Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Группа авторовЧитать онлайн книгу.
mit Latenzen von 100-1000 ms.
Hirnstammpotential (BEIM)
Von den verschiedenen AEP haben sich die Hirnstammpotentiale als die diagnostisch wichtigsten herausgestellt.
Abb. 1-15. Beispiel einer BERA-Kurve (s. Text). Es lassen sich typische Potentiale erkennen, die mit I–V bezeichnet sind und der akustisch induzierten Aktivität der Hörnerven- und Hörbahnneuronen entsprechen
Die Hirnstammpotentiale werden bis etwa 10 ms nach einem kurzen akustischen Stimulus abgeleitet. Am häufigsten wird ein Click-Stimulus verwendet, der nur wenige Millisekunden dauert und ein breites Frequenzspektrum aufweist. Für eine Ableitung der Hirnstammpotentiale müssen die Potentiale nach 1000-2000 Stimuli 1000-2000mal addiert werden. Mit angeklebten Oberflächenelektroden auf dem Scheitel und über dem Mastoid kann so eine typische Wellenform nachgewiesen werden, die auch im Schlaf oder in Narkose (Kleinkind) fast unverändert ist. Sie weist 5 typische Potentiale auf, die nach Jewett mit den römischen Ziffern I-V bezeichnet werden. Das Potential I entspricht dem Summen-aktionspotential des Hörnervs, die anderen Potentiale entstehen im Hirnstamm.
Die wichtigsten Meßwerte bei den Hirnstammpotentialen sind die zeitlichen Abstände zwischen diesen Potentialen und die Bestimmungsschwelle des Potentials V. Für die Diagnostik einer retrokochleären Schwerhörigkeit ist besonders der Unterschied zwischen den Latenzzeiten der Potentiale I und V wichtig (Interlatenzzeit I-V). Das Potential V kann im Normalfall bereits etwa 10 dB über der Hörschwelle nachgewiesen werden. Mit der BERA wird vorwiegend das Gehör für mittlere und hohe Frequenzen (>1 kHz) geprüft; Aussagen über das Tieftongehör sind schwieriger zu halten. Eine Untersuchung der Hirnstammpotentiale dauert etwa 30-60 min.
Andere auditorische evozierte Potentiale
Die Elektrocochleographie (ECochG) muß mit einer Elektrode durchgeführt werden, die möglichst nahe an die Cochlea herangebracht wird. Es werden entweder durch das Trommelfell geschobene Nadelelektroden auf dem Promontorium oder speziell konstruierte Gehörgangselektroden verwendet. Damit können neben den Hörnervenpotentialen auch kochleäre Potentiale (cochlear microphonics, CM; Summationspotential, SP) nachgewiesen werden. Sie haben für die Diagnostik sowohl des M. Ménière (s. Abschn. 4.4.1) als auch der kochleären Taubheit (dabei fehlen sie) eine Bedeutung.
Die Potentiale mittlerer Latenz (MAEP) können zur Bestimmung der Hörschwelle im tiefen Frequenzbereich eingesetzt werden. Sie sind aber im Schlaf und in Narkose nicht sicher abzuleiten.
Die Potentiale später Latenz (SAEP) können mit vielen verschiedenen akustischen Stimuli ausgelöst und im gesamten Frequenzbereich zur Diagnostik der Hirnrinde und zur Überprüfung nichtorganischer Schwerhörigkeiten eingesetzt werden. Form und Größe dieser Potentiale hängen wesentlich von der Aufmerksamkeit der untersuchten Person ab.
Anwendung der auditorisch evozierten Potentiale
Die klinisch wichtigsten Anwendungen der AEP sind die Abklärung einer retrokochleären Störung und die Beurteilung der Hörschwelle mittels der Himstammpotentiale. Die Untersuchung auf eine retrokochleäre Schwerhörigkeit wird bei einseitiger Empfindungsschwerhörigkeit zum Ausschluß eines Kleinhirnbrückenwinkeltumors durchgeführt. Eine Verlängerung der Interlatenzzeit I-V (>ca. 4,3 ms) belegt eine retrokochleäre Schwerhörigkeit und muß zur Einleitung weiterer Abklärungen (s. Abschn. 1.2 Bildgebende Verfahren) führen.
Während die Hirnstammpotentiale beim Erwachsenen meist ohne Schwierigkeiten gemessen werden können, müssen Säuglinge und Kleinkinder entweder im natürlichen Schlaf oder unter Sedierung, gelegentlich auch in Narkose untersucht werden. Da bei Kleinkindern häufig die Bestimmungsschwelle der Potentiale zur Ermittlung der Hörschwelle von Interesse ist, sind ruhige Untersuchungsbedingungen wichtig.
Die Himstammpotentiale werden auch zur Überwachung des Gehörs bei Operationen in Narkose eingesetzt.
