vor, während sie mir Mut zusprachen und mich aufbauend auf die Schulter klopften.

      Als ich mich von ihnen löste, merkte ich, dass der Erste im Bunde seine Bewaf­f­nung bereits auf mich richtete.

      Die waren wirklich auf Draht, die Drei, das würde ein spannendes Spiel werden.

      Doch jetzt gönnte ich mir eine Pause und nahm im gemüt­lichen Sessel Platz, um mich wieder im weichen Leder versinken zu lassen.

      Der Flug konnte nicht die Erwartungen erfüllen, die ich in ihn gelegt hatte und doch brachte er mich zum Schwelgen, wie bei einer Massage, wo man jegliche Berührung vergaß, träumte und abschaltete. Und so fühlte es sich an, un­glaublich leicht, und ich glaubte gar, meinen Körper zu vergessen.

      Diesmal wäre die Journalistenfrage durchaus angebracht gewesen, doch ich wusste ich hätte meine Gefühle nicht mit Worten gerecht werden können. Zu leicht und zu flüchtig waren sie, als dass ich sie in Worte hatte zwängen können. Es hätte ihnen eine Gewalt angetan, die sie nicht überlebt hätten, wie Nebel, den man in ein Glas stopfte. Er wäre immer noch da, aber ein Anderer würde ihn nicht mehr sehen können.

      Aber genau deshalb glaubte Sabrina, dass ich leer war, und aus diesem Grund versuchte sie mir einzuheizen, ohne zu wissen, dass umso mehr sie sich bemühte, der Nebel sich immer weiter auflösen würde.

      Zu fremd war ich ihr, als dass sie das gar merken konnte. Ich war einfach nur schüchtern, lebte versteckt, und so wollte sie sich auf die Suche begeben. Ihr schnelles Leben hatte sie blind gemacht für die Gefahren, die in dem Unbe­kannten stecken. Sie sah sie nicht, vermutete das Vertraute im Verborgenen und wollte es für sich und für ihre Zuschauer bergen. Wie ein Wrack, musste ich lachen, dem man eine Kur verschrieben hatte.

      War ich wirklich so schwach? Hatte sie vielleicht Recht? Hatten sie alle Recht? War ich es, der sie einfach nicht verstehen konnte? War ich es, der wie ein kranker Stummer durch die Welt lief? Dabei fühlte ich mich doch wohl, mehr noch, richtig frei fühlte ich mich seit den letzten zwei Tagen. Trotzdem behandelte mich Sabrina wie einen Kranken, den sie wieder in die Welt holen musste.

      Auch wenn sie nun schwieg, ihre Blicke blieben bei mir, und wohl auch ihre Ge­danken. Sie studierte mich, so krank war ich wohl. Sie wusste nicht, nach welcher Krankheit sie suchen musste. Sie glaubte mich zu kennen, nur nicht das Virus, das mich angesteckt hatte. Sie isolierte mich mit ihrem Schweigen und wusste nicht, wie ich es genoss, wie ich die Jagd genoss, die Sabrina auf meine Krank­heit machte. Wie ein Zuschauer sah ich ihr dabei zu und wusste, dass sie eigentlich mich jagte. Auf den Moment, in welchem sie dies herausfinden würde, war ich gespannt. Wenn sie dann vor mir stand, mit dem Messer in der Hand, und bemerkte, dass sie nach mir stach. Ich zuckte kurz zusammen. Konnte für einen Augen­blick den Schmerz fühlen. Was würde ich tun, wenn sie es nicht merkte? Wenn sie einfach nur zustach? Ich wusste es nicht, hoffte aber, dass ich dieses Spiel ausreichend beherrschen würde. Es gab keine Regeln, keine Grenzen. Ich musste ihr Zeit lassen. Wir spielten gegeneinander, miteinander. Wenn sie verlieren würde, würde ich es auch, würde zugrunde gehen, wie ein krankes Wrack, das für kurze Zeit an die Oberfläche gehievt worden war.

