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Die Verschwörung des Fiesco zu Genua. Friedrich von SchillerЧитать онлайн книгу.

Die Verschwörung des Fiesco zu Genua - Friedrich von Schiller


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(Er reicht ihm einen Zettel und nistet sich hart an ihn. Fiesco tritt vor einen Spiegel und schielt über das Papier. Der Mohr geht lauernd um ihn herum, endlich zieht er den Dolch und will stoßen.)

      Fiesco (dreht sich geschickt und fährt nach dem Arm des Mohren).

      Sachte, Canaille! (Entreißt ihm den Dolch.)

      Mohr (stampft wild auf den Boden). Teufel – Bitt' um Vergebung.

      (Will sich abführen.)

      Fiesco (packt ihn, mit starker Stimme). Stephano! Drullo! Antonio!

      (Den Mohren an der Gurgel.) Bleib, guter Freund! Höllische Büberei!

      (Bediente.) Bleib und antworte! Du hast schlechte Arbeit gemacht;

      an wen hast du dein Taglohn zu fordern?

      Mohr (nach vielen vergeblichen Versuchen, sich wegzustehlen, entschlossen). Man kann mich nicht höher hängen, als der Galgen ist.

      Fiesco. Nein, tröste dich! Nicht an die Hörner des Monds, aber doch hoch genug, daß du den Galgen für einen Zahnstocher ansehen sollst. Doch deine Wahl war zu staatsklug, als daß ich sie deinem Mutterwitz zutrauen sollte. Sprich also, wer hat dich gedungen?

      Mohr. Herr, einen Schurken könnt ihr mich schimpfen, aber den Dummkopf verbitt' ich.

      Fiesco. Ist die Bestie stolz. Bestie, sprich, wer hat dich gedungen?

      Mohr (nachdenkend). Hum! so wär' ich doch nicht allein der Narr! – wer mich gedungen hat? – und waren's doch nur hundert magre Zechinen! – Wer mich gedungen hat? – Prinz Gianettino.

      Fiesco (erbittert auf und nieder). Hundert Zechinen und nicht mehr für des Fiesco Kopf. (Hämisch.) Schäme dich, Kronprinz von Genua. (Noch einer Schatulle eilend.) Hier, Bursche, sind tausend, und sag deinem Herrn – er sei ein knickiger Mörder!

      (Mohr betrachtet ihn vom Fuß bis zum Wirbel.)

      Fiesco. Du besinnst dich, Bursche?

      Mohr (nimmt das Geld, setzt es nieder, nimmt es wieder und besieht ihn mit immer steigendem Erstaunen).

      Fiesco. Was machst, Bursche?

      Mohr (wirft das Geld entschlossen auf den Tisch). Herr – das Geld hab' ich nicht verdient.

      Fiesco. Schafskopf von einem Jauner! den Galgen hast du verdient. Der entrüstete Elephant zertritt Menschen, aber nicht Würmer. Dich würd' ich hängen lassen, wenn es mich nur so viel mehr als zwei Worte kostete.

      Mohr (mit einer frohen Verbeugung). Der Herr sind gar zu gütig.

      Fiesco. Behüte Gott! nicht gegen dich. Es gefällt mir nun eben, daß meine Laune einen Schurken, wie du bist, zu etwas und nichts machen kann, und darum gehst du frei aus. Begreife mich recht. Dein Ungeschick ist mir ein Unterpfand des Himmels, daß ich zu etwas Großem aufgehoben bin, und darum bin ich gnädig, und du gehst frei aus.

      Mohr (treuherzig). Schlagt ein, Lavagna! Eine Ehre ist der andern werth. Wenn Jemand auf dieser Halbinsel eine Gurgel für Euch überzählig hat, befehlt! und ich schneide sie ab, unentgeldlich.

      Fiesco. Eine höfliche Bestie! Sie will sich mit fremder Leute Gurgeln bedanken.

      Mohr. Wir lassen uns nichts schenken, Herr! Unser eins hat auch Ehre im Leibe.

      Fiesco. Die Ehre der Gurgelschneider?

      Mohr. Ist wohl feuerfester als Eurer ehrlichen Leute: sie brechen ihre Schwüre dem lieben Herrgott; wir halten sie pünktlich dem Teufel.

      Fiesco. Du bist ein drolligter Jauner.

      Mohr. Freut mich, daß Ihr Geschmack an mir findet. Setzt mich erst auf die Probe, Ihr werdet einen Mann kennen lernen, der sein Exercitium aus dem Stegreif macht. Fordert mich auf. Ich kann Euch von jeder Spitzbubenzunft ein Testimonium aufweisen, von der untersten bis zur höchsten.

      Fiesco. Was ich nicht höre! (Indem er sich niedersetzt.) Also auch Schelmen erkennen Gesetzt und Rangordnung? Laß mich doch von der untersten hören.

