Der Fluch der Steine. Alfred BekkerЧитать онлайн книгу.
Blicke verschmolzen für einen Moment miteinander. Er hatte meine Hand noch immer nicht losgelassen und drückte sie zärtlich. Ein charmantes, unnachahmliches Lächeln umspielte seine Lippen.
Natürlich war dieser Mann nicht ein französischer Kunstsammler namens Guy de Laforet. Doch obwohl ich ihn sogar liebte, hätte ich nicht sagen können, wer er wirklich war. Ich hatte ihn als Ashton Taylor kennengelernt, einen Ex-Geheimagenten und Ex-Schmuggler mit dubioser Vergangenheit, der sich in London als Privatdetektiv niedergelassen und auf Fälle mit okkultistischem Hintergrund spezialisiert hatte. Aber als wir gemeinsam in Südfrankreich den mysteriösen Mordfall eines französischen Schauspielers aufklärten, wurde offenbar, daß sein Leben als Ashton Taylor nicht das einzige zu sein schien, das er führte...
"Darf ich erfahren, mit wem ich das Vergnügen habe, Mademoiselle?" fragte er dann.
Ich atmete tief durch. Aber ich machte die Maskerade mit, schließlich hatte mein Gegenüber mit Sicherheit einen triftigen Grund dafür.
"Dana McGraw, LONDON CHRONICLE", murmelte ich.
"Ich wußte gar nicht, daß dies eine öffentliche Veranstaltung ist, zu der auch die Presse geladen wurde... Darf ich Sie Dana nennen?"
"Werden Sie immer so rasch vertraulich?" neckte ich ihn.
"Es gibt Menschen, bei denen man von vorn herein das Gefühl hat, sie schon lange zu kennen", erwiderte Ashton schmunzelnd.
Der Klang seiner Stimme übte wieder jenen unverwechselbaren Zauber auf mich aus, den ich schon bei unserer ersten Begegnung empfunden hatte.
Ich war nach wie vor in ihn verliebt, auch wenn wir uns ziemlich selten sahen. Manchmal sah oder hörte ich monatelang nichts von Ashton. Er war wie ein geheimnisvolles Phantom, das plötzlich auftauchte und ebenso plötzlich auch wieder verschwand.
"Sie sagten, daß Sie Kunst sammeln, Guy - so darf ich Sie doch nennen?"
"Aber sicher!"
"Was halten Sie von John Jennings - als Künstler, meine ich. Über sein Privatleben scheinen Sie ja recht gut informiert zu sein."
"Ich habe einige Dinge von ihm in meiner Sammlung", erklärte er. "Wissen Sie, ich bin Privatmann und versuche auf diese Weise Geld, das ansonsten nur auf irgendwelchen Konten herumliegen würde, einem guten Zweck zuzuführen - der Kunst!" Ashton spielte seine Rolle perfekt.
Ich mußte ihm insgeheim ein Kompliment machen. Allerdings fragte ich mich natürlich auch, was ihn wohl in Wirklichkeit in dieses Haus geführt hatte. Irgendein Auftrag, das stand fest. Seit jemand, der Ashton sehr nahegestanden hatte, in die Fänge einer obskuren Sekte geraten war, engagierte er sich besonders in Fällen, die mit Okkultismus, Magie und ähnlichem zu tun hatten. Aber die Tatsache allein, daß John Jennings an die Macht des Übersinnlichen glaubte, war für sich genommen wohl kein hinreichender Grund für Ashton, um im Dunstkreis des Künstlers zu ermitteln.
"Ich mache eine Reportage über Jennings", erklärte ich Ashton. "Oder vielmehr: Ich versuche es. Er scheint ein sehr scheuer Mann zu sein."
"Ich weiß", nickte er. "Dennoch wünsche ich Ihnen viel Erfolg dabei. Es wäre allerdings nett, wenn Sie meine Anwesenheit hier in London nicht erwähnen, Mademoiselle. Das treibt nur die Kunstpreise in den Galerien hoch!" Ich lächelte. "Darauf werde ich natürlich Rücksicht nehmen!"
