Rassistische Polizeigewalt und Diskriminierung in den USA. Michael MillerЧитать онлайн книгу.
vonseiten des Pentagons zu selten statt, denn es werden nur die Obergrenzen der Werte der ausgegebenen Ausrüstungsgegenstände pro Bezirk von der US-Regierung festgelegt. Doch die Fälle von übermäßigen Gewaltanwendungen durch Campuspolizisten, die in den USA rechtlich als staatliche Polizeibeamte geführt werden, mehren sich. Ausgestattet mit einem Schlagstock, Reizgas, einem Taser sowie einer Dienstwaffe, werden regelmäßig Fehlverhalten von Campuspolizisten bekannt. In einem Fall gingen Campuspolizisten im April 2012 auf dem Campus der Universität von Kalifornien in Davis mit Pfefferspray rabiat gegen friedlich demonstrierende Studenten vor. Dienstwaffen sollen präsentiert, aber nicht benutzt worden sein.
Und dass sich bald am DOD 1033-Programm etwas ändert, ist mehr als fraglich. Zwar wird die Initiative des Stopp Militarizing Law Enforcement Acts im Kongress durch den Demokraten Hank Johnson stark debattiert, doch werden die starken Polizeigewerkschaften des Landes mit ihren rund 60 Lobbyisten viele Kongressmitglieder von der Initiative abhalten. Auch die Gemeinde- und Stadträte wollen die Bundeszuschüsse nicht missen und üben ihrerseits Druck zur Beibehaltung des Programms aus.
Die Polizeigewerkschaften verweisen auf die zunehmenden Amokläufe und die permanente Bedrohungslage durch inländischen Terrorismus. Kein Politiker will sich nach größeren Terrorakten, wie beispielsweise nach dem Boston-Marathon Bombenattentat, die Schuld geben lassen, die lokalen Polizeibehörden nicht ausreichend ausgestattet zu haben. Selbst kleinere Städte wie Newtown in Connecticut müssen sich auf schwere Amokläufe einrichten und darauf reagieren können. Schwere Lastkraftwagen aus dem Verteidigungsministerium sind zudem in Notstandsgebieten nach Naturkatastrophen zur Hilfe der Bevölkerung eingesetzt worden.
Doch die Polizeireformbewegung formiert sich erst zusammen. Sie setzt sich aus einem losen Bündnis von freiheitsliebenden libertären Bürgern, linken Aktivisten und bekannten Afro- und Lateinamerikanern zusammen. Hierin wird auch die Diskussion über Polizeigewalt und die mangelnde Rechenschaftspflicht der Polizeibeamten geführt. Sie nutzen die große mediale Berichterstattung und werben um besorgte und engagierte Bürger, die eine Veränderung der Polizeiarbeit erwirken wollen.
Denn die Meldungen über willkürliche Verhaftungen und Gewaltanwendungen scheinen in den USA nicht abzubrechen. In Los Angeles wurde in einer aufsehenerregenden Gerichtsentscheidung das LAPB 2001 zu einer Überwachung durch das Justizministerium gezwungen, nachdem massive Gewalteinsätze durch Polizisten des LAPB an die Öffentlichkeit gelangt waren. Auch 2012 ist es in einer Kleinstadt in Ohio zu willkürlichen Hausdurchsuchungen und massiver Gewalt während des Dienstes durch Polizeibeamte gekommen. Willkürliche Verhaftungen wurden damals dokumentiert. Auch solche schief laufenden Polizeidienststellen kooperieren mit dem DOD 1033-Programm des Pentagons und erhalten wie in dem Fall aus Ohio mehrere M16-Gewehre.
Einen weiteren Fall gibt es in Newark, wo Polizisten in mehreren Fällen Fehlverhalten aufzeigten und der gesamte Polizeidienst unter Beobachtung des Justizministeriums gestellt wurde. Nach zweieinhalb Jahren dokumentierten die Kontrolleure 418 Fälle von polizeilichem Fehlverhalten auf. Im Bericht des Justizministeriums sind auch neun Todesfälle während der Haft dokumentiert worden. Um solch grobe Verletzungen der Dienstpflicht für die Zukunft zu erschweren und das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizeiarbeit wieder herzustellen, dauert es im besten Fall mehrere Jahre und viel Geld für Präventionsmaßnahmen. Doch die gesellschaftlichen Kosten bei einer Fortführung einer solch katastrophalen Polizeiarbeit wären bei weitem viel höher und würden weitere Fälle wie in Ferguson hinauf beschwören. Klar werden auch die sozialen Brennpunkte mit hoher Kriminalität und Gewaltbereitschaft immer wieder „shootings“ zwischen Verdächtigen und Polizisten in den USA auslösen. Dazu ist das gesellschaftliche Abdriften von großen Teilen der US-Bevölkerung, auch unabhängig von der Hautfarbe, zu weit vorangeschritten, als dass nur eine Polizeireform allein die Lösung sein kann. Disziplinarmaßnahmen, eine verbesserte Ausbildung der Polizeibeamten sowie das mantra-artige politische Statement, keine rassistische Diskriminierung im öffentlichen Leben mehr zu dulden, würden zwar einen wichtigen und richten Schritt voranbringen. Doch bleiben die Straßenpolizisten für viele Bewohner vernachlässigter Stadtviertel, weit abgeschnitten von der Mehrheitsgesellschaft sowie weit entfernt von der Politik, das Gesicht der US-Regierung und damit ein projiziertes Feindbild aufgrund eigener Frustration durch soziale und wirtschaftliche Probleme.
Die Befürchtung der Bürgerrechtsaktivisten ist klar umrissen: Wer einmal schwere Kriegswaffen hat, wird diese auch anwenden wollen. So würden auch Polizeidistrikte, die auffällig ein Muster an exzessiver Gewalt ausüben, auch vorschnell und unüberprüft automatische Schnellfeuergewehre benutzen. Eine wirksame Polizeireform sollte laut schwarzen Bürgerrechtlern den Schwerpunkt der Polizeiarbeit mehr in die Bürgerarbeit setzen, als den Schwerpunkt in taktische militärische Ausrüstung zu legen. Denn die Diskussion über die Militarisierung der US-Polizei lenkt auch darüber ab, warum der Einsatz von Tasern und Pfeffersprays bei Verdächtigen nicht häufiger Anwendung findet als die Benutzung der Dienstwaffe.
In Ferguson wird derweil bekannt, dass die dortige Polizeidienststelle zusätzlich zu den schon militärisch gut ausgestatteten SWAT-Einheiten ein Waffenanfrageformular neun Tage vor der Erschießung Michael Browns an das Büro des DOD 1033-Programms übermittelt hatte, indem 30 M-4 Gewehre angefragt wurden.
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