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So viele Killer: Vier Kriminalromane. Alfred BekkerЧитать онлайн книгу.

So viele Killer: Vier Kriminalromane - Alfred Bekker


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Stück.“

      „Schockschwerenot — jetzt fällt bei mir der Groschen!“ Ashburton sah den Yard-Beamten entsetzt an. „Sollte Benham Rauschgiftschmuggler gewesen sein? Nein, das wäre nicht zu fassen! Ein Offizier der Royal Army tut so etwas nicht!“

      „Dann haben Sie eine andere Erklärung für den Fund?“, fragte der dickliche Major bissig. „Sie schweigen. Ihr Schweigen sagt mir genug. Ich möchte ja einem Toten nicht Unrecht tun, aber ich weise darauf hin, dass ich Sie immer wieder auf Benhams labilen Charakter aufmerksam gemacht habe. Ich meine, es wird nur gut sein, wenn wir parallel zu den polizeilichen Ermittlungen einen eigenen Untersuchungsausschuss einsetzen und die Angelegenheit röntgen.“

      „Versäumen Sie nicht, Miss Peacock, die Braut des Captain, die in der gleichen Abteilung arbeitet, unauffällig überwachen zu lassen!“, mahnte Taggart ernst. „Haben Sie etwas dagegen, wenn ich Miss Peacock sofort selbst aufsuche?“

      „Warum gerade Sie?“, wollte der Colonel mürrisch wissen.

      „Kann ich vor den Herren ganz offen sprechen?“

      „Aber selbstverständlich!“

      Taggart zögerte. „Ich möchte das Eisen schmieden, solange es noch heiß ist. Ich möchte eruieren, was Miss Peacock nach Benhams Tod über die letzte Begegnung mit Ihrer Gattin zu sagen hat.“

      „Versprechen Sie sich etwas davon?“

      „Allerdings, Sir, wenn auch nichts Konkretes.“

      „Na, dann gehen Sie, wenn es Sie beruhigt“, polterte der kleine Major, „aber halten Sie sich an unsere Spielregeln: Von der peinlichen Marihuana-Affäre erwähnen Sie kein Wort! Soweit Miss Peacock darüber informiert ist, wollen wir sie selbst in dieser Angelegenheit vernehmen.“

      „Einverstanden!“

      „Goddam, wo stecken Sie denn, Taggart?“, fragte Collins grämliche Stimme.

      Taggart wandte sich rasch um, und die Offiziere sahen den Mordkommissionsleiter stumm an, der lässig nähertrat.

      „Einzelheiten sind wohl kaum erwünscht“, begann Collins achselzuckend. „So viel mag Ihnen genügen: Ein einwandfreier Fall von Selbstmord. Falls sich im Zuge unserer Ermittlungen nicht doch noch Komplikationen einstellen — was ich übrigens für ausgeschlossen halte — werde ich schon morgen die Akten abschließen. Wäre noch die Frage des Motivs zu klä...“

      „Unterhalten Sie sich über diesen Punkt mit den Herren“, unterbrach ihn Taggart eilig, „ich muss weiter. Ich habe noch einen Besuch in Ealing vorzunehmen.“

      *

      9 Westgate Terrace, Ealing, bei Cartridge, lautete die Adresse. Gegen ein Uhr fünfzig fand Taggart das Haus in einer stillen, etwas öden Wohngegend des Vororts und parkte seinen Wagen am Bordstein. An der Tafel der Klingelknopfreihe war der Name „Cartridge“ bei Wohnung C in der dritten Etage aufgeführt. Der Inspector läutete dreimal Sturm, worauf ein Fenster in der dritten Etage hell wurde und gleich darauf die beiden Flügel klirrten.

      „Wer ist denn da?“, fragte eine dunkle Frauenstimme. „Wollen Sie etwa zu mir?“

      „Sofern Sie Mrs. Cartridge sind, zu Ihrer Untermieterin“, erwiderte Taggart geistesgegenwärtig. „Ich komme von Miss Peacocks Dienststelle.“

      „Moment, Sir, ich lasse Sie herein!“ Zorniges, wenig liebenswürdiges Gemurmel und abermaliges leises Fensterklirren folgten.

      Nach etwa vier Minuten öffnete eine stämmige Frau in verwaschenem Bademantel und starrte den späten Besucher misstrauisch an.

      Taggart wies seine Dienstmarke vor, ohne Namen oder Rang zu nennen, und gab Miss Peacocks Zimmerwirtin keine besondere Audienz. Diese fügte sich nach einigem Zögern brummend und führte den Inspector zu einem vorsintflutlichen Lift, der beide, asthmatisch stöhnend, in die dritte Etage hinauftrug.

