Einer von Hoods Texanern. William Andrew FletcherЧитать онлайн книгу.
gesandt worden sei, um ihm den Rückzugsweg zu verstellen, dort jedoch untätig geblieben sei und dem Feind den Abmarsch gestattet habe, ohne auch nur einen Schuss abzufeuern. Der verantwortliche Offizier wurde von uns natürlich mit den derbsten Flüchen bedacht. Kurze Zeit später kamen wir an einer Szene vorüber, die uns damals gleichermaßen erfreute wie ermutigte. Wir passierten gerade eine lange, schmale Lichtung im Gehölz, als wir ein Resultat konföderierter Schießkunst entdeckten: Eine lange Reihe toter Soldaten in blauen Mänteln lag so weit das Auge reichte auf der Erde, nahezu Schulter an Schulter, so dicht, wie sie wohl vor ihrem Tod in Gefechtslinie gestanden hatten. Sie erinnerten mich an die nackten Schwellen einer neuen Eisenbahnstrecke, bevor die Schienen darauf verlegt waren. Unter anderen Umständen hätte dieser grausige Anblick zweifellos jeden Betrachter erschauern lassen, aber wir konnten damals gar nicht genug tote Yankees sehen. Wir dachten daran, dass für gewöhnlich auf jeden Toten mehrere Verwundete kamen und so schätzten wir, dass McClellan wohl nicht mehr allzu viele unversehrte Soldaten aufzubieten hätte. Die nahezu tadellose Formation dieser Gefallenen ließ uns vermuten, dass sie von einer einzigen Salve niedergemäht worden waren und es sah nicht so aus, als wären sie unter Qualen gestorben. Angeblich hatte sich dieses Blutbad in der Nacht ereignet und die Position unserer Jungs hatte sich ganz in der Nähe unseres Regiments befunden.
Der nächste bedeutsame Ort, den wir erreichten, war Malvern Hill. Hier formierten wir uns in Gefechtslinie und ich wurde mit zwei weiteren Burschen aus Kompanie F als Teil einer größeren Abteilung nach vorne geschickt. Wir bezogen knapp unterhalb einer Hügelkuppe unweit der feindlichen Vorposten Stellung. Auf unserem Weg dorthin passierten wir einen toten "Rebellen", der hinter einem Baum lag. Eine Kanonenkugel hatte den Stamm durchschlagen und den armen Burschen erwischt, obwohl der Stamm augenscheinlich dermaßen dick war, dass er einer Kanonenkugel mühelos hätte widerstehen müssen. Womöglich war der Baum abgestorben und hohl, aber er machte einen massiven Eindruck auf uns. Unsere Stellung war eine gute, während jene der feindlichen Vorposten arg zu wünschen übrig ließ. Sie standen auf einem offenen Feld, das mit etwa kniehohen, dünnen Weizenhälmchen bewachsen war. Der Großteil ihrer Postenkette war knapp 300 Meter von uns entfernt, aber an einer Stelle folgten ihre Stellungen einem schmalen Hohlweg und dieser war uns beträchtlich näher. Die feindliche Front verlief durch ein Wäldchen knapp unterhalb einer Hügelkuppe und nahezu rechtwinklig zu unserer vorgeschobenen Position. Direkt vor dem Zentrum der Yankees befand sich ein weites, offenes Feld. Einen knappen halben Kilometer vor uns und zu unserer Linken war auf einer Lichtung eine Geschützbatterie postiert. Sie stand hinter der Infanterie und sandte ohne Unterlass ihre Geschosse zu unseren Truppen herüber. Unsere vorgeschobene Position war, wie bereits gesagt, außerordentlich gut gewählt und wer auch immer der Kundschafter gewesen sein mochte, der sie ausfindig gemacht und dem verantwortlichen General empfohlen hatte, war offensichtlich ein Bursche, der sein Handwerk verstand. Soweit ich weiß, hatten wir unsere Späher in der vorigen Nacht ausgesandt.
