Johannes Christian Lenz. Группа авторовЧитать онлайн книгу.
die Berliner in Aufregung gehalten, solange konnte man die auf das Rad geflochtenen Reste des Johannes Christian Lenz auf der „Hoch“-Gerichtsplatz noch besichtigen. Sein Mordtaten waren seinerzeit weit über die Stadt Berlin und die Landesgrenzen Preußens hinaus bekannt geworden und Chronisten aus der Mitte der letzten dreißiger Jahre berichten, dass der Fall noch bis Ende des 19. Jahrhunderts mehrfach Erwähnung fand.
Von Tlantlaquatlapatlis Zeitung sind die Bände, die mir hier als Vorlage dienten, gelegentlich und vereinzelt auf dem antiquarischen Buchmarkt zu finden, das Exemplar für etwa 250 €! Zitat aus dem Internet: … Die komplett wohl nie aufzufindende Zeitschrift erschien in 12 Bänden bis 1792. Der Herausgeber und Verfasser Heinrich Wilhelm Seyfried, aus Frankfurt stammender Schauspieler und Vielschreiber, bietet hier ein klassisches Beispiel für die "Winkelblätterliteratur", mit hämisch vorgetragenen Klatschgeschichten und entsprechenden Theaternachrichten …
Gut charakterisiert!
Einleitung
Das Extrabuch
Bei meinen Recherchen zu einem umfangreichen historischen Roman zitierte ich gerade aus einer privaten Ortschronik von 1936 einen Hinweis auf einen schrecklichen Mordfall, der sich 1789 zwischen Oranienburg und Birkenwerder, nahe der nördlichen Berlin Stadtgrenze im sog. Barnimer Land ereignet hatte.
Berichtet wurde, dass die Postkutsche auf ihrem Wege von Spandau nach Oranienburg, mit sechs Pferden bespannt war, um vom Havelufer bei Henningsdorf den Sandberg nach Stolpe hinaufzukommen. Sie wurde mit vier Mann Besatzung schwer bewacht. (Leo Kaceem, Stolpe-2, Der Tod des Försters, epubli, ISBN 978-3-8442-3588-3)
Diese Bewachung war eine direkte Folge eines damaligen Post-Straßenraubes, der etwa um Mitternacht von Sonnabend auf Sonntag zwischen dem 13. zum 14. Juni, 1789 nördlich von Berlin zwischen Oranienburg und der Berliner Stadtgrenze geschah. Die drei Postbegleiter starben. Der Täter und Mörder wurde später gefangen und in Berlin gerädert.
Am Tage der Tat rettete sich Captain Bligh von der Bounty nach 48 Tagen Irrfahrt mit 18 Getreuen in der Südsee an Land. Er hatte rund 5800 km auf dem Wasser zurückgelegt. Der zweifelhafte Akteur meiner Geschichte legte nach seiner Mordtat bis zu seiner Gefangennehmung in vergleichbarer Zeit vielleicht 470 km zurück, allerdings allein und weitgehend zu Fuß. Während die Einen gerettet ins Leben zurückkehrten, führte der Weg für den Anderen in den Tod, zur Seelenrettung! ? ...
Wie es sich heute geziemt, recherchiert man zu solchen Zufallsfunden im Internet. „Geziemt“, ist nur ein Beispiel altmodischer Sprachformulierungen. Diese gefallen mir zusehends nach der wochenlangen Beschäftigung mit alten Texten. Sie schleichen sich nun gerne, von mir auch befördert, in meinen Schreibstil ein. Letztens fing ich in einer Grußkarte an „thun“ und „That“ in alter Schreibweise zu verwenden ohne diesen Irrthum zu bemerken!
Ich bin vom Internet begeistert, das ein Universum an Informations- und mittelbaren Aktions-Möglichkeiten geschaffen hat. Wenn ich mir vorstelle, ich müsste all die gelesene Literatur mit Postkutschen-Reisen durch verschiedene deutsche Staaten, Bibliotheken und Universitäten sichten, ggf. sogar einen bayrischen Grenzübergang nehmen...
Für die Textaufarbeitung wurde übrigens die Originalliteratur eingescannt und mittels der russischen Texterkennungssoftware ABBYY FineReader®online, unter Nutzung der sehr guten Frakturschrift-Variante transkribiert.
Der Eingangs erwähnte Autor mit dem unaussprechlichen Namen sprengte mit seinem Fleißwerk schnell den Rahmen des kurzen Zitats, das in meinem historischen Roman „Stolpe-2“ vorgesehen war. Durch die intensive Beschäftigung mit seinen Berichten tat sich für mich eine neue Welt auf: das 19. Jahrhundert nach Friedrich dem Großen, die Romantik, das Biedermeier, die Restauration und die Ankündigung einer neuen, in anderer Weise schrecklichen Zeit.
