Эротические рассказы

Billard um halb Zehn / Бильярд в половине десятого. Книга для чтения на немецком языке. Генрих БёлльЧитать онлайн книгу.

Billard um halb Zehn / Бильярд в половине десятого. Книга для чтения на немецком языке - Генрих Бёлль


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braucht, den Griff zu wechseln; und dass alles weitere nur eine Frage der Koordinierung und der Übung war; ganze Nachmittage lang, auf den Wiesen, im Park, im Garten geübt; sie wussten nicht, dass es Formeln gab, die man anwenden, Waagen, auf denen man Bälle wiegen konnte. Nur ein bisschen Physik, ein bisschen Mathematik und Übung; aber sie verachteten ja die beiden Fächer, auf die es ankam; verachteten Training, mogelten sich durch, turnten wochenlang auf knochenweichen Sentenzen umher, fuhren Kahn auf nebulosem Dreck, fuhren Kahn sogar auf Hölderlin; sogar ein Wort wie Lot wurde, wenn sie es aussprachen, zu breiigem Unsinn; Lot, so etwas Klares; eine Schnur, ein Stück Blei, man warf es ins Wasser, spürte, wenn das Blei den Boden erreichte, zog die Schnur heraus und maß an ihr die Tiefe des Wassers ab; doch wenn sie loten sagten, klang es wie schlechtes Orgelspiel; sie konnten weder Schlagball spielen noch Hölderlin lesen. Mitleidend bleibt das ewige Herz doch fest[16]. Sie zappelten vorn an der Linie herum, wollten ihn beim Schlag stören, riefen: ‚Los, Fähmel, mach voran, los‘; unruhig strich eine andere Gruppe ums Mal, zwei schon weit hinterm Spielfeld, wo seine Bälle herunterzukommen pflegten, gefürchtete Bälle; sie kamen meistens an der Straße aus, wo jetzt gerade an diesem Sommersamstag 1935 die dampfenden hellroten Pferde das Brauereitor verließen; dahinter der Bahndamm, eine Rangierlok puffte kindlich weiße Wolken in den Nachmittagshimmel; rechts an der Brücke zischten aus der Werft die Schneidbrenner, schweißten die Arbeiter in Überstunden einen Kraftdurch-Freude-Dampfer zusammen; bläuliche, silberne Funken zischten, und Niethämmer, Niethämmer schlugen den Takt; in den Schrebergärten kämpften frisch aufgestellte Vogelscheuchen vergebens gegen Spatzen, blasse Rentner mit erloschenen Tabakspfeifen warteten sehnsüchtig auf den Monatsersten – die Erinnerung an die Bewegungen, die er damals gemacht hatte, sie erst brachte Bilder und Worte und Farben hervor; hinter Formeln war es verborgen, das ‚Los, Fähmel, los‘, und er hatte den Ball schon an der richtigen Stelle liegen, nur leicht gehalten zwischen Fingern und Handballen, der Ball würde den geringstmöglichen Widerstand finden; er hatte sein Schlagholz schon in der Hand, das längste von allen (niemand kümmerte sich um die Hebelgesetze), es war oben mit Leukoplast umwickelt. Rasch noch einen Blick auf die Armbanduhr: drei Minuten und dreißig Sekunden, bis der Turnlehrer abpfeifen würde – und immer noch hatte er die Antwort auf die Frage nicht gefunden: Wie kam es, dass die vom Prinz-Otto-Gymnasium nichts gegen ihren Turnlehrer als Schiedsrichter beim Entscheidungsspiel eingewendet hatten? Er hieß Bernhard Wakiera, aber sie nannten ihn nur Ben Wackes, er sah melancholisch aus, war dicklich, stand im Ruf, Knaben platonisch zu lieben, mochte gern Sahnekuchen und träumerisch süße Filme, in denen starke blonde Knaben Flüsse durchschwammen, dann auf Wiesen lagen, Grashalme im Mund, und zum blauen Himmel hinaufblickten, auf Abenteuer warteten; dieser Ben Wackes liebte vor allem eine Nachbildung des Antinouskopfes[17], die er zu Hause zwischen Gummibäumen und Bücherregalen voll Turnlehrerliteratur zu kosen pflegte, sie angeblich jedoch nur abstaubte; Ben Wackes, der seine Lieblinge Jüngelchen, die anderen Bengels nannte.