1.3.2.3 Otoakustische Emissionen
Zur Erhöhung der Empfindlichkeit des Gehörs verstärkt die Cochlea schallinduzierte Schwingungen (die sog. Wanderwelle) von niedriger Amplitude biomechanisch. Dabei spielt die Kontraktilität der äußeren Haarzellen wahrscheinlich eine entscheidende Rolle (sog. kochleärer Verstärker). Die Cochlea selbst erzeugt so Vibrationen des Corti-Organs, die teils spontan, teils bei akustischer Reizung entstehen. Ein Teil der kochleären Schwingungen wird retrograd über die Schalleitungskette zum Trommelfell geleitet, das sie wie eine Lautsprechermembran als Schallwellen in den Gehörgang abgibt. Mit empfindlichen Mikrophonsonden können diese Schallwellen im Gehörgang nachgewiesen werden. Sie werden als otoakustische Emissionen (OAE) bezeichnet und sind als kochleär erzeugte und im Gehörgang nachgewiesene Schallwellen definiert.
OAE sind Ausdruck eines intakten kochleären Verstärkers und damit einer intakten Funktion der Cochlea. Der Hörnerv ist bei der Entstehung der OAE nicht beteiligt. Zum Nachweis im Gehörgang muß aber auch eine normale Funktion des Mittelohrs vorhanden sein, da sonst die kochleären Vibrationen nicht nach außen gelangen könnten. Durch die hohe Empfindlichkeit des kochleären Verstärkers können in der Cochlea zum einen spontane Vibrationen entstehen, die unabhängig von einer äußeren Stimulation sind (spontane OAE). Zum anderen erzeugt die Cochlea nach akustischen Reizen von geringer bis mittlerer Lautstärke regelmäßig Vibrationen, die in verschiedene Klassen eingeteilt werden.
Spontane otoakustische Emission(SOAE): Sie sind in etwa 50% der normalen Ohren als leise Dauertöne und ohne äußere akustische Stimulation nachweisbar. Ihre klinische Bedeutung ist relativ gering.
Otoakustische Emissionen nach kurzen (transitorischen) Reizen (transitorisch evozierte OAE: TEOAE): Sie sind von großer klinischer Bedeutung und regelmäßig in gesunden Ohren nachweisbar. Ihr Nachweis erfolgt nach einem kurzen Stimulus mit ähnlichen Mittelungsverfahren, wie sie bereits bei den auditorisch evozierten Potentialen dargestellt wurden.
Otoakustische Emissionen von Verzerrungs- oder Distorsionsprodukten (Distorsionsprodukte-OAE: DPOAE): Im kochleären Verstärker entstehen Verzerrungen, die am einfachsten bei der Reizung mit zwei Dauertönen nachweisbar sind. Solche Distorsionprodukte entstehen ebenfalls regelmäßig in gesunden Ohren.
Otoakustische Emissionen bei der Stimulusfrequenz (Stimulusfrequenz-OAE: SFOAE): Ein reiner Ton (Sinusform) erzeugt OAE seiner eigenen Frequenz. Die klinische Bedeutung dieser Emissionen ist gering.
Transistorisch evozierte otoakustische Emissionen (TEOAE) (Abb. 1-16)
Werden Schallwellen im Gehörgang nach dem Ende eines kurzen auditorisch Stimulus mit einer Mikrophonsonde registriert und gemittelt (Mittelungsverfahren s. auditorisch evozierte Potentiale), sind bei gesunden Ohren regelmäßig kochleäre Schallantworten vorhanden. Sie belegen eine intakte Funktion der Cochlea und des Mittelohrs. Bei kochleärer Schwerhörigkeit mit einer Schwellenerhöhung ab etwa 30 dB oder bei Mittelohrstörungen fehlen TEOAE. TEOAE haben bei hörgesunden Säuglingen meist eine größere Amplitude als bei Erwachsenen. Sie können in wenigen Minuten ohne Sedierung und ohne Narkose gemessen werden. TEOAE eignen sich deshalb besonders zur orientierenden Untersuchung des Gehörs bei Säuglingen. Beim Fehlen von TEOAE kann eine Schwerhörigkeit vorliegen, und weitere Untersuchungen des Gehörs (z.B. mittels BERA) sind angezeigt. Der Nachweis von TEOAE belegt andererseits ein normales peripheres Gehör. Seltene und kaum isoliert auftretende neurale und zentrale Schwerhörigkeiten sind allerdings nicht ausgeschlossen.
Andere Klassen der otoakustischen Emissionen
Neben den TEOAE werden auch die DPOAE klinisch eingesetzt. Mit hochautomatisierten Meßsystemen kann mittels DPOAE der kochleäre Verstärker in einzelnen Frequenzabschnitten und in kurzer Zeit gemessen werden. Es wird damit eine objektive Messung durchgeführt, . die in gewissen Belangen dem Tonaudiogramm vergleichbar ist. Die DPOAE können so ein „objektives Audiogramm“ liefern.
Die SOAE haben mit Ausnahme von wenigen Fällen mit pathologischen Emissionen keine klinische Bedeutung. Die SFOAE decken sich in vielem mit den TEOAE, ihre Nachweisbarkeit ist aber technisch schwieriger. Sie werden deshalb in der klinischen Routineuntersuchung