Ich selbst war beim Lesen der alten Nachrichten und der hautnahen Schilderungen von H.W. Seyfried alias Tlantlaquatlapatli aufgerüttelt. War doch der Mörder damals dicht vor meinem derzeitigen Domizil vorbeigegangen. Die ganze Mordgeschichte ereignete sich also praktisch vor meiner Berliner Haustür, wie man Geschehnisse in der Nähe des Wohnorts umgangssprachlich beschreibt. Ich war an vielen Stellen, an denen der Täter Johannes Christian Lenz gegangen ist, ja auch gemordet hatte, schon gewesen – ohne – das dessen böser Geist über mich gekommen wäre.
Jetzt aber, beim Lesen, war es passiert. Meine inzwischen angeeigneten Kenntnisse und das analytische Interesse an diesem Kapitalverbrechen zwingen mich gerade dazu, dieses Wissen den Menschen unseres Jahrhunderts weiterzuvermitteln, die Geschichte aus den alten Quellen hervorzuholen, noch einmal aufleben zu lassen. Und so ist aus dem anfänglich kurzen Zitat nun eine Mordgeschichte als eigenständiges Druckwerk erwachsen. Es wird seine Leser finden, denn Mord und Totschlag haben schon immer einen besonderen Reiz ausgeübt. Um dem Leser den Abstand zu den damaligen Ereignissen etwas überwinden zu helfen, nein, eigentlich, um nicht immer diesen unaussprechlichen Namen selbst aussprechen zu müssen, habe ich die Schilderungen in Ich-Form abgefasst.
Auf mich hat es vorab einen besonderen Reiz ausgeübt zu erfahren, wie Seyfried sein ungewöhnliches Pseudonym Tlantlaquatlapatli konstruiert haben könnte. Was es bedeuten möge. Er muss es mit Hintergedanken entworfen haben, sonst käme er nicht auf solch einen Zungenbrecher. Natürlich wollte er auffallen. Klappern gehört zum Handwerk
Lehnen Sie sich also zurück und folgen Sie meinen verschrobenen Gedanken und Analysen - die Moritat kann noch ein bisschen warten:
Das Rätsel des Pseudonyms
Die B-Sprache und ein paar L's zuviel?
Als kleiner Junge besuchten meine Schwester und ich einmal Bekannte meines Vaters aus der Kriegszeit. Diese hatten drei Kinder, die sich einen Spaß daraus machten, sich untereinander in der sog. B-Sprache zu unterhalten, d.h. beim Sprechen in die Worte zusätzliche B-Laute einzufügen. Wir kannten das nicht, und waren über die blöden Kinder verärgert. Untereinander verständigten sie sich sicher und schnell in dieser Geheimsprache. Beispiel: Ich habe einen Ball – Ibich hababebe abeineben Baball.
Die auffallend vielen L-Laute in dem Pseudonym könnte man am Kinderspiel orientiert, jedoch nicht konsequent folgend, wie folgt entschlüsseln (natürlich kann hier jeder spielen, wie er möchte, aber das ist meine Lösung):
aus Tlantlaquatlapatli
würde T(l)ant(l)aquat(l)apat(l)i
oder Tanta aquata pati(-o),
das klingt zumindest lateinisch
tanta: Nomin.fem.: so groß, so viel
aquata: Nomin.fem.: mit Wasser vermischt, wässerig
pati: Infin.,Praes.: zulassen, erdulden, ertragen etc.
Ich möchte nicht über grammatikalischen Unsinn reden, denn dieser spielt für das angestrebte Ziel keine Rolle. Es handelt sich um eine nichtbeweisbare Wortspielerei bei meiner Analyse. Frei interpretiert könnte danach der abgeleitete Worthintergrund etwa heißen: „Soviel wässeriges Zeug ertragen“, oder als Weintrinker: „(Was muss ich doch)-soviel gepanschten Wein trinken!“.
„Soviel verfälsche oder wortreich verbrämte Nachrichten, Informationen muss ich mir anhören.“, wäre für einen Journalisten eine interessante Interpretation seiner Arbeit, bezogen auf den Informations-Inhalt von Nachrichten. Aus dem Gehörten muss er das wortreiche Wasser herausdestillieren, um das Wichtige aufzukonzentrieren.
Latein ist doch zu Vielem gut!
Für die Wiedergabe (oder sollte man Wiedergeburt sagen?) der Geschichte habe ich die originale Schreibweise verwendet und nur allzu langweilige Passagen gekürzt, die sich im Wesentlichen auf Beiträge kritisierter Kollegen beziehen, die heute nicht mehr verfügbar sind. Stoßen Sie sich also nicht an der Rechtschreibung, nicht in diesem Buch. Die Titel und meine Textbeiträge sind aber nach meiner Auffassung der letzten Rechtschreibreform abgefasst. Es geht also herrlich durcheinander. Ich hatte so meine Probleme beim Korrekturlesen.
Endlich
Berlin, den 5. September 1789