      ‚Nun mach schon, Bengel‘, sagte er, schwitzend, mit bebendem Bauch, die Trillerpfeife im Mund.

      Aber es waren immer noch drei Minuten und drei

      Sekunden bis zum Abpfiff, dreizehn Sekunden zu früh; wenn er jetzt schon schlüge, würde der nächste noch zum Schlag kommen, und Schrella, der oben am Mal auf Erlösung wartete, würde dann noch einmal losrennen müssen, und sie würden noch einmal Gelegenheit haben, ihm den Ball mit aller Kraft ins Gesicht, gegen die Beine zu werfen, die Nieren zu treffen; dreimal hatte er beobachtet, wie sie es machten: irgendeiner aus der Gegenpartei traf Schrella ab, dann nahm Nettlinger, der in seiner und Schrellas Partei spielte, den Ball, traf den Gegner ab, indem er ihm den Ball einfach zuwarf, und der traf wieder Schrella ab, der sich vor Schmerz krümmte, und wieder nahm Nettlinger den Ball, warf ihn dem Gegner einfach zu, der Schrella ins Gesicht traf – und Ben Wackes stand daneben, pfiff ab, wenn sie Schrella trafen, pfiff ab, wenn Nettlinger dem Gegner den Ball einfach zuwarf, pfiff ab, während Schrella wegzuhumpeln versuchte; rasch ging’s, die Bälle flogen hin und her – hatte er als einziger es gesehen? Nicht einer von all den vielen Zuschauern, die da mit ihren bunten Fähnchen und bunten Mützen fiebernd vor Spannung auf das Ende des Spiels warteten? Zwei Minuten und fünfzig Sekunden vor Schluss stand es 34:29 für das Prinz-Otto-Gymnasium – und war dies, das nur er gesehen hatte, der Grund dafür, dass sie Ben Wackes, ihren eigenen Turnlehrer, als Schiedsrichter akzeptiert hatten?

      ‚Jetzt mach aber, Bengel, in zwei Minuten pfeif ich ab.‘

      ‚Zwei Minuten und fünfzig Sekunden, bitte‘, sagte er, warf den Ball hoch, griff blitzschnell um und schlug; er spürte es an der Wucht des Schlages, am federnden Widerstand des Holzes: das war wieder einer seiner sagenhaften Treffer; er blinzelte hinter dem Ball her, konnte ihn nicht entdecken, hörte das Ah aus der Zuschauermenge, ein großes Ah, das sich wie eine Wolke ausbreitete, anwuchs; er sah Schrella herangehumpelt kommen, langsam kam er, hatte gelbe Flecken im Gesicht, eine blutige Spur um die Nase; und die Listenführer zählten: sieben, acht, neun; provozierend langsam kam der Rest der Mannschaft am wütenden Ben Wackes vorbei; gewonnen war das Spiel, klar gewonnen, und er hatte vergessen, loszurennen und noch einen zehnten Punkt zu gewinnen; immer noch suchten die Ottoner den Ball, krochen weit hinter der Straße im Gras an der Brauereimauer umher; deutlich war aus Ben Wackes Schlusspfiff der Ärger herauszuhören. 38:34 fürs Ludwig-Gymnasium verkündeten die Listenführer. Das Ah schwoll an zum Hurra, brandete über den Platz, während er sein Schlagholz nahm, es mit dem unteren Ende ins Gras bohrte, den Griff ein wenig hob, dann senkte, bis er den richtigen Winkel erwischt zu haben glaubte; er trat mit dem Fuß auf die schwächste Stelle, wo sich das Holz unterhalb des Griffes verjüngte; Schüler umringten ihn bewundernd, verstummten ergriffen; sie spürten: hier wurde ein Zeichen gegeben, wurde Fähmels berühmtes Schlagholz zerbrochen; tödlich weiß die Splitter, die an der Bruchstelle des zerbrochenen Holzes sichtbar wurden; schon balgten sie sich um Andenken, kämpften verbissen um Holzstücke, rissen sich Leukoplastfetzen aus den Fingern; er blickte erschrocken in diese erhitzten, törichten Gesichter, in diese bewundernden Augen, die vor Erregung glänzten, und spürte die billige Bitternis des Ruhmes, hier an einem Sommerabend, am 14. Juli 1935, samstags am Rande der Vorstadt, auf der zertrampelten Wiese, über die Ben Wackes gerade die Sextaner[18] des Ludwig-Gymnasiums jagte, die Eckfähnchen einzusammeln. Weit hinter der Straße, an der Brauereimauer, waren immer noch die blaugelben Trikots zu sehen; immer noch suchten die Ottoner den Ball; jetzt kamen sie zögernd über die Straße, sammelten sich auf der Mitte des Spielfelds, traten in einer Reihe an, warteten auf ihn, den Mannschaftsführer, dass er das Hipp-Hipp-Hurra ausbringe; langsam ging er auf die beiden Reihen zu, da standen Schrella und Nettlinger in einer Reihe nebeneinander, nichts schien geschehen zu sein, nichts, während sich hinter ihm die jüngeren Schuler weiter um Andenken balgten; er ging weiter, spürte die Bewunderung der Zuschauer wie korperlichen Ekel, und er rief es dreimal: Hipp-Hipp-Hurra; wie geprügelte Hunde schlichen die Ottoner zurück, um den Ball zu suchen; es galt als unauslöschlicher Makel, ihn nicht gefunden zu haben.

