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Edgar Wallace - Gesammelte Werke. Edgar WallaceЧитать онлайн книгу.

Edgar Wallace - Gesammelte Werke - Edgar Wallace


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führte ihn am Tennisplatz vorbei, und er gelangte schließlich auf dem Umweg über Merrivans Grundstück zur Hauptstraße.

      Er läutete an Stellas Tür, ein Dienstmädchen öffnete ihm.

      »Miss Nelson ist nicht zu Hause, Sir.«

      »Wo ist sie denn hingegangen?« fragte Andy erstaunt.

      »Würden Sie nicht lieber mit Mr. Nelson sprechen? Er ist im Atelier. Sie kennen ja den Weg.«

      Andy fand den Maler, der ganz verstört vor seiner Arbeit saß. Nelson begrüßte seinen Gast herzlich.

      »Sie wissen gar nicht, wie froh ich bin, daß Sie wieder zurück sind, Macleod. Ich bin in großer Sorge.«

      »Wo ist Stella?«

      »Sie sollte eigentlich bei ihren Tanten sein«, erwiderte Nelson.

      »Wie – sie sollte sein – ist sie denn nicht dort?«

      »Ich schickte ein Telegramm und fragte an, wann sie zurückkommen würde, und meine Schwester antwortete, daß sich Stella nur einen Nachmittag dort auf gehalten, habe und in Geschäften nach dem Norden weitergereist sei.«

      »Das wird auch stimmen«, meinte Andy erleichtert.

      Er hätte nicht sagen können, was er eigentlich erwartet hatte, aber die Nachricht klang nicht beunruhigend. Er verstand, daß Stella ihren Vater nicht ins Vertrauen zog, selbst wenn es sich um sein eigenes Wohl handelte.

      »Das würde mich ja auch nicht bedrücken«, sagte Nelson, als ob er Andys Gedanken erraten hätte. »Ich werde Ihnen zeigen, warum ich so besorgt bin.«

      Er ging mit dem verwunderten Andy die Treppe hinauf und öffnete die Tür zu einem hübschen, kleinen Schlafzimmer.

      »Dies ist Stellas Zimmer«, erklärte Nelson überflüssigerweise, denn Andy kannte die Lage ja ganz genau.

      »Ich ging an dem Tage, als sie abreiste, herauf – Sie fuhren übrigens an demselben Tag in die Stadt. Ich wollte ein paar weiche Lappen holen – Stella verwahrt immer einige für mich. Aber der Schrank war zugeschlossen. Glücklicherweise hatte ich einen passenden Schlüssel. Das erste, was ich sah, als ich die Tür öffnete, war das.«

      Er reichte zu einem Wandbrett hinauf und nahm ein kleines Bündel Leinen- und Mullstücke herab, die voll braunroter Flecken waren.

      »Und sehen Sie einmal hier.«

      Er zeigte auf den Fußboden, wo man deutlich Blutspuren sehen konnte.

      »Und dort am Rand der Waschschüssel waren auch Flecke. Sie muß sich geschnitten haben, ohne mir etwas davon zu erzählen. Wahrscheinlich hat sie sich an der Hand verletzt. Sie kann sich selbst verbinden, denn sie hat während des Krieges einen Krankenschwesterkurs mitgemacht. Sie hat sich damals sehr dafür interessiert.«

      Andy starrte auf die Bandagen, ohne sie zu sehen. Er erinnerte sich plötzlich an das Licht, das er nach dem Raub in Beverley Hall in Stellas Zimmer gesehen hatte. An die Blutspuren, die im Park gefunden worden waren. Es war doch unmöglich, daß Stella diesen Einbruch begangen hatte! Aber ihr plötzliches Verschwinden bestätigte fast seinen Verdacht. Warum war sie so unerwartet abgereist?

      »Haben Sie Stellas Hand gesehen, als sie fortging?«

      »Nein, sie hatte sie im Muff. Es war schon sonderbar, daß sie an einem so warmen Tag überhaupt einen Muff trug. Ich erinnerte mich sofort daran, als ich das blutige Verbandzeug hier oben fand. Sie schien auch sehr nervös zu sein, was doch sonst nicht ihre Art ist.«

      »Ich gebe mich geschlagen«, sagte Andy verzweifelt.

      Noch am selben Nachmittag packte er seinen Koffer. Er warf noch einen letzten Blick auf das Tal zurück, bevor er die Richtung nach London einschlug.

      Mr. Downer kam aus dem Presseklub. Er trug seinen Regenschirm unter dem Arm und hatte eine lange Zigarre im Mundwinkel.

