Helmut Schmidt. Neue Osnabrücker ZeitungЧитать онлайн книгу.
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Die wichtigsten Lebensstationen
Hamburger Leichtmatrosen: Helmut Schmidt (r) im Jahr 1928 mit Klassenkameraden. (picture alliance / dpa)
Berlin/Hamburg (dpa) - Helmut Schmidt entwickelte sich schon früh zu einem politischen Allroundtalent. Die wichtigsten Lebensstationen des SPD-Politikers und fünften Bundeskanzlers:
1918: Am 23. Dezember wird Helmut Heinrich Schmidt in Hamburg-Barmbek geboren.
1939-1945: Soldat im Zweiten Weltkrieg.
1942: Heirat mit seiner früheren Klassenkameradin Loki Glaser.
1946: Eintritt in die SPD.
1962: Als Innensenator in Hamburg macht sich Schmidt einen Namen bei der Flutkatastrophe.
1967-1969: Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion.
1969-1972: Verteidigungsminister im ersten Kabinett von Willy Brandt.
1972: Finanzminister im zweiten Kabinett Brandt.
1974: Wahl zum Bundeskanzler am 16. Mai.
1977: Die RAF nimmt Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer als Geisel, im Oktober wird die Lufthansa-Maschine „Landshut“ entführt. Schmidt gibt den Forderungen der Terroristen nicht nach, Schleyer wird ermordet.
1982: Am 1. Oktober wird Schmidt durch ein konstruktives Misstrauensvotum gestürzt. Neuer Kanzler wird Helmut Kohl (CDU).
1983: Schmidt wird Mitherausgeber der Wochenzeitung „Die Zeit“.
2010: Am 21. Oktober stirbt Ehefrau Loki Schmidt mit 91 Jahren.
2013: Im April macht die Familie des ermordeten Arbeitgeberpräsidenten Schleyer offiziell ihren Frieden mit Schmidt. 36 Jahre nach Schleyers Tod verleiht sie ihm den Hanns-Martin-Schleyer-Preis.
2013: Helmut Schmidt unterstützt vergeblich den ebenfalls aus Hamburg stammenden SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück.
2015: Am 10. November stirbt Helmut Schmidt in seinem Haus in Hamburg.
Krisenmanager in turbulenten Zeiten
BERLIN (dpa-AFX) - Geboren wurde Helmut Schmidt am 23. Dezember 1918 in Hamburg- Barmbek als Sohn eines Studienrats. Nach dem Abitur 1937 wollte er eigentlich Architekt werden. Im Zweiten Weltkrieg kämpfte er an der Ost- und Westfront. 1942 heiratete er seine frühere Klassenkameradin Hannelore, genannt Loki. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. Der Sohn Helmut starb noch vor seinem ersten Geburtstag. Seine Tochter Susanne arbeitet heute für einen Wirtschafts-Fernsehsender.
Nach Kriegsende studierte Schmidt Volkswirtschaft. 1946 wurde er SPD-Mitglied, ein Jahr später Vorsitzender des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS). 1953 wurde Schmidt erstmals in den Bundestag gewählt, wo er sich als scharfer Widersacher von Verteidigungsminister Franz Josef Strauß (CSU) profilierte. Aus dieser Zeit stammt sein Beiname „Schmidt-Schnauze“. 1961 wechselte er als Innensenator nach Hamburg. Während der Sturmflut 1962 erwarb sich Schmidt erstmals bundesweites Ansehen als umsichtiger Krisenmanager.
1965 kehrte er in den Bundestag nach Bonn zurück. Während der ersten großen Koalition übernahm er 1967 den SPD-Fraktionsvorsitz. Nach dem SPD-Wahlsieg und der Bildung der sozialliberalen Koalition 1969 wurde Schmidt Verteidigungsminister. Zusammen mit Kanzler Willy Brandt und Fraktionschef Herbert Wehner bildete er die „Troika“, die die SPD lenkte. Nach dem Rücktritt von Karl Schiller übernahm Schmidt 1972 für kurze Zeit das Finanz- und Wirtschaftsministerium. Nach der Teilung des Ressorts führte er weiter das Finanzministerium. Nach Brandts Rücktritt im Mai 1974 wegen der Guillaume-Affäre wurde Helmut Schmidt sein Nachfolger.