      „Und ich wusste doch, Hugo, wie scharf Nettlinger auf den Sieg gewesen war: ‚Siegen um jeden Preis‘, hatte er gesagt, und er hatte unseren Sieg aufs Spiel gesetzt, nur damit einer der Gegner Gelegenheit fände, Schrella immer wieder mit dem Ball zu treffen, und Ben Wackes musste mit ihnen im Bund sein; ich hatte es gesehen, ich als einziger.“

      Er hatte Angst, als er jetzt auf die Umkleidekabinen zuging, Angst vor Schrella und dem, was er ihm sagen würde. Es war plötzlich kühl geworden, fließende Abendnebel stiegen aus den Wiesen hoch, kamen vom Fluss her, umgaben das Haus, wo die Umkleidekabinen lagen, wie Watteschichten. Warum, warum machten sie das mit Schrella, stellten ihm ein Bein, wenn er zur Pause die Treppe hinunterging; er schlug mit dem Kopf auf die stählerne Treppenkante, der Stahlbügel der Brille bohrte sich ins Ohrläppchen, und viel zu spät kam Wackes mit dem Erste-Hilfe-Kasten aus dem Lehrerzimmer. Nettlinger, mit höhnischem Gesicht, hielt ihm den Leukoplaststreifen stramm, damit er ein Stück abschneiden könne; sie überfielen Schrella auf dem Heimweg, zerrten ihn in Hauseingänge, verprügelten ihn zwischen Abfalleimern und abgestellten Kinderwagen, stießen ihn dunkle Kellertreppen hinunter, und dort unten lag er lange, mit gebrochenem Arm, im Kohlengeruch, Geruch keimender Kartoffeln, im Anblick staubiger Einmachgläser; bis ein Junge, der ausgeschickt war,


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<p>16</p>

Die Zeile aus dem Gedicht von Hölderlin „Wie wenn am Feiertage“.

<p>17</p>

Antinoos (latinisiert Antinous; * 27. November zwischen 110 und 115 in Bithynion-Klaudiopolis, Bithynien; † am oder kurz vor dem 30. Oktober 130 im Nil bei Besa) war ein Günstling und vermutlich Geliebter des römischen Kaisers Hadrian. Nach seinem Tod wurde er zum Gott erklärt und verehrt. Idealjugendlicher Schönheit.

<p>18</p>

Sextaner m – Schüler der Sexta (ersterklasse eines Gymnasiums).

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