Unsere Abteilung bildete eine knapp 300 Meter lange Front. Im Laufe des Tages wurden wir fünf- bis sechsmal aus unserer Stellung vertrieben, doch wir rückten stets erneut vor, um sie wieder einzunehmen, wobei wir jedoch dermaßen hohe Verluste erlitten, dass nach Einbruch der Dunkelheit gerade einmal ein gutes Dutzend von uns übrig war. Wir hatten unsere Position gerade erst bezogen, als wir bereits die Order erhielten, eine vorgelagerte Geschützbatterie der Yankees zum Schweigen zu bringen, was wir auch prompt und mit der gebotenen Gründlichkeit taten. Wir stießen unseren Rebellenschrei aus und sahen mit grimmer Befriedigung, dass die unionsblauen Geschützmannschaften in Panik davonliefen. Nachdem die Artillerie ausgeschaltet war, wandten wir uns den feindlichen Vorposten zu und es war das reinste Jahrmarktsschießen, da wir eine starke, geschützte Position besetzt hielten, während der Feind bar jeglicher Deckung auf freiem Felde ausharren musste und so hilflos war, wie ich ihn im gesamten Kriege nicht wieder sehen würde. Sooft ein Yankee tot oder verwundet zu Boden ging, trat ein anderer Soldat an seine Stelle, nur um kurz darauf ebenfalls niedergestreckt zu werden, ohne unser Feuer auch nur halbwegs effektiv erwidern zu können. Kurz nachdem wir die Geschützbatterie zum Schweigen gebracht hatten, kam das zu ihrer Rechten stehende Regiment aus seiner verborgenen Stellung hervor und feuerte Salve auf Salve auf uns ab. Wir rannten um unser Leben einige hundert Meter nach hinten, wo wir im Schutze einiger Bäume ausharrten, bis die Yankees meinten, wir hätten unsere Lektion gelernt und sich auf ihre geschützte Stellung zurückzogen. Sooft sie wider uns vorrückten, sammelten sie ihre Verwundeten ein, ließen einige frische Vorposten zurück und postierten einen oder zwei Scharfschützen auf der Hügelkuppe oberhalb unserer Stellung. Währenddessen kehrten auch stets die Artilleristen zu ihren Kanonen zurück und setzten das Bombardement der hinter uns gelegenen Hauptlinie fort. Hin und wieder feuerten sie auch einige Kartätschen in unsere Richtung, um uns zu vertreiben, aber sobald wir zurückschossen, rannten sie wieder davon. Artilleristen und Kavalleristen sind sich in mancherlei Hinsicht ähnlich, denn gleich den Kavalleristen mit ihren Reitpferden entwickeln die Artilleristen mit der Zeit eine recht innige Zuneigung zu ihren Zugtieren. Um eine Batterie zum Rückzug zu bewegen, konnte es manchmal bereits genügen, einige ihrer Zugpferde zu verwunden. In unserem Falle gelang es den Yankees einige Male, ihre Tiere in Sicherheit zu bringen, bevor wir unsere Position wieder erreicht hatten und dann war schon ein wohlgezielter, andauernder Kugelhagel vonnöten, um sie von ihren Geschützen zu vertreiben. Die Batterie war so weit von uns entfernt, dass die konkreten Auswirkungen unseres Feuers schwer mit dem bloßen Auge einzuschätzen waren, aber wir sahen, dass die Geschützmannschaften bald in Unordnung gerieten, einige Soldaten nach hinten zu rennen begannen und manche der Zugpferde ausgespannt und weggeführt wurden, wohl, da sie getroffen waren. Ich sah keine toten Kanoniere auf der Erde liegen, aber wir mussten zumindest einige von ihnen verwundet haben. Insgesamt erreichten wir unser Ziel, diese Geschützbatterie auszuschalten und wenn wir auch nur wenig konkreten Schaden anrichteten, so hatten unsere Jungs in der Hauptlinie doch einige Stunden dringend benötigter Ruhe. Wie bereits erwähnt schrumpfte unsere Zahl mit jedem erneuten Rückzug und Vormarsch beträchtlich und wenn ich mich recht entsinne, so waren bereits nach unserer zweiten Rückkehr zu unserer Stellung alle unsere Offiziere außer Gefecht gesetzt. Unter diesen Umständen hielten sich die verbliebenen Soldaten einfach an ihre ursprünglichen Befehle und agierten ansonsten nach eigenem Gutdünken. Das Gelände unmittelbar hinter unserer vorgeschobenen Stellung war vor direktem Beschuss geschützt und diesen sicheren Bereich nutzte ich hin und wieder, um meine Position zu wechseln, wenn sich mir kein gutes Schussfeld bot. Offen gesprochen glaube ich nicht, dass von unserer Abteilung viele Männer getötet oder verwundet wurden, ich vermute vielmehr, dass bei jedem erneuten Vormarsch nur deshalb stets so viele Jungs fehlten, da sie die Sache leid waren und nach dem Ausfall unserer Offiziere die Chance nutzten, sich im Schutze der Bäume nach hinten abzusetzen.
Als ich mich zu den Waffen meldete, war mein Bruder begierig, sich derselben Kompanie anzuschließen, doch ich sprach mich entschieden dagegen aus und nannte ihm auch meine Beweggründe hierfür: Ich wollte als Soldat einen so großen Abstand zu meiner Heimat und meinen Lieben wahren, wie es mir nur möglich war. Ich wollte keine Neuigkeiten von ihnen erhalten und sie auch nicht dazu verleiten, mir materielle Hilfe zu leisten, da sie arm waren. Da ich meinen Unterhalt ganz in die Hände meiner Regierung legte, wollte ich für die Dauer meines Soldatenlebens all jene Fremden, die ich von nun an "Kameraden" nennen würde, nach Kräften als meine Familie betrachten. Dies würde mir umso leichter fallen, je weiter ich von Heim und Familie entfernt war, so schmerzlich dies auch sein mochte. Ferner würde unsere brüderliche Zuneigung uns den Dienst in derselben Einheit erschweren, da wir uns im Gefecht in ständiger Sorge umeinander befinden würden, ohne einander notwendigerweise helfen zu können. Auch befürchtete ich, die Gegenwart des geliebten Bruders könne zur Pflichtvergessenheit verleiten oder im Falle einer Krankheit oder Verwundung dermaßen schwer auf dem Gemüt lasten, dass ich die Nächte durchwachen würde, wenn Ruhe dringend vonnöten sein mochte. Ich bat ihn also, sich in den Dienst einer Einheit zu stellen, die westlich des Mississippi kämpfen würde, was er auch tat. Ich erwähne dies nur, um aufzuzeigen, in welchem Maße emotionale Bindungen dem Soldatenleben abträglich sein konnten. Bei Malvern Hill befanden sich in unserer Abteilung zwei Brüder, beide umgängliche, nette und tapfere Burschen. Im Laufe des Nachmittags befanden wir uns einmal mehr auf dem Vormarsch, nachdem wir zuvor aus unserer Stellung vertrieben worden waren. Unsere Abteilung war zu diesem Zeitpunkt kaum mehr als ein Häuflein Männer und wir waren noch etwa 100 Meter von unserer Hügelkuppe entfernt. Einer der