      Den Blick ließ ich durch das Flugzeug gleiten, um mich zu vergewissern, dass sie noch alle da waren. Die Erde, die so weit unten lag, die Wolken, die sich wie dichter Nebel oder gar als dicke Decke darüber legte, ließen mich alles wie in einem Traum wahrnehmen. So unendlich weit weg, so leicht und langsam war alles, dass ich nicht glauben konnte, dass dies die Wirklichkeit sein sollte. Wo war der Lärm, die Regeln, das hin und her Eilen? Alles war weg, doch ich fühlte mich nicht leer, nicht einmal fremd. Und das, obwohl ich nichts und keinen hier kannte und keiner etwas sagte. Es war aber ein angenehmes, kein ange­spanntes Schweigen. Abermals waren sie da, diese Rätsel. Oder nein, diesmal nicht, es waren Geheimnisse, jene die allem erst einen Sinn, ein Empfinden, eine Tiefe verliehen.

      Im Gesicht des Dicken hinterließen zahllose Gedanken ihre Spuren, auch er war von allem weit weg.

      Nicht einmal Sabrina schien etwas gegen das allgemeine Schweigen einzu­wenden zu haben. Sie ging gelegentlich auf meine Blicke ein, doch lag in ihren Zuwend­ungen keine Schärfe mehr, die einen hätte verletzen können. Ihr Körper war immer entspannter und tiefer in den Sessel gerutscht, während sie ihren Kopf nach hinten sinken gelassen hatte. Ihre Bewegungen waren ruhiger geworden. Als sehnte ihr Körper sich danach, sich von ihrem Kopf abzu­klinken und nicht mehr durch die Gegend gehetzt zu werden.

      Ich hatte noch nie jemanden so verletzlich liegen gesehen wie eben diese Frau. Dabei bezweifelte ich, dass es daran lag, dass ich ihren langen dünnen Hals erblickte. Ständig musste sie schlucken, als wollte sie die vielen Wörter verdauen, die ihre Zunge ständig belasteten. Dazu noch ihr nicht hörbares, aber kräftiges Atmen. Ihre Brüste hoben sich, sie hielt ihren Atem an, bevor sie ihre Lungen erleichtert entleerte.

      Ich kannte das von mir. Oft nach diesen Rennen, den Klausuren, die meinen Weg förmlich zu pflastern schienen, sehnte sich mein Körper auch nach Schlaf, aber mein Kopf ließ ihn nicht. In diesem Atem lag der Wunsch, sich sinken zu lassen und in einen traumlosen Schlaf zu gleiten.

      Was auch immer die junge Frau beschäftigte, es war ein unerbittliches Rennen, denn sie fand keine Ruhe. Ihre sich blähenden Lungen flehten sie an, doch sie war zu gefangen, um sich ihrer Erschöpfung zu ergeben.

      Auch das kannte ich allzu gut. Nur noch dieses eine Rennen, und dann noch eins. Immer weiter. Es würde kein Ende geben. Man kam da nicht wieder raus. Opfer des eigenen Erfolges. Und es gibt immer einen hinter dir, du kannst nicht stehen bleiben, nicht einmal Luft holen.

      Und du siehst sie immer vor dir, die Zielgerade, wie eine Fata Morgana, und du kommst nie an.

      Deshalb hatte ich ein neues Leben gewollt, und der Zufall war mir behilflich gewesen, allein kommt man da nicht raus. Nur noch dieses Rennen, ich musste lachen, ja, das letzte Rennen. Vielleicht hatte ich es diesmal geschafft.

      Lange flogen wir und es machte mir nichts aus. Ruhig blieb ich im Sessel sitzen, ohne das Bedürfnis nach Abwechslung zu haben. Es war nicht einmal ein Warten darauf, dass wir landen würden. Mein Blick lief verspielt zwischen den Wolken hindurch. Da die Welt so weit entfernt schien, erlaubten sich meine Gedanken sich zu empfehlen und ich fühlte mich unendlich leicht. Nichts mehr


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