16. Februar 1962
Die große Stunde des Helmut Schmidt
03.12.1962: Helmut Schmidt (l) während der Verleihung der Dankmedaillen der Freien und Hansestadt Hamburg an 400 Soldaten für deren Einsatz während der Flutkatastrophe 1962. (picture alliance / dpa)
Hamburg (dpa/lno) - Herr der Fluten und Volksheld, Krisenmanager und beherzter Macher: Die Hamburger verehren Helmut Schmidt vor allem wegen seines Einsatzes als Innensenator während der großen Sturmflut 1962. Damals rettete der SPD-Politiker und spätere Bundeskanzler (1974-1982) vielen Menschen das Leben, indem er das Militär zu Hilfe rief. Als Hamburger Polizeisenator gerade mal zwei Monate im Amt riss der 43-Jährige die Zügel an sich - alles hörte auf sein Kommando und tanzte nach seiner Pfeife, wie Medien seither immer wieder gern über den Pfeifenraucher schrieben.
Schmidt kehrte am Abend jenes 16. Februars von der Innenminister-Konferenz in Berlin nach Hamburg zurück. Gegen Mitternacht traf er daheim im Stadtteil Langenhorn ein. „Dass gleichzeitig in Hamburg eine Katastrophe passierte, habe ich nicht gemerkt“, sagte er in einem ausführlichen Interview für das vor einigen Jahren gedrehte TV-Dokudrama „Die Nacht der großen Flut“. In dem preisgekrönten Film schilderte er noch einmal jene Tage, die zu den wichtigsten seiner Karriere gehörten. Zum 50. Jahrestag wollte der inzwischen 93-Jährige keine Interviews geben.
Erst spät, am nächsten Morgen wurde Schmidt damals alarmiert. „Ich bin wie ein Verrückter unter Verletzung sämtlicher Verkehrsregeln in die Stadt gefahren“, erinnerte er sich. Nach nur wenigen Minuten sei er 6.40 Uhr im Lagezentrum eingetroffen. „Ich hatte den Eindruck, dass das eingetreten war, was ich mir im Herbst 1961 vorgestellt hatte: lauter aufgeregte Hühner“, beschrieb er. Regierungsdirektor Werner Eilers hatte ihn alarmiert - Martin Leddin, damaliger Einsatzleiter, nicht: „Ich wollte ihn nicht haben. Vielleicht habe ich ihm auch nicht zugetraut, eine so hohe Verantwortung bei so wenig Sachkenntnis übernehmen zu können...“, schildert dieser in dem Film.
Schmidt übernahm das Kommando und organisierte Hilfe - auch von der Bundeswehr und der Nato. Gesetzlich legitimiert war der Einsatz des Militärs nicht. „Ich hab mich um die Gesetze nicht gekümmert. Ich hab auch nicht erst einen Juristen gefragt, ob ich das darf oder ob ich jenes nicht darf“, meinte Schmidt, der im Krieg gelernt habe, Dinge zu machen, die nicht in Vorschriften waren. „Ich hab' das Grundgesetz nicht angeguckt in jenen Tagen“, sagte er über seine Entscheidungen bei der Sturmflut. Als Konsequenz aus dem damals umstrittenen Vorgehen wurde der Bundeswehreinsatz bei zivilen Katastrophen später in der Verfassung festgeschrieben.
17. Februar 1962
Katastrophe über Nacht: Sturmflut 1962 traf Hamburg unvorbereitet
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Karte der Sturmflut 1962 in Hamburg. (picture alliance / dpa-Grafik)
Hamburg (dpa) - In der Nacht zum 17. Februar 1962 verursacht ein Sturmtief - es trug ausgerechnet den Namen „Vincinette“ (Siegreiche) - im norddeutschen Küstenraum und im Hamburger Elbegebiet die folgenschwerste Sturmflut des Jahrhunderts. Das Tief aus Island peitschte Böen mit 130 Kilometern pro Stunde über die Nordsee und presste das Wasser in die Trichtermündungen von Elbe und Weser. Die Küstenbewohner in Schleswig-Holstein und in Ostfriesland konnten sich - rechtzeitig alarmiert - ins Landesinnere retten.
Am schlimmsten traf es Hamburg. Niemand