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Жизнь взаймы / Der Himmel kennt keine Günstlinge. Эрих Мария РемаркЧитать онлайн книгу.

Жизнь взаймы / Der Himmel kennt keine Günstlinge - Эрих Мария Ремарк


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ist etwas für den Schreck, den ich Ihnen bereitet habe.« »Herzlichen Dank! Ich werde es mit meinem Kollegen Josef teilen. Nach einem so traurigen Geschäft schmeckt ein Bier mit Korn immer besonders gut. Nehmen Sie es sich nicht zu sehr zu Herzen, Fräulein. Einmal müssen wir alle dran glauben.«

      »Ja«, erwiderte Lillian. »Das ist ein Trost. Ein wirklich wunderbarer Trost ist das, nicht wahr?«

      Sie stand in ihrem Zimmer. Alle Lichter brannten. Ich bin verrückt, dachte sie. Ich habe Angst vor der Nacht. Ich habe Angst vor mir selbst. Was soll ich tun? Ich kann ein Schlafmittel nehmen und das Licht brennen lassen. Ich kann Boris anrufen und mit ihm sprechen. Sie hob die Hand nach dem Telefon, aber sie nahm den Hörer nicht ab. Sie wußte, was er ihr sagen würde.

      Sie setzte sich in einen Sessel am Fenster. Ich bin vierundzwanzig Jahre alt, dachte sie, ebenso alt wie Agnes. Vier Jahre bin ich hier oben. Davor war fast sechs Jahre lang Krieg. Was kenne ich vom Leben? Zerstörung, die Flucht[13] aus Belgien, Tränen, Angst, den Tod meiner Eltern, Hunger, und dann die Krankheit durch den Hunger und die Flucht. Davor war ich ein Kind.

      Ich kenne Okkupationen und Furcht und Verstecken und Kälte. Glück?

      Ein Zimmer ohne Heizung war schon Glück gewesen, ein Brot, ein Keller, ein Platz, der nicht beschossen wurde. Dann war das Sanatorium gekommen. Sie starrte aus dem Fenster. Unten stand ein Schlitten neben dem Eingang für Lieferanten und Dienstboten. Vielleicht war es schon der Schlitten für Agnes Somerville. Vor einem Jahr war sie lachend mit Pelzen und Blumen am Haupteingang des Sanatoriums angekommen; jetzt verließ sie das Haus heimlich durch den Dienstboteneingang, als hätte sie ihre Rechnung nicht bezahlt. Vor sechs Wochen hatte sie mit Lillian noch Pläne gemacht für die Abreise.

      Das Telefon klingelte. Sie hob es ab. »Ja, Boris. Ja, Boris. Ja, ich bin vernünftig – ja, ich weiß, daß viel mehr Menschen an Herzschlag und Krebs sterben – ich habe die Statistiken gelesen, ja, viele werden geheilt, ja, ja – die neuen Mittel, ja, Boris, ich bin vernünftig, bestimmt – nein, komm nicht – ja, ich liebe dich, Boris, natürlich –«

      Sie legte den Hörer auf. »Vernünftig«, sagte sie »vernünftig!« Mein Gott, dachte sie, ich bin viel zu lange vernünftig gewesen! Wozu? Um in Zimmer sieben neben dem Gepäckaufzug zu sein?

      Sie sah auf die Uhr. Es war kurz vor neun. Die Nacht lag dunkel und endlos vor ihr, voll mit Panik und Langeweile.

      Lillian stand auf. Nur jