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Sturmhöhe. Emily BronteЧитать онлайн книгу.

Sturmhöhe - Emily Bronte


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breite Steine.

      Bevor ich die Schwelle überschritt, bewunderte ich noch rasch die vielen grotesken Schnitzereien an der Vorderseite, zumal am Haupteingang. Darüber bemerkte ich in einem Gewimmel von Figuren, zerbröckelnden Greifen und lustig-nackten Putten die Jahreszahl 1500 und den Namen Hareton Earnshaw. Gern hätte ich von dem wortkargen Eigentümer eine kurze Geschichte seines Anwesens erfahren. Aber seine Haltung an der Tür forderte meinen unverzüglichen Eintritt oder endgültigen Abzug! Ich wollte seine Ungeduld nicht weiter reizen, ehe ich das Allerheiligste besichtigt hatte.

      Ohne Diele, ohne Flur führte eine Stufe unmittelbar in den Wohnraum der Familie, hier zusammenfassend »Das Haus« genannt. Dieses Gemach vereint gewöhnlich Empfangszimmer und Küche; in Wuthering Heights lag die Küche offenbar in einem anderen Teile des Gebäudes. Ich hörte aus dem Innern Geklirr von Geräten und Gewirr von Stimmen. An der mächtigen Feuerstätte des Wohnraums sah ich kein Anzeichen, daß man hier auch briet und buk, an der Wand glänzte keine kupferne Pfanne, kein zinnenes Sieb. Licht und Glut spiegelten sich mit starken Schimmern nur in den Reihen gewaltiger Zinnschüsseln, die sich abwechselnd mit silbernen Kannen und Krügen auf der eichenen Anrichte Schicht über Schicht bis zum Dach auftürmten. Unter diesem Dach war nie eine Zimmerdecke gezogen worden; man sah sein nacktes Gerippe. Nur an einer Stelle verbarg es sich hinter einem hölzernen Gerüst, das mit Haferkuchen und mit Riesenmengen von Hammel- und Rindskeulen und Schinken beladen war. Über dem Kamin hingen alte Räuberflinten sowie ein paar Reiterpistolen. Die drei sonderbar bemalten Blechbüchsen auf dem Sims sollten wohl eine Art Schmuck sein. Der Fußboden war glatter weißer Stein. Hinter den einfach geformten, grün gestrichenen Lehnstühlen standen noch schattenhaft einige dunkle Sessel. Unter der Anrichte streckte sich eine mächtige Hühnerhündin von fahler Farbe aus, rings um sie quiekten ihre Jungen; andere Hunde lagen in den Winkeln.

      Zimmer und Einrichtung hätten zu einem einfachen Landwirt des Nordens gepaßt, zu einem Manne mit grobem Gesicht, für dessen derbe Glieder Kniehose und Gamaschen die richtige Tracht sind. Solche Leute, nach dem Mittagessen in ihrem Lehnstuhl sitzend, den Krug mit dem schäumenden Ale-Bier vor sich auf dem runden Tisch, sind im Umkreis von fünf, sechs Meilen rings um diese Anhöhen überall anzutreffen. Mr. Heathcliff steht in merkwürdigem Gegensatz zu seiner Behausung und Lebensart. Er sieht mit seiner dunklen Haut wie ein Zigeuner aus, aber Anzug und Umgangsform sind die eines Gentleman, nämlich in dem Sinne, wie mancher Landwirt ein Gentleman ist: etwas unordentlich, dennoch in der Erscheinung angenehm, weil vortrefflich gewachsen, dabei immer etwas beunruhigend. Vielleicht vermuten manche bei ihm einen gewissen ungebildeten Hochmut. Ich fühle eine verwandte Saite klingen, weil ich bei ihm eher an eine bestimmte Abneigung glaube, die eignen Gefühle zur Schau zu stellen und sich selbst rückhaltlos preiszugeben. Seine Liebe und sein Haß, beide wollen sich verbergen. Ja, er hielte es vielleicht für eine Anmaßung, wollte man ihn wiederlieben und wiederhassen!

      Aber ich gehe wohl zu weit, indem ich ihm allzusehr meine persönlichen Eigenschaften unterlege. Mr. Heathcliff kann ganz andere Gründe haben, wenn er vor demjenigen, der seine Bekanntschaft sucht, seine Hand versteckt. Möge meine Charakteranlage sich lieber nicht zu häufig im Leben finden! Meine gute Mutter pflegte zu sagen, ich würde niemals ein gemütliches Zuhause besitzen. In der Tat habe ich mir erst im letzten Sommer eine solche Möglichkeit zerstört. Als ich bei herrlichem Wetter einen Monat an der See verlebte, lernte ich eine ganz wundervolle Frau kennen, eine wahre Göttin in meinen Augen – solange sie mich nicht beachtete. »Ich tat nie meine Liebe kund«, in Worten wenigstens. Mein Blick sagte jedem beliebigen Menschen, daß ich grenzenlos verliebt war. Allmählich verstand sie mich und antwortete mir mit den süßesten Blicken, die man sich vorstellen kann. Was tat ich? Mit Scham muß ich gestehen, daß ich mich plötzlich kalt wie eine Schnecke in mich selbst zurückzog; daß ich bei jedem neuen Blick frostiger und fremder wurde. Schließlich zweifelte die arme Unschuld an der Gültigkeit ihrer eigenen Gefühle, und ganz niedergeschlagen von ihrem angeblichen Irrtum, drängte sie ihre Mutter zur Abreise. Durch solche unnatürliche Anlage habe ich mir den Ruf bewußter Herzlosigkeit erworben. Wie wenig dies zutrifft, kann ich allein beurteilen.