      Der Tag war heiß; nicht der leiseste Wind regte sich. Der Schirm schien völlig überflüssig zu sein, aber Mr. Downer wäre ebensowenig ohne seinen Regenschirm ausgegangen wie ein anderer ohne Kragen und Krawatte. Er freute sich auf das Wochenende in seinem kleinen Häuschen an der Küste.

      Unangenehm war dagegen das Bewußtsein, einen Mißerfolg gehabt zu haben. Die Zeitungen brachten auf den hinteren Seiten nur noch ein paar Zeilen über den Verlauf der Nachforschungen. Downer wußte, daß Andrew Macleod in die Stadt zurückgekehrt war, er hatte zweimal wegen anderer Dinge mit ihm zu tun gehabt.

      Es war bei der zuständigen Behörde darum nachgesucht worden, Artur Wilmot als Erben des Merrivanschen Nachlasses zu bestätigen, und der junge Mann hatte die Absicht geäußert, Merrivans Haus zu verkaufen, sobald er ein passendes Angebot dafür bekommen würde.

      Downer war auf dem Weg, ein Manuskript bei der Redaktion eines Magazins abzugeben. Die Redaktion lag in einer wenig vornehmen Stadtgegend, und er kam durch viele kleine Straßen. Er machte gerade an einer Straßenecke halt, an der ein kleines Warenhaus stand, als eine junge Dame, die ein Paket unter dem Arm trug, aus der Tür trat und schnell davonging. Ihre Gestalt kam ihm bekannt vor, und anstatt weiterzugehen, folgte er ihr. Sie bog um eine andere Straßenecke, und bei dieser Gelegenheit konnte er ihr Gesicht einen Augenblick sehen. Es war Stella Nelson. Was mochte sie hier, in dieser Gegend, zu tun haben? Er ging ihr vorsichtig nach.

      Vor der Tür eines kleinen Hauses blieb sie stehen, schloß auf und ging hinein. Es war ein sehr kleines Gebäude. Downer merkte sich die Hausnummer und schlenderte die Straße entlang, bis er eine Frau müßig an ihrer Tür stehen sah. Sie hatte die Arme verschränkt und schien nur auf jemand zu warten, der Zeit hatte, mit ihr zu klatschen.

      »Nein, Sir, sie wohnt nicht hier«, sagte sie, als Downer fragte und einen falschen Namen nannte.

      »Ich bin seit Jahren nicht mehr in dieser Straße gewesen«, bemerkte Downer lächelnd, »es hat sich nicht viel verändert.«

      »Hier verändert sich überhaupt nichts«, erwiderte die Frau redselig. »In hundert Jahren wird die Gegend noch genauso aussehen.«

      »Und nun glaube ich, die junge Dame zu kennen, die in Nummer 73 wohnt. Es ging ihr sonst immer recht gut.«

      »Sie wohnt nicht wirklich hier; sie kommt jeden Morgen und geht abends wieder fort. Sie ist eine vornehme Dame, und doch macht sie die ganze Hausarbeit selbst. Ich habe sogar gesehen, wie sie die Straße gekehrt hat.«

      »Wer wohnt denn dort?«

      »Ach, ein Seemann, soviel ich weiß. Vielleicht ihr Vater.«

      »Ein Seemann? Ein Matrose?«

      »So etwas Ähnliches muß er sein. Manchmal ist er monatelang fort, aber sie habe ich früher nie hier gesehen.«

      Mr. Downer sog an seiner kalten Zigarre. Er witterte einen neuen Skandal.

      »Er ist wohl ein hübscher Kerl – groß und schlank?«

      Sie schüttelte den Kopf.

      »Man kann nicht gerade behaupten, daß er sehr gut aussieht. Obendrein ist er jetzt krank, und ich glaube, daß sie gekommen ist, um ihn zu pflegen. Sie hat es zu etwas gebracht in der Welt, hat aber ihren alten Vater nicht vergessen. Das finde ich nett von ihr.«

      Die Frau war nun im besten Fahrwasser und wollte einen längeren Vortrag über junge Mädchen im allgemeinen halten, doch Mr. Downer wußte genug. Er zog den Hut tiefer ins Gesicht, nahm den Schirm von einem Arm unter den anderen und ging den Weg zurück, den er gekommen war.

      Es war bezeichnend für ihn, daß er die Frau mitten in ihrer Erzählung einfach stehenließ, ohne sich zu entschuldigen. Er hatte erfahren, was er wissen wollte, das genügte. Er gab sich zwar die größte Mühe, neue Bekanntschaften zu machen, aber er verschwendete keinen Augenblick damit, nutzlose Bekanntschaften fortzusetzen.

      Nach seinem Besuch auf der Redaktion kam er auf seinem Weg zum Bahnhof an Scotland Yard vorbei. Er blieb ein wenig stehen und überlegte. Nachdem er einen


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