Der Diktator oder Mr. Parham wird allmächtig (Roman). H. G. WellsЧитать онлайн книгу.
die die Welt beherrschen soll, muß man wie ein Mann von Welt aussehen. Und es sollte eine Phase in seinen Beziehungen zu Sir Bussy kommen, da er die Rolle eines Mannes von Welt spielen mußte, so gut er nur irgend konnte.
Die Sache muß erwähnt werden, obgleich es aus mancherlei Gründen angenehmer wäre, sie zu verschweigen. Es ist jedoch nötig, Gegnerschaft und Widerstreit zwischen den beiden Männern zu beleuchten, die, bei solcher Verschiedenheit der Wesensart miteinander verbunden, einander prüfend beobachteten und insgeheim kritisierten.
Doch wenn der Leser noch jung ist …
Aber auch ein junger Leser wird vielleicht klar sehen wollen.
Es sei festgestellt, daß das nächste Kapitel, wenn auch erhellend, doch zum Verständnis der Geschichte nicht unbedingt notwendig ist. Es ist nicht unanständig und auch nicht derb, doch behandelt es, offen gesagt, einen Zug in Mr. Parhams moralischem Charakter, der – wie soll man es ausdrücken? – an die freien Sitten des achtzehnten Jahrhunderts gemahnt. Wenn es gleich keinen wesentlichen Teil unserer Geschichte enthält, so rundet es doch das Porträt Mr. Parhams ab.
6
Eine Indiskretion
Glücklicherweise brauchen wir nicht auf Einzelheiten einzugehen. Das Wie der Angelegenheit ist von ganz untergeordneter Bedeutung. Wir können den Vorhang fallen lassen, sobald der Wohnungsschlüssel der Miss Gaby Greuze sich in dem Schlosse der Tür herumdreht, die zu ihrer sehr eleganten Wohnung führt, und brauchen ihn erst wieder emporziehen, wenn Mr. Parham diese Wohnung verläßt. Er sieht dabei ganz so achtbar aus, wie ein Einbrecher in einem eleganten Vorstadtviertel. Ganz so achtbar – abgesehen von einer gewissen Miene des Stolzes, einer gewissen Erhobenheit, wie ein gewöhnlicher Dieb sie niemals zur Schau trägt.
Außerdem müssen wir zumindest Bruchstücke eines Gespräches wiedergeben – ohne jedoch zu sagen, wo es stattfand.
»Du hast mir gleich das erste Mal so gut gefallen«, sagte Gaby …
»Es war etwas wie ein Versprechen …«
»Wie schnell du begreifst. Du bist so klug! Du guckst dir die Leute an und weißt auch schon, wie sie sind …«
»Herrlich muß es sein, alles zu wissen, was du weißt«, sagte Gaby, »und all das zu denken, was du denkst. Ich komme mir ganz dumm vor neben dir!«
»Ach du, du kannst des Helms der Athene wahrlich entraten!« rief Mr. Parham.
Wie gewöhnlich, verstand Gaby dieses gebildete Kompliment nicht, und sie schien eine Weile verstimmt.
Mr. Parham sei sehr gut gewachsen, erklärte sie schließlich, und er lächelte strahlend, als sie das sagte. Und so kräftig. Ob er viel Sport treibe, wollte sie wissen. Tennis. Sie würde auch gerne Tennis spielen, meinte sie, doch fürchte sie, davon zu starke Armmuskeln zu bekommen. Sport sei ja so viel netter als Gymnastik, sagte sie, nur wegen der Muskeln, die man davon kriegt, sei er nicht gut. Ja, selbstverständlich turne sie. Durch gewisse gymnastische Übung werde man geschmeidig und bekomme eine gute Haltung, überhaupt eine gute Figur. Ob Mr. Parham einmal sehen wolle, was für Übungen sie mache?
Es waren reizende Übungen.
Sie tätschelte ihm die Wangen und nannte ihn einen »hübschen Jungen«. Mehrere Male nannte sie ihn so.
Und sie sagte: »Du bist sehr einfach, kommt mir vor.«
»Fein und zartfühlend«, fügte sie hinzu, als sie seine fragende Miene gewahrte, »aber gar nicht kompliziert.«
Sie sagte es nachdenklich, ihr Blick schien dabei in die Ferne gerichtet. Dann betrachtete sie ihren weichen, glatten Arm und ihr schönes Handgelenk und fuhr fort: »Und wenn man nett und lieb mit dir ist, so wirst du, was immer du auch tun magst, jedenfalls nicht ›Nu!‹ sagen.«
Sie preßte die Lippen zusammen und nickte mit dem Kopfe. »Nu!« wiederholte sie; »als ob er einen bei einer Hintertücke erwischt hätte, die einem in Wirklichkeit ganz ferne liegt.«
»So daß man sich ordentlich schäbig vorkommt.«
Sie begann hemmungslos zu weinen und warf sich plötzlich noch einmal in Mr. Parhams Arme.
Armes, armes Geschöpf, empfindsam, heißblütig und hingebungsvoll. So mißverstanden zu werden! …
Als Mr. Parham nach diesem Abenteuer den ahnungslosen Sir Bussy wiedersah, fühlte er sich von Stolz geschwellt. Auch ein wenig Reue empfand er, aber sie war durchaus nicht unangenehm. Mehr als sonst mußte er sich bemühen, Sir Bussy nicht herablassend zu behandeln. Nach einer Weile merkte er jedoch, daß Sir Bussy ihn auf eine seltsame Art betrachtete, und ein weit weniger angenehmes Gefühl, ein Gefühl leiser Furcht nämlich, mischte sich in seinen Stolz.
Als Mr. Parham Gaby Grenze wiedersah – es ist zu bemerken, daß er sie fortan nur selten und sehr flüchtig zu Gesichte bekam –, flammte sein Stolz mit einer Leidenschaftlichkeit empor, die ein starkes Ausmaß von Selbstbeherrschung notwendig machte. Doch ein Mann von Ehre weiß es an einer Frau zu achten, wenn sie ein intimes Erlebnis geheimzuhalten wünscht. Sie mied ihn, darüber konnte kein Zweifel herrschen. In feinem Zartgefühl begriff Mr. Parham, daß es am besten sei, wenn sowohl er wie auch seine Mitschuldige so taten, als wäre es zwischen ihnen niemals zu jenem schönen, süßen Ausbruch der Leidenschaft gekommen.
Trotzdem: in einer Hinsicht zumindest hatte er Sir Bussy übertrumpft.
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