      Ich nahm an der anderen Seite des Kamins meinem Wirt gegenüber Platz. Um das andauernde Schweigen auszufüllen, versuchte ich die Hündin zu streicheln. Sie hatte ihre Brut verlassen, schlich sich wie ein Wolf von hinten an meine Beine heran und bleckte die weißen Zähne. Meine Liebkosung rief ein langes dumpfes Knurren hervor.

      »Lassen Sie den Hund lieber in Ruhe«, bemerkte Mr. Heathcliff in sozusagen gleichfalls knurrendem Tone, und er unterstrich seine Äußerung, indem er mit dem Fuße aufstampfte. »Sie ist nicht gewohnt, daß man sie wie einen Schoßhund behandelt.«

      Dann rief er durch eine Seitentür: »Josef!«

      Undeutlich in der Tiefe des Kellers brummte Josef, ohne heraufzukommen. Daher stieg sein Herr zu ihm hinab und ließ mich allein mit der scharfen Hündin und einem Paar struppiger Schäferhunde, die grimmig an der allgemeinen Bewachung meiner leisesten Bewegungen teilnahmen. Ich hatte keine Lust, mit ihren Fangzähnen Bekanntschaft zu machen, und saß still. Allerdings bildete ich mir leider ein, stumme Beleidigungen würden sie kaum verstehen, und zwinkerte mit den Augen und schnitt dem Trio Fratzen. Dann brachte irgendeine Grimasse die Hundedame in solche Wut, daß sie auf meine Beine losstürzte. Ich schleuderte sie zurück und rückte hastig den Tisch zwischen sie und mich. Das zog mir die ganze Meute auf den Hals. Ein halbes Dutzend vierfüßiger Feinde von verschiedenstem Wuchs und Alter sprang aus allen Winkeln hervor. Sie griffen zunächst meine Fersen und Rockschöße an. Während ich die gefährlichsten Kämpfer mit dem Schüreisen abwehrte, rief ich ins Haus hinein um Hilfe.

      Mit aufreizender Ruhe stiegen Mr. Heathcliff und sein Faktotum die Kellertreppe herauf. Sie bewegten sich tatsächlich um keine Sekunde rascher als sonst, trotz dem Tumult heulender, um mich herumsausender Bestien. Zum Glück beeilte sich eine Bewohnerin der Küche etwas mehr: mit aufgeschürztem Kleide, bloßen Armen und vom Feuer glühenden Backen rannte eine rüstige Person mit geschwungener Bratpfanne herein. Sie brauchte ihre Waffe und ihre Zunge so zielbewußt, daß der Sturm wie durch Zauber beschworen wurde. Nur sie selbst wogte noch wie die See nach dem Gewitter, als der Hausherr endlich den Schauplatz betrat.

      »Was zum Teufel ist hier los?« Er betrachtete mich bei diesen Worten in einer Weise, die ich nach der ganzen unwirtlichen Behandlung nicht auch noch hinnehmen konnte.

      »Was zum Teufel – allerdings!« murrte ich. »Die biblische, vom bösen Geist besessene Schweineherde wird nicht schlimmer gewesen sein als Ihr Rudel, Herr! Ebensogut können Sie einen Fremden mit einer Brut von Tigern allein lassen.«

      »Die Hunde greifen niemanden an, der nichts anfaßt.« Er stellte die Flasche Wein vor mich hin und rückte den Tisch an seinen Platz. »Sie haben recht, wenn sie wachsam sind. Nehmen Sie ein Glas Wein?«

      »Nein, ich danke.«

      »Nicht gebissen worden?«

      »Wenn mich einer verletzt hätte, wäre es ihm schlecht bekommen.«

      Sein Gesicht entspannte sich, er grinste: »Aber, aber, Sie sind aufgeregt, Mr. Lockwood. Hier, trinken Sie. Gäste sind in diesem Hause so selten, daß ich und meine Hunde sich nicht recht auf ihren Empfang verstehen. Ihre Gesundheit!«

      Ich verbeugte mich und trank ihm zu. Es wäre doch unsinnig gewesen, weiter wegen der Hundeschlacht zu grollen. Ich wollte dem Mann auch keine Gelegenheit geben, länger über mich zu spotten; er hatte Lust genug dazu. Andererseits war ihm klar, daß man einen guten Pächter nicht zu sehr beleidigen sollte; seine abgehackte Redeweise wurde gleichmäßiger. Er wandte sich einem Gegenstande zu, der mich immerhin anging, nämlich den Vorteilen und Nachteilen meiner neuen Heimstätte. Jetzt fand ich ihn äußerst sachlich und bewandert und hatte beim Abschied den Mut, für den nächsten Tag meinen erneuten Besuch anzusagen.

      Obwohl ich nicht zweifle, daß er von dem Eindringling genug hat, werde ich wieder hingehen. – Ich bin erstaunt, wie gesellig ich mir im Vergleich zu ihm vorkomme.

      Zweites Kapitel

      Gestern nachmittag wurde es neblig und kalt. Lieber wäre ich am Feuer meines Arbeitszimmers geblieben, statt durch Moor und Lehm zu


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