"Wenn Sie mich jetzt entschuldigen! Wir werden sicher noch das Vergnügen haben..."
"Ich hoffe doch, Guy!"
*
Wenig später war Ashton verschwunden und ich war wieder allein zwischen den Party-Gästen. Am kalten Buffet hatte ich ein kurzes, etwas angestrengtes Gespräch mit Brent Erikson, dem Manager.
Er schien an diesem Abend mit mir nichts anfangen zu können und ich fühlte mich in seiner Gegenwart aus irgend einem Grund nicht wohl. Das Lächeln, das auf seinem Gesicht stand, erschien mir falsch.
Und dann sah ich John Jennings. Mit seinem melancholischen Gesichtsausdruck hatte er dem Gespräch zweier Kritiker gelauscht, doch jetzt war seine Aufmerksamkeit bei mir. Er rollte auf mich zu.
"Ich freue mich, daß Sie gekommen sind, Miss McGraw."
"Ein Fest in diesem Stil - wie paßt das zu einem Künstler, der in den letzten Jahren so zurückgezogen gelebt hat?" fragte ich.
John musterte mich einen Augenblick lang. Seine Augenbrauen bildeten dabei eine eigentümliche Schlangenlinie. "Jede Medaille hat ihre zwei Seiten", erklärte er dann.
"Da haben Sie sicher recht, John!"
Vielleicht war es eine Ahnung, die mich zur Seite blicken ließ. Jedenfalls hatte ich mich in den letzten Sekunden beobachtet gefühlt. Aus den Augenwinkeln heraus sah ich Erikson, der mich durch eine Gruppe scherzender Party-Gäste hindurch anstarrte.
Neben ihm stand Elizabeth Norman, die auf den Manager einzureden schien. Allerdings konnte ich nichts verstehen, nicht einmal Bruchstücke.
"Erzählen Sie mir von Ihrer Großtante, Dana!" forderte mich Jennings auf.
"Nun, was wollen Sie wissen?"
"Hat Sie jemals magische Rituale praktiziert?" Ich zuckte die Schultern. "Das nehme ich nicht an. Sie hat sich nur sehr stark für alles interessiert, was damit zusammenhängt."
"Sie müssen mir versprechen, daß sie sie mir eines Tages vorstellen, Dana."
Unser Gespräch plätscherte dahin und ich gewann den Eindruck, daß er um etwas herumredete, von dem er nicht so recht wußte, wie er es mir sagen sollte.
"Sie haben mich nach meiner gegenwärtigen Arbeit gefragt...", begann er schließlich. "Ich habe darüber nachgedacht und bin zu dem Schluß gelangt, daß ich Sie Ihnen zeigen möchte."
Ich war etwas verwirrt.
"Bedeutet das, daß Sie mir Ihr Atelier zeigen, John?"
"Ja. Gleich jetzt. Kommen Sie!"
"Aber mein Fotograf ist jetzt nicht hier und ich habe nicht einmal einen Notizblock dabei, um..."
"Um so besser!" versetzte Jennings. "Und Fotos kämen ohnehin nicht in Frage. Sie sind als Privatperson hier, nicht als Journalistin. Und als solche werde ich Ihnen mein Atelier zeigen..."
So verwirrend diese Wandlung in Jennings' Ansicht in dieser Sache war, ich beschloß, die Gelegenheit einfach beim Schopf zu packen. Es interessierte mich brennend, woran der Künstler derzeit arbeitete.
Aber da war auch ein Unbehagen in mir, für das es keinen logischen Grund zu geben schien.
"Folgen Sie mir!" sagte Jennings mit einer Bestimmtheit, die so gar nicht zu diesen eher weichen, melancholischen Zügen zu passen schien.
*
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