Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1. Reinhart MaurachЧитать онлайн книгу.
2.
Die Abschnitte 1 und 2 sind im vorliegenden Teilband 1 dargestellt; Teilband 2 enthält die Abschnitte 3–8.
29
Nach dem Vorbild von Krey (1972) werden die neueren Lehrbücher zum Besonderen Teil zumeist in zwei Bände 1. Straftaten gegen Persönlichkeits- und Gemeinschaftswerte 2. Straftaten gegen Vermögenswerte unterteilt[8]. Wenngleich Übergänge zwischen den Straftaten gegen den Einzelnen und gegen die Allgemeinheit bestehen, so beruht die Zusammenfassung der Straftaten gegen Persönlichkeits- und Gemeinschaftswerte in den genannten Lehrbüchern offensichtlich nicht auf systematischen Gesichtspunkten, sondern auf dem editorischen Gesichtspunkt der stofflichen Gleichgewichtigkeit der beiden Teilbände[9]. In der letzten Zeit sind auch wieder zusammenfassende Darstellungen erschienen (Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, 2009; Klesczewski, 2016, allerdings beschränkt auf den Pflichtstoff des Staatsexamens).
Anmerkungen
Allg. Teil des Strafrechts 1951, 57.
Schroeder FS Welzel 860.
Nach Jakobs in: Bernsmann/Ulsenheimer (Hrsg.), Bochumer Beiträge zu akt. Strafrechtsthemen, 2002, 63 ff. sind die Delikte gegen die Person keine Rechtsguts-, sondern Rechtsverletzungen (mit Folgen für die Auslegung der Nötigung, der Täuschung und der Vermögensdelikte).
Eingehend Schroeder FS Welzel 864 f.
Vgl. Klein, Grundsätze des gemeinen dtsch. und preuß. peinlichen Rechts, 1796, §§ 481 ff.
5. Aufl. 386, Nachtrag I 30.
Näher Schroeder Staatsschutz 309.
Wessels/Hettinger/Engländer, Wessels/Hillenkamp; Rengier; Küpper/Mitsch; Hohmann/Sander; Kindhäuser/Eisele.
Grotesk allerdings das Lehrbuch von Küpper/Mitsch, bei dem der Teil 1 (Delikte gegen Rechtsgüter der Person und der Gemeinschaft) 208 S. umfasst, der Teil 2 (Vermögensdelikte) dagegen zwei Teilbände mit zusammen 1114 S. Systematisch unglücklich auch, dass bei Rengier die Vermögensdelikte den Teil I bilden.
1. Abschnitt Straftaten gegen Persönlichkeitswerte
1. Abschnitt Straftaten gegen Persönlichkeitswerte › 1. Kapitel Straftaten gegen das Leben
1. Kapitel Straftaten gegen das Leben
§ 1 System und Umfang des Lebensschutzes im Strafrecht
Schrifttum:
Gropp, Der Grundsatz des absoluten Lebensschutzes und die fragmentarische Natur des Strafrechts, Brauneck-Ehr., 1999, 285; Ingelfinger, Grundlagen und Grenzbereiche des Tötungsverbots, 2004; Laber, Der Schutz des Lebens im Strafrecht, 1997.
I. Die Systematik des Abschnitts „Straftaten gegen das Leben“
1
Das StGB bezeichnet den Inhalt des 16. Abschnittes des Besonderen Teils mit den §§ 211–222 als „Straftaten gegen das Leben“. Angesichts der Pönalisierung der grundlosen Tötung von Wirbeltieren im Tierschutzgesetz von 1972 (s. Tlbd. 2 § 59 IV) müsste die Überschrift genau „Straftaten gegen das menschliche Leben“ lauten. Der Begriff des menschlichen Lebens ist weit gespannt, der ihm gewährte Schutz umfassend: die §§ 211–216 behandeln die vorsätzlichen Straftaten gegen das Leben (u. § 2); § 217 erfasst mit der Förderung der Selbsttötung eine Lebensgefährdung (s.u. Rn. 23). § 221 umreißt als „Aussetzung“ einen Teil der vorsätzlichen Lebensgefährdungen (u. § 4 II); § 222 endlich bildet den Tatbestand der fahrlässigen Tötung (u. § 3).
2
Bemerkenswerterweise betrachtet der 16. Abschnitt auch den Schwangerschaftsabbruch (§§ 218–219b) als Straftat „gegen das Leben“[1]. Entwicklungsbiologisch ist auch die Frucht, das „werdende Leben“, schon menschliches Leben und als solches schutzwürdig. In der sozialen und damit strafrechtlichen Wertung kann aber das werdende Leben nicht den gleichen Rangwert beanspruchen wie das bereits aus dem Schoß der Mutter gelöste Leben des Menschen; dies zeigt sich insbesondere in Kollisionsfällen zwischen beiden Gütern. Der Schutz des werdenden Lebens ist daher gesondert zu behandeln (u. §§ 5–7)[2]. Das gleiche gilt für § 6 VStGB, der unter der irreführenden Bezeichnung „Völkermord“ Handlungen zur – nicht notwendig physischen – Zerstörung nationaler, rassischer, religiöser oder ethnischer Gruppen erfasst (Tlbd. 2 § 89 I).
3
Durch die Abschaffung der Vorschriften für den Zweikampf mit tödlichen Waffen (15. Abschnitt i.d.F. von 1871) durch das 1. StrRG 1969 sind einerseits privilegierende Sondervorschriften für die Tötung aufgehoben und die entsprechenden Verhaltensweisen in die Tötungstatbestände zurückgefallen, andererseits zusätzliche Lebensgefährdungstatbestände als nicht mehr erforderlich beseitigt[3].
4
Im Übrigen beschränkt sich das StGB im 16. Abschnitt entsprechend der traditionellen Einteilung auf den Schutz des Lebens als solchen. Außerhalb des Abschnittes und damit auch unserer Darstellung bleiben die Tatgruppen, in denen die Lebensvernichtung nur Anknüpfungsmoment mit qualifizierender Wirkung für solche Straftaten darstellt, die sich primär gegen andere Güter wenden, wie z.B. Vergewaltigung mit Todesfolge (§ 178), Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227), Freiheitsberaubung mit Todesfolge (§ 239 Abs. 4), Raub