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Ein Parcerie-Vertrag. Gerstäcker FriedrichЧитать онлайн книгу.

Ein Parcerie-Vertrag - Gerstäcker Friedrich


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zu ersetzen.

      Indem Carl Gottlieb Behrens durch seine Namensunterschrift solidarisch mit seinen Familiengliedern zur getreuen Erfüllung der contractlich eingegangenen Verpflichtung sich verbindlich macht, verpflichtet er sich ferner für sich und seine Familienglieder, den gesetzlichen Befehlen seiner Brodherren oder deren bevollmächtigten Vertreter getreulich nachzukommen, und während der Dauer des Contractes seine ganze Zeit und Aufmerksamkeit dem ihm übertragenen Dienst zu widmen.

      Antwerpen, den –ten März 185–.

      »Die Summe ist, wie ich sehe, noch nicht ausgefüllt.«

      »Nein,« sagte Behrens, »das können sie auch noch nicht, weil sie noch nicht wissen wie viel wir auf der Reise brauchen werden. Das wird nachher gemacht.«

      »Hm,« sagte der Schulmeister, »ja wohl, – da steht aber freilich nichts weiter drin, als daß Ihr das Geld, was Ihr vorgeschossen kriegt, wieder abverdienen sollt. Das ist gerade wie bei uns.«

      »Ja wohl, Schulmeister, und das wäre auch ganz in der Ordnung, aber es steht gar nichts vom Tagelohn darin, und was sich ein Mann wohl in der Woche verdienen kann, damit man doch im Stande wäre sich nur ein klein wenig zu berechnen, wie lange man ungefähr für die Herren arbeiten muß.«

      »Ja, das wäre freilich gut,« sagte der Schulmeister, der sich völlig außer seiner Sphäre fand, sobald sich irgend etwas auf practisches Leben erstreckte, »aber den Kaffee habt Ihr da umsonst, und der Zucker wächst ebenfalls in Brasilien; ja, in der heißen Zone kommen sogar Milch- und Butterbäume vor, und immer Sommer, – nie einen Ofen heizen und die Finger erfrieren – und Hüte könnt Ihr Euch selber aus Palmblätter flechten, und die Baumwolle wächst dort auch.«

      »Ja,« sagte Behrens und sah still vor sich nieder, »das ist wohl Alles recht gut, aber ob das Land auch wohl so gesund ist, daß mir Frau und Kinder nicht krank werden. Es muß dort schmählich heiß sein.«

      »Das können wir gleich sehen,« sagte Peters, stand auf und nahm eines seiner alten Bücher vom Regal herunter, »wartet einmal, Brasilien – Brake – Brandis – Brasilien, Seite 470 – da haben wir die ganze Geschichte: Dieser einzige monarchische Staat, – nein, das ist's nicht: hier kommts! »In Hinsicht der äußeren Bodenbeschaffenheit bestehen vielleicht zwei Drittheile aus Hoch- und Gebirgsland,« – seht Ihr wohl. Halt, hier steht es: »Das Clima ist der vielen Gebirge und Wälder wegen milder, als man es bei der Lage des Landes, welches mit seiner Hauptmasse zwischen dem Äquator und dem südlichen Wendekreise liegt, erwarten sollte.« Seht Ihr wohl? – »In Rio Janeiro, ungefähr unter dem Wendekreise des Steinbocks (nämlich unter 22° 56' S.Br.) wechselt die Hitze zwischen 16 und 30° Reaumur« – und so heiß wird es bei uns hier manchmal auch, denn im letzten Sommer hatten wir ein paar Mal 29° im Schatten. – »An der Küste tragen überhaupt die täglichen Seewinde viel zur Minderung der Hitze bei. Am heißesten sind die Ebenen im nördlichen Theil des Landes,« – aber dahin braucht man ja auch gar nicht zu gehen; und was bauen sie da nicht Alles, hört einmal zu, Behrens: »Fernambuk oder Brasilienholz, Campeche oder Mahagoniholz, ferner Palmen, Tulpen-Rosenholz, Kampher-, Copal- und andere Bäume, sodann Zucker, Kaffee, Baumwolle, Tabak, Indigo, Cacao, Vanille, Reis, Mais, Waizen, Gerste, Maniok, Melonen, Yams, europäische Südfrüchte, Ananas, Gewürzpfeffer,« – das Wasser läuft Einem ordentlich im Munde zusammen. Und dann hier die Beschreibung von dem Gold und den Diamanten, die dort gefunden werden. Diamanten haben sie dort, von denen ein einziger so viel werth ist, wie hier ein ganzes Königreich.«

      »Also meinen Sie, ich soll hingehen, Schulmeister?«

      »Ich wollte ich könnte mit,« seufzte dieser, »den Augenblick schnürte ich meinen Bündel, packte meine paar Bücher zusammen und setzte mich auf ein Schiff, aber – der Knüppel ist an den Hund gebunden.«

      »Peters, Du schämst Dich doch gar nicht,« sagte seine Frau.

