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Unmögliche Aufträge: Zwei Thriller. Alfred BekkerЧитать онлайн книгу.

Unmögliche Aufträge: Zwei Thriller - Alfred Bekker


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Er sah sich um. Urbach erwiderte seinen Blick. Das Weiße in den hellen Augen leuchtete. Der Projektor war auf Automatik geschaltet.

      Schaake konzentrierte sich auf die endlose Reihe der vorbeiklickenden Szenen. Mehrländer hatte nicht zu viel gesagt, als er behauptete, die Technik sei gut.

      »Sind das alles Spione?«, fragte Schaake.

      »Nicht alle, natürlich nicht. Die meisten Aufnahmen sind bei routinemäßigen Überwachungsaktionen entstanden. Es sind Botschaftsangehörige dabei, Mitglieder osteuropäischer Handelsmissionen, Mitarbeiter von Pressebüros. Die meisten von denen haben auch nachrichtendienstliche Funktionen.«

      »Warum fotografieren Sie die denn, wenn Sie es ohnehin wissen?«

      »Für unser Familienalbum, Herr Schaake. Für Gelegenheiten wie diese, zum Beispiel, oder um Beweismaterial zu haben, wenn es gebraucht wird. Manchmal müssen wir unseren Freunden auch einen Gefallen tun. – Aber um Ihr Gewissen zu beruhigen. Herr Schaake – sofern auf den Bildern Landsleute von uns festgehalten sind, sind sie zumindest verdächtig, für eine fremde Macht zu spionieren, um es einmal volkstümlich auszudrücken. Es sind Angestellte in Ministerien und Parteien, Mitglieder von Verbänden, die der Industrie oder Parteien nahe stehen, Sekretärinnen oder deren Liebhaber.«

      Urbach setzte ein neues Magazin ein, ohne das Licht anzuschalten. Georg verließ lautlos den Raum, um Kaffee zu kochen. Die Vorführung ging weiter.

      »Hat er Ihnen nie geschrieben?«, fragte Urbach.

      Geschrieben? Schaake erinnerte sich an zwei Briefe. »Ja«, antwortete er. »Zwei Briefe. Aber ich weiß nicht mehr, was drin stand.«

      Belangloses Zeug. Nichts, was jetzt, nach 23 Jahren Aufschluss über Jochens Motive oder seinen Werdegang gegeben hätte Jochen hatte zuerst geschrieben, wo er wohnte und wie er untergekommen war. Und dass er beabsichtigte, theoretische Physik zu studieren. Und dass er die Filme vermisste, besonders die Western. Jochens zweiter Brief hatte noch nichtssagender geklungen. Er werde sein Studium aufnehmen, er habe ein Stipendium bekommen. Danach kam nichts mehr. Volker Schaakes letzter Brief blieb unbeantwortet. Und weil er, Volker Schaake, seinerseits sein Studium in Aachen aufnahm, und weil er neue Eindrücke empfing, neue Menschen kennenlernte, hatte er sich keine sonderliche Mühe mehr gegeben, die Verbindung zu halten, wiederherzustellen oder was auch immer. Jochen Heller war eins geworden mit der Erinnerung an eine schöne unbeschwerte Jugendzeit, war Bestandteil von ihr, wie der Anblick der Porta Westfalica oder ein Streifzug durch die Weserwiesen.

      »Wie gesagt, wir dürfen nicht zu viel erwarten«, erklärte Urbach leichthin. Das Tonbandgerät lief ununterbrochen. »Sprechen wir von Ihrem Freund und Ihrer Zeit in Minden. Erzählen Sie einfach, woran Sie sich erinnern.«

      Schaake sah auf die vorüberhuschenden Fotos, trank von dem Kaffee, den Georg wie ein aufmerksamer Gastgeber laufend nachschenkte, und er versuchte, Urbach entgegen zu kommen. Aber was er sagte, war unwichtig, belanglos. Er redete mehr von Stimmungen als von tatsächlichen Erlebnissen. Wenn Urbach enttäuscht war, zeigte er es nicht, jedenfalls nicht so schnell. Irgendwann schnippte er mit den Fingern, und Georg zog die Vorhänge zurück.

      Schaake rieb seine Augen. Die Luft war schwer und blau vom Zigarettenrauch. Georg öffnete ein Fenster.

      »Wird es Ihnen zu viel?«, erkundigte sich Urbach.

      Schaake schüttelte den Kopf. »Es geht schon. Wir können weitermachen.«

      Schaake konzentrierte sich und zeigte die Disziplin, die er bei seiner Arbeit gewöhnt war. Am Abend war er mehr als ausgelaugt. Die Gesichter auf den Dias verschwammen vor seinen Augen. Natürlich hatten sie immer wieder Pausen eingelegt, in denen sie Kaffee getrunken oder etwas gegessen hatten. Mittags hatte Georg für jeden eine Pizza aus dem nahe gelegenen Restaurant geholt und sie im Backofen aufgewärmt, damit sie wieder knusprig wurden. Fürs Abendessen hatte er einige Sandwichs zubereitet.

      Urbach war ein geschickter Vernehmer, vermutete Schaake. Während der ganzen Zeit, während Szene um Szene von der Leinwand herabstrahlte, hatte Urbach mit monotoner Stimme immer wieder Fragen gestellt, und in den Pausen, wenn Schaake abzuschalten versuchte, hatte Urbach das Gespräch nicht abreißen lassen. Geschickt umkreiste er ein Thema, das ihm interessant erschien, machte Umwege, kam wieder darauf zurück, wenn Schaake es nicht erwartete. Urbach interessierte sich für alles. Er versuchte, Schaakes Müdigkeit auszunutzen. Als Schaake merkte, dass er wie unter Hypnose antwortete, warf er das Handtuch. Er stand einfach auf. Urbach unterbrach die eben erst eingelegte Serie. Georg brachte gerade ein paar Dosen Bier herein. Schaake nahm eine, riss den Verschluss ab und trank. Als Urbach die Lampe einschaltete, blinzelte Schaake, dann sah er auf die Uhr. Es war halb neun durch.

      Urbach war sichtlich unzufrieden. Weniger, weil sich bisher kein Ergebnis gezeigt hatte, das hatte er, wie er immer wieder versicherte, auch nicht so schnell erwartet. Er schien einzusehen, dass sie in einer Sackgasse operierten.

      »Ich hatte gehofft, dass wir mehr Serien durchziehen können«, sagte er. »Es geht zu langsam. Wir haben auch Filme, aber wir haben uns für Dias entschieden, weil wir da mehr Personen durchziehen können. Trotzdem – wir müssen weitermachen«

      »Morgen«, sagte Schaake »Ich gehe jetzt ins Hotel und dusche. Anschließend besuche ich vielleicht noch eine Kneipe, denn ich kann bestimmt noch nicht schlafen, weil ich zu aufgekratzt bin. Ich rufe Sie dann an und sage Bescheid, wo ich bin.«

      »Reden Sie keinen Blödsinn!«, fauchte Urbach.

      Schaake deutete auf die sich drehenden Spulenscheiben des Tonbandgerätes. »Lassen Sie das Ihren Chef nicht hören«, spottete er.

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