Kommando-Operation: Drei Military Action Thriller in einem Band. Alfred BekkerЧитать онлайн книгу.
ab.
Mit den fingerlosen Handwärmern aus Fleece konnte sie eine Weile arbeiten, aber mit jeder Minute, die verrann, wurden ihre Finger steifer und unbeweglicher. Die Kälte war mörderisch und der Windchill Faktor verstärkte ihre Wirkung noch. Selbst wenn die Temperaturen von den im antarktischen Winter gemessenen Kälterekorden nahe - 89° Celsius noch sehr weit entfernt waren, konnte man sich bei dieser stürmischen Witterungslage sehr leicht irreparable Erfrierungen an ungeschützten Hautpartien holen. Erfrierungen, die dann unweigerlich zu Amputationen führten.
Russo stöhnte noch einmal vor Schmerzen auf, als Dr. Van Karres eine bestimmte Stelle an seinem Bein berührte. Für das Anlegen von Hygienehandschuhen aus Latex, wie es eigentlich der Vorschrift entsprochen hätte, war keine Zeit.
Schussgeräusche und die Detonationen von einschlagenden Granaten machten für fast eine halbe Minute jegliche Verständigung unmöglich.
Der Lärm war ohrenbetäubend. Rechts und links schlugen die Geschosse ein.
Die Söldnertruppe schien mehr oder minder blind drauflos zu ballern.
Von einem wirklich gezielten Beschuss konnte bei diesen Sichtverhältnissen wohl keine Rede sein.
„Du hast Glück, Alberto!“, brüllte Dr. Van Karres, nachdem der Geschosshagel abgeebbt war.
„Scusi, aber unseren ersten Körperkotakt hatte ich mir deutlich romantischer vorgestellt!“, erwiderte Russo. Er war offensichtlich darum bemüht, sich nichts anmerken zu lassen.
„Spar dir deine Energie, du wirst sie noch brauchen!“, prophezeite ihm die Niederländerin.
„Das verdammte Bein fühlt sich an, als wäre es gar nicht mehr da!“
„Glaub mir, das würde sich anders anfühlen!“
„Woher weißt du das denn?“
„Du kannst es nicht lassen, dummes Zeug zu quatschen, was? Sei froh, dass es wahrscheinlich nur eine Fleischwunde ist!“
Sie legte den Verband an.
„Eine etwas liebevollere Pflege, wenn ich bitten darf!“, meinte Russo.
Van Karres achtete nicht weiter auf seine Worte. Sie ging an Russos Rucksack und begann, darin herumzukramen. Van Karres zog die Außenhaut des Biwaks hervor und griff zu ihrem Kampfmesser.
Mit schnellen Schnitten trennte sie mehrere Streifen heraus. Einen davon riss ihr der immer heftiger werdende Wind aus der Hand.
Die anderen begann sie um Russos Bein zu wickeln. Das Geschoss, das Russo verletzt hatte, hatte auch seine Thermohosen und die verschiedenen Schichten an Spezialunterwäsche durchschlagen. Die in das Gewebe eingearbeitete Kevlarschicht war ebenfalls durchdrungen wurden. Eine aus größerer Distanz abgefeuerte Gewehrkugel wäre wohl aufgehalten worden, aber kein Granatsplitter. Um sich davor am gesamten Körper zu schützen, hätten die Omega Force One Soldaten so unförmige Anzüge tragen müssen, die es ihnen kaum ermöglicht hätten, einen fast hundert Kilometer weiten Weg durch die Eiswüste des sechsten Kontinents zurückzulegen. Schließlich wurden sie nicht wie ein Sondereinsatzkommando der Polizei an den Einsatzort gebracht, sondern mussten erst einmal herausfinden, wo sich das Ziel dieser Operation eigentlich befand.
„Fertig“, sagte Van Karres, nachdem sie Russos Bein eingewickelt hatte. Sie steckte das Messer weg und stopfte die Reste der Wasser und Wind abweisenden Biwak-Haut in den Rucksack zurück.
„Fragt sich nur, wo wir unterkriechen, wenn der Sturm heftiger wird!“, meinte Russo. „In diesem Biwak ja wohl nicht mehr.“
„Wäre es dir lieber, wenn dein Bein abfrieren würde?“, erwiderte Van Karres, die sich schnell die Handschuhe wieder überstreifte.
Die andere Seite hatte jetzt das Feuer komplett eingestellt.
Van Karres gab über Interlink einen knappen Bericht über Russos Zustand.
„Wir müssen hier weg“, sagte Colonel Ridge daraufhin an alle. „Im Augenblick schützt uns der Schneesturm und die schlechte Sicht.“
„Ich glaube nicht, dass wir mit einem Verletzten bei diesen Witterungsverhältnissen weit kommen werden“, erwiderte Mark Haller.
„Ich weiß, dass es hart werden wird“, gestand der Colonel seinem Stellvertreter im Team ohne weiteres zu. „Aber die Alternative wäre, einfach hier auszuharren. Da könnten wir uns allerdings gleich selbst eine Kugel in den Kopf jagen. Der Gegner hat uns eingekreist und braucht nur auf besseres Wetter zu warten.“
„Und darauf, dass wir die Nerven verlieren oder uns die Munition ausgeht!“, sagte Haller.
„Exakt.“
„Warum nicht das Unerwartete tun?“, fragte Haller.
Ridge schwieg einige Augenblicke. Aber Mark wusste, dass der Colonel genau begriffen hatte, worauf sein Stellvertreter hinaus wollte.
„Einen Gegenangriff…“, murmelte er. „Das ist so wahnwitzig, dass die Idee schon wieder gut ist.“
„Einen der Helikopter müssen wir in die Hände bekommen. Es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn Miro das Ding nicht fliegen könnte! Und zwei Mann haben vielleicht eine Chance durchzukommen!“
„Sie sprechen nicht zufällig von sich selbst und Chrobak!“
„Ich bin dabei!“, meldete sich der Russe über Interlink.
„Falls wir scheitern, besteht immer noch die Chance, dass der Rest der Truppe die Mission allein zu Ende bringt!“, ergänzte Mark.
Einen Augenblick lang zögerte Ridge noch.
„Das ist gegen jede Vernunft“, sagte er.
„Darum wird es niemand erwarten!“, erklärte Haller.
Ridge war Profi genug, um zu erkennen, dass in Hallers Vorschlag wahrscheinlich trotz aller damit verbundenen Risiken die größte Überlebenschance für das Team lag. So wie Haller ihn kannte, ging es dem Colonel insgeheim natürlich gegen den Strich, auf den Vorschlag seines Stellvertreters eingehen zu müssen. Aber so etwas ließ Ridge sich nicht anmerken. Es ging um den Erfolg der Mission. Und sonst gab nichts. Jede persönliche Empfindlichkeit musste hinter diesem Ziel zurückstehen. Wer das nicht schaffte, war für den Einsatz in einer Eliteeinheit wie der Omega Force One schlicht und ergreifend nicht geeignet, geschweige denn hätte sie kommandieren können.
„Okay“, entschied der Colonel schließlich. „Wir machen es, wie Sie es vorgeschlagen haben, Lieutenant.“
„Danke, Sir.“
„Ich hoffe, dass Sie mich nicht in Kürze verfluchen werden, Haller!“
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