      »Ach, Alte, so war es ja nicht gemeint,« seufzte ihr Mann, »aber mein verwünschtes Rückgrat.«

      »Und daß gar nichts davon in dem Contract steht, wie es einmal werden soll, wenn ich das Geld abverdient habe,« sagte Behrens, dessen Gedanken nur allein auf diesem einen Punkt hafteten.

      »Darüber macht Euch doch keine Sorge,« antwortete Peters, »schon das ist ein Beweis, daß es dort viel zu verdienen giebt, daß man Euch so viel hundert Thaler vorschießt, nur um Arbeiter hin zu bekommen. Hier könntet Ihr hundert Jahre arbeiten ehe Ihr's fertig brächtet.«

      »Ja, das ist wahr,« nickte Behrens, »zu verdienen muß es da geben, und ich verstehe nur nicht was das heißen soll, – hier, da unten Schulmeister; lest doch den Satz noch einmal.«

      »Den? – »»daß: da nach der Bestimmung derartiger Arbeitsverträge der Ertrag der Arbeit zwischen Arbeiter und Brodherren getheilt wird««, – nun, das ist doch deutlich genug: Ihr bekommt die Hälfte von Allem, was verdient wird.«

      »Aber das ist doch gar nicht möglich.«

      »Aber hier steht's ja noch einmal, gleich dahinter: von der ihm als Arbeiter zufallenden Hälfte des Ertrags der Arbeit in usancemäßiger Abtragung zu ersetzen.«

      »Was ist denn das?«

      »Usancemäßig? das ist, wie es dort gerade Gebrauch ist, mit der Abzahlung nämlich, denn zum Leben müßt Ihr doch auch was haben, also vielleicht die Hälfte oder das Viertheil von Eurem Verdienst. Begreift Ihr?«

      »Das wär Recht,« nickte Behrens, »aber da ist noch ein fremdes Wort, was ich nicht verstehe – solidarisch –.«

      »Nun, das heißt weiter nichts, als daß Ihr für Eure Frau und Kinder einsteht, damit die auch helfen die Schuld abzutragen.«

      »Nun, das versteht sich ja doch von selbst,« sagte Behrens.

      »Aber wißt Ihr was mir auffällt,« bemerkte der Schulmeister. »Erstlich steht hier kein Wort davon, daß Ihr die Sonntage frei bekommt, und wenn das auch bei uns Sitte ist, so weiß man doch nicht wie sie es drüben machen, und jedenfalls gehört das mit in den Contract. Dann aber ist auch noch das Wichtigste vergessen, und das könnte einen Haken haben.«

      »Das Wichtigste, Schulmeister?«

      »Jedenfalls eine Hauptsache, und die muß auch noch mit hinein, sonst unterschriebe ich wenigstens den Contract nicht. Ein Haus werdet Ihr natürlich kriegen, denn eine Wohnung gehört dazu, wenn man irgendwo arbeiten soll; die erhält bei uns selbst ein Schulmeister, dem sie doch alles Mögliche abzwacken, aber von einem Garten steht kein Wort darin. Das vergeßt nicht, – den macht Euch noch vorher aus, denn ein Garten ist die Hauptsache – und wenn er noch so klein wäre, wo Ihr Euch ein paar Kaffeebäume und Palmen und Zuckerrohr, und ein bischen Indigo vielleicht, pflanzen könnt. Den geben sie Euch auch. – Und dann noch eins, Behrens,« fuhr der Schulmeister fort, »schreibt mir einmal, wie es Euch geht, und was Ihr treibt, hört Ihr wohl, das müßt Ihr mir versprechen.«

      »Recht gern, Schulmeister, recht von Herzen gern,« erwiderte Behrens, »wenn's auch bei mir nicht gerade vom besten mit Schreiben geht, denn Sie wissen wohl, in unserer Zeit wurde noch nicht viel darauf gehalten, so kann mein Mädel, die Johanna Marie, doch prächtig damit fertig werden, und die soll schon einen Brief schreiben.«

      »Gut, Behrens, und vergeßt nur den Garten nicht; ein Stück Land müssen sie Euch geben, das Ihr selber nur für Euch bauen könnt, – wenn nicht so viel übrig ist, wäre es auch nicht der Mühe werth daß Ihr hinüber ginget.«

      »Ich will's nicht vergessen, Schulmeister, und ich dank Ihnen auch vielmals für den Wink. – Ich wußte wohl, daß ich mich bei Ihnen an den rechten Mann wandte. Nichts für ungut, Frau Peters, daß ich gestört habe, – ich wollt's eigentlich nicht.«

      »Recht gern geschehen, Behrens,« sagte die Frau Schulmeisterin, die ganz stolz darauf war was ihr Mann sagte. »Mein Schulmeister hilft ja recht gern, wo er irgend kann, mit Rath und That.«

      »Werd's ihm nicht vergessen, – und nun leben Sie wohl; ich will jetzt gleich nach der Stadt hinein, daß ich heute Abend noch was abmachen kann, und im schlimmsten Fall bleib ich dort über Nacht bei dem Andres, dem Steffen


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