      Mrs. Cartridge öffnete die Wohnungstür und sagte: „Treten Sie bitte ein, Sir, und warten Sie einen Moment in der Diele. Miss Peacock wird Sie empfangen, sobald sie präsentabel ist. Mich werden Sie sicher entbehren können.“

      „Selbstverständlich, Mrs. Cartridge“, erwiderte Taggart höflich, „gehen Sie ruhig wieder schlafen; im Übrigen bitte ich wegen der späten Störung um Entschuldigung.“

      „Na ja, schon gut, schon gut“, brummte die resolute Frau und verschwand.

      Kurz danach trat eine hochgewachsene Blondine in das gemütlich eingerichtete Vestibül, von der der Inspector im ersten Augenblick nur den lässig übergeworfenen Morgenrock aus dünner gelber Honanseide wahrnahm. Sie kam langsam, mit aufreizender Lässigkeit näher, starrte Taggart dreist ins Gesicht und sagte mit heiserer Stimme:

      „Mein Bester, Sie sind nicht vom Kriegsministerium, Sie sind ein Lügner.“

      „Ich bin Inspector Taggart C.I.D. von Scotland Yard. Miss Peacock, wie ich vermute?“

      „Welcher Glanz in meiner Hütte!“, spottete die Sekretärin. „Vermutlich hat man festgestellt, dass ich im letzten Urlaub einige silberne Löffel mitgehen ließ? Würden Sie mir bitte folgen?“

      Eleanor Peacock führte den Inspector in ein mäßig großes Zimmer, den typischen möblierten Raum der teureren Preisklasse. Er war mit uralten, aber sehr gepflegten Nussbaummöbeln eingerichtet; lediglich das Murphy-Bett war neu und flüchtig zurechtgemacht. D er Isfahan am Boden hatte in der Mitte eine dünne Stelle.

      „Nehmen Sie Platz, Inspector, so Sie welchen finden, und schießen sie los; ich bin rasend neugierig!“, bat Miss Peacock und ließ sich erschöpft in den Chintz-Sessel vor dem Toilettentisch fallen. Ihre bloßen Arme hatte sie vor der Brust verkreuzt, das Kinn trotzig aufgereckt und die Beine übereinandergeschlagen. In der fließenden Linie, die Kopfsilhouette, Hals und leicht gekrümmter Rücken bildeten, lag lässige Arroganz.

      Sie wandte langsam den Kopf und blickte Taggart kühl an.

      „Ich nehme an, dass Sie nicht wegen einer Bagatelle gekommen sind“, fuhr sie fort und warf einen Blick auf die Armbanduhr. „Es ist schon sehr spät — sprechen Sie ohne Scheu!“

      Wider Willen war Taggart amüsiert. Er richtete sich auf, betrachtete gespannt und ein wenig bang das klare, wild-schöne Mädchengesicht seines Visavis und versetzte zögernd:

      „Ich wollte, ich hätte auf diesen Besuch verzichten könne, Miss Peacock!“

      „Das tollste Kompliment, das mir je gemacht wurde!“, unterbrach sie ihn und drehte sich überrascht zu ihm um. Ihr langes, blondes Haar fiel bis auf die Schultern und wurde durch den Spiegel indirekt hell beleuchtet.

      „Sie haben mich missverstanden“, nahm Taggart ernst einen neuen Anlauf. „Denken Sie bitte daran, dass ich nur der Überbringer einer schlechten Nachricht bin — Sie wird Ihnen einen gehörigen Schock versetzen, sofern Ihnen Captain Benham etwas bedeutet hat.“

      „Wieso hat ... ? Sie sprechen doch von einem Lebenden!“ Angst stand deutlich in ihren Augen.

      „Leider nein“, widersprach Taggart.

      „Nein …?“ Es klang wie ein unterdrückter Aufschrei. Eleanor Peacock stach kerzengerade in die Höhe, trat einen Schritt auf ihren Besucher zu, beugte sich vor und legte ihm schwer beide Hände auf die Schultern.

      Mit einem Male hatte Taggart den sauberen Geruch teurer, überfetteter Toiletteseife und einen Hauch Chanel Nummer sieben in der Nase.

      Nur nicht irritieren lassen!, dachte er und war in diesem Augenblick auf sich selbst wütend. So gelassen wie möglich, und nicht minder unpersönlich, sagte er in einem Zuge:

      „Miss Peacock, ich bedaure unendlich, Ihnen mitteilen zu müssen, dass sich Ihr Verlobter, Captain Benham, kurz nach einundzwanzig Uhr dreißig in seiner Wohnung in Kingston erschossen hat.“

      „Stan ...? — Tot ...? Er hat sich ... erschossen?“ Ihre Stimme war kaum mehr vernehmlich. Sie wandte sich langsam, wie von


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