      Mohr. Pfui, gnädiger Herr! das ist das verächtliche Heer der langen Finger. Ein elend Gewerb, das keinen großen Mann ausbrütet, arbeitet nur auf Karbatsche und Raspelhaus und führt – höchstens zum Galgen.

      Fiesco. Ein reizendes Ziel. Ich bin auf die beßre begierig.

      Mohr. Das sind die Spionen und Maschinen. Bedeutende Herren, denen die Großen ein Ohr leihen, wo sie ihre Allwissenheit holen; die sich wie Blutigel in Seelen einbeißen, das Gift aus dem Herzen schlürfen und an die Behörde speien.

      Fiesco. Ich kenne das – fort!

      Mohr. Der Rang trifft nunmehr die Meuter, Giftmischer und Alle, die ihren Mann lang hinhalten und aus dem Hinterhalt fassen. Feige Memmen sind's oft, aber doch Kerls, die dem Teufel das Schulgeld mit ihrer armen Seele bezahlen. Hier thut die Gerechtigkeit schon etwas Übriges, strickt ihre Knöchel aufs Rad und pflanzt ihre Schlauköpfe auf Spieße. Das ist die dritte Zunft.

      Fiesco. Aber, sprich doch, wann wird die deinige kommen?

      Mohr. Blitz, gnädiger Herr! das ist eben der Pfiff. Ich bin durch diese alle gewandert. Mein Genie geilte frühzeitig über jedes Gehege. Gestern Abend macht' ich mein Meisterstück in der dritten, vor einer Stunde war ich – ein Stümper in der vierten.

      Fiesco. Diese wäre also?

      Mohr (lebhaft). Das sind Männer, (in Hitze) die ihren Mann zwischen vier Mauern aufsuchen, durch die Gefahr eine Bahn sich hauen, ihm gerade zu Leib gehen, mit dem ersten Gruß ihm den Großdank für den zweiten ersparen. Unter uns! man nennt sie nur die Extrapost der Hölle. Wenn Mephistopheles einen Gelust bekommt, braucht's nur einen Wink, und er hat den Braten noch warm.

      Fiesco. Du bist ein hartgesottener Sünder. Einen solchen vermißte ich längst. Gib mir deine Hand. Ich will dich bei mir behalten.

      Mohr. Ernst oder Spaß?

      Fiesco. Mein völliger Ernst, und gebe dir tausend Zechinen des Jahrs.

      Mohr. Topp, Lavagna! Ich bin Euer, und zum Henker fahre das Privatleben. Braucht mich, wozu Ihr wollt. Zu Eurem Spürhund, zu Eurem Parforce-Hund, zu Eurem Fuchs, zu Eurer Schlange, zu Eurem Kuppler und Henkersknecht. Herr, zu allen Commissionen, nur bei Leibe! zu keiner ehrlichen – dabei benehm' ich mich plump wie Holz.

      Fiesco. Sei unbesorgt! Wem ich ein Lamm schenken will, lass' ich's durch keinen Wolf überliefern. Geh also gleich morgen durch Genua und suche die Witterung des Staats. Lege dich wohl auf Kundschaft, wie man von der Regierung denkt und vom Haus Doria flüstert, sondiere daneben, was meine Mitbürger von meinem Schlaraffenleben und meinem Liebesroman halten. Überschwemme ihre Gehirne mit Wein, bis ihre Herzensmeinungen überlaufen. Hier hast du Geld. Spende davon unter den Seidenhändlern aus.

      Mohr (sieht ihn nachdenklich an). Herr-Fiesco. Angst darf dir nicht werden. Es ist nichts Ehrliches – Geh! rufe deine ganze Bande zu Hilfe. Morgen will ich deine Zeitungen hören. (Er geht ab.)

      Mohr (ihm nach). Verlaßt Euch auf mich. Jetzt ist's früh vier Uhr. Morgen um Acht habt Ihr so viel Neues erfahren, als in zweimal siebenzig Ohren geht. (Ab.)

      Zehnter Auftritt

      Zimmer bei Verrina.

      Bertha rücklings in einem Sopha, den Kopf in die Hand geworfen.

      Verrina düster hereintretend.

      Bertha (erschrickt, springt auf). Himmel! da ist er!

      Verrina (steht still, besieht sie befremdet). An ihrem Vater erschrickt meine Tochter?

      Bertha. Fliehen Sie! Lassen Sie mich fliehen! Sie sind schrecklich, mein Vater.

      Verrina. Meinem einzigen Kinde?

      Bertha (mit einem schweren Blick auf ihn). Nein! Sie müssen noch eine Tochter haben.

      Verrina. Drückt dich meine Zärtlichkeit zu schwer?

      Bertha. Zu Boden, Vater.

      Verrina. Wie? welcher Empfang, meine Tochter? Sonst, wenn ich nach Hause kam, Berge auf meinem Herzen, hüpfte mir meine Bertha entgegen, und meine


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