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Das geheimnisvolle Haus. Edgar WallaceЧитать онлайн книгу.

Das geheimnisvolle Haus - Edgar Wallace


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ich interessante Mitteilungen über die Aristokratie und den Landadel, die von hysterischen französischen Zofen oder rachsüchtigen italienischen Kammerdienern eingesandt werden. Ich bin in diesen Sprachen gerade nicht sehr bewandert, glaube aber, daß in den Briefen viel enthalten ist, was mir infolge meiner Unkenntnis der Sprachen entgeht, was ich jedoch unter allen Umständen wissen möchte. Ich brauche deshalb jemanden, der verschwiegen ist, meine Auslandskorrespondenz erledigt, sie ins Englische übersetzt und mir außerdem kurze Inhaltsangaben der Briefe liefert, die von diesen guten Leuten kommen. Sie wissen, daß die Männer nicht vollkommen sind, noch weniger die Frauen, und am wenigsten diejenigen, die sich Dienstboten leisten können. Gewöhnlich haben diese Angestellten irgendwelche Geschichten zu erzählen, die ihrer Herrschaft nicht sehr zum Vorteil gereichen. Verstehen Sie, lieber Freund? Wie heißen Sie übrigens?«

      Der Fremde zögerte einen Augenblick.

      »Poltavo«, sagte er dann.

      »Italiener oder Pole?«

      »Pole.«

      »Nun, ich sagte schon, daß die Redaktion der Zeitung bemüht ist, Nachrichten über alles zu sammeln, was in der Gesellschaft vorgeht. Besonders interessiert uns das, was sich hinter den Kulissen abspielt. Wenn man die Geschichten drucken kann, so drucken wir sie. Wenn sie dagegen nicht zur Veröffentlichung geeignet sind«, er machte eine längere Pause, »dann drucken wir sie eben nicht. Aber«, er hob warnend seinen Finger, »lassen Sie sich nicht dazu verleiten, solche Nachrichten in den Papierkorb zu werfen, weil sie Details enthalten, die man nicht veröffentlichen kann. Wir nehmen solche Dinge zu den Akten und bewahren sie zu unserem eigenen Vergnügen auf.« Er sagte dies leichthin, aber Poltavo ließ sich nicht täuschen.

      Es trat wieder ein längeres Schweigen ein. Der Mann mit dem verschleierten Gesicht schien nachzudenken.

      »Wo wohnen Sie?« fragte er schließlich.

      »Im vierten Stock eines kleinen Hauses in Bloomsbury.«

      »Wann sind Sie nach England gekommen?«

      »Vor sechs Monaten.«

      »Warum kamen Sie hierher?«

      Poltavo zuckte die Schultern.

      »Warum kamen Sie hierher?« wiederholte der Herausgeber der Zeitung mit Nachdruck.

      »Es gab eine kleine Meinungsverschiedenheit zwischen mir und dem verehrungswürdigen Polizeichef von San Sebastian«, sagte Poltavo ebenso gleichgültig wie vorhin der andere.

      »Hätten Sie mir etwas anderes erzählt, so wären Sie nicht engagiert worden.«

      »Warum?« fragte Poltavo erstaunt.

      »Weil ich weiß, daß Sie die Wahrheit sprechen. Ihr kleines Zerwürfnis mit der Polizei in San Sebastian hatte einen ganz bestimmten Grund. In dem Hotel, in dem Sie wohnten, wurde nämlich eine größere Geldsumme vermißt. Der Raum, in dem der Betrag verschwand, stieß direkt an Ihr Zimmer, er hatte sogar eine Verbindungstür zu diesem. Wenn also jemand schlau genug war, diese Tür mit einem Nachschlüssel zu öffnen, so war die Sache sehr einfach. Ihre Abreise ist auch beschleunigt worden, weil Sie nicht in der Lage waren, die Hotelrechnung zu bezahlen.«

      »Sie sind ein tüchtiger Mann!« sagte Poltavo anerkennend, aber er zeigte sich nicht im geringsten bestürzt oder verwirrt.

      »Es gehört zu meinem Geschäft, von allen Leuten etwas zu wissen – nebenbei bemerkt, können Sie mich Mr. Brown nennen. Wenn ich manchmal nicht aufmerksam scheine, wenn Sie mich so nennen, so müssen Sie das entschuldigen, denn in Wirklichkeit heiße ich nicht so. Sie sind also der Mann, den ich gebrauchen kann.«

      »Es ist merkwürdig, daß Sie mich gefunden haben. Die Annonce« – er zeigte denselben Ausschnitt vor – »wurde mir nämlich von einem unbekannten Freund zugeschickt.«

      »Dieser unbekannte Freund war ich selbst. Verstehen Sie jetzt den Zusammenhang?«

      »Dann begreife ich allerdings. Aber das wichtigste ist für mich, wieviel Gehalt ich bekomme.«

      Mr. Brown nannte eine Summe, die für Poltavo einen großen Betrag bedeutete. Der Herausgeber der Zeitung beobachtete ihn scharf und freute sich, als er erkannte, daß sein neuer Assistent weder erstaunt noch beeindruckt war.

      »Sie werden mich selten in diesem Büro sehen. Wenn Sie gut arbeiten und ich Ihnen trauen kann, werde ich Ihr Gehalt verdoppeln. Wenn Sie mich aber enttäuschen sollten, dann können Sie sich in acht nehmen. Ich lasse nicht mit mir spaßen!«

      Er erhob sich.

      »So, das wäre alles, was ich Ihnen zu sagen habe. Sie werden sich morgen früh selbst die Tür öffnen. Hier ist der Schlüssel, und hier ist ein Schlüssel zu dem Geldschrank, in dem ich alle Korrespondenzen aufbewahre. Sie finden viele Schriftstücke darin, die die vornehmsten Mitglieder der Gesellschaft belasten, aber verflucht wenig, die irgendwie zu meinen Ungunsten sprechen. Ich erwarte, daß Sie Ihrem neuen Posten Ihre ganze Aufmerksamkeit widmen«, sagte er langsam und bedeutungsvoll.

      »Sie können sich darauf verlassen –«, begann Poltavo.

      »Warten Sie, ich bin noch nicht fertig. Wenn ich sage, daß Sie Ihrer neuen Stellung Ihre ganze Aufmerksamkeit widmen sollen, so meine ich damit, daß Ihnen keine Zeit bleiben darf, irgendwelche Nachforschungen nach meiner Persönlichkeit anzustellen. Durch eine besondere Einrichtung, die ich Ihnen nicht näher zu erklären brauche, bin ich nämlich in der Lage, dieses Haus zu verlassen, ohne daß jemand merkt, daß ich der Herausgeber dieser interessanten Zeitung bin. Wenn Sie mit der Lektüre der fremdsprachigen Korrespondenz fertig sind, so übersetzen Sie die Schreiben, die die wichtigsten Einzelheiten enthalten. Übergeben Sie die Übersetzungen dem Boten, der jeden Abend um fünf Uhr hierherkommen wird. Ihr Gehalt wird regelmäßig bezahlt werden. Um weitere Pflichten der Redaktion brauchen Sie sich nicht zu kümmern, auch haben Sie mit der Herausgabe der Zeitung selbst nichts zu tun. Warten Sie jetzt bitte fünf Minuten in dem äußeren Zimmer, dann können Sie zurückkommen und mit diesem Stoß von Briefen hier beginnen.«

      Poltavo verneigte sich leicht und schloß dann die Tür sorgfältig hinter sich. Er hörte das Klappen eines Metallschlosses und wußte, daß dieselbe elektrische Anlage, die die äußere Tür geöffnet hatte, nun die innere schloß. Nach fünf Minuten drückte er auf die Klinke, sie gab nach, und er trat wieder in das innere Büro. Der Raum war leer. Eine Tür führte auf den Korridor hinaus, aber Poltavo war überzeugt, daß sein Chef nicht auf diesem Wege den Raum verlassen hatte. Er sah sich sorgfältig um, es war keine andere Tür zu entdecken. Aber hinter dem Stuhl, auf dem der verschleierte Mann gesessen hatte, stand ein großer Schrank. Er machte ihn auf, ohne jedoch der Lösung des Geheimnisses näherzukommen, wie Mr. Brown verschwunden war. Der Schrank war mit Büchern, Papier und Akten gefüllt. Poltavo begann nun, den ganzen Raum systematisch zu untersuchen. Er probierte alle Schubladen des Schreibtisches und fand sie unverschlossen, worauf sein Interesse an ihrem Inhalt sofort erlosch, denn er wußte genau, daß ein Mann von Mr. Browns großer Erfahrung schwerlich wichtige Schriftstücke in unverschlossenen Fächern zurücklassen würde. Achselzuckend begann er einen vorbereiteten Brief durchzulesen.

      Sechs Wochen lang hatte Mr. Poltavo mit unermüdlichem Fleiß in seiner neuen Stellung gearbeitet. Jeden Freitagmorgen hatte er auf seinem Schreibtisch einen Briefumschlag gefunden, der an ihn adressiert war und zwei sorgfältig zusammengefaltete Banknoten enthielt. Jeden Abend um fünf Uhr kam ein Bote mit verschlossenen Gesichtszügen und nahm in einem großen Umschlag die Übersetzungen mit sich, die der Pole tagsüber angefertigt hatte.

      Poltavo durchforschte alle Nummern der kleinen Zeitung, die er sich jede Woche kaufte. Er stellte fest, daß nur ein geringer Teil seiner Übersetzungen im Druck erschien. Offensichtlich verfolgte Mr. Brown mit der Herausgabe dieses Skandalblattes noch andere Zwecke. Der Schleier dieses Geheimnisses wurde teilweise gelüftet, als eines Nachmittags laut an der äußeren Tür des Büros geklopft wurde. Poltavo drückte auf den Knopf unter der Schreibtischplatte,, wodurch sich die Tür öffnete, und gleich darauf wiederholte sich das Klopfen an dem inneren Eingang.

      Dann stand eine junge Dame zögernd in der Tür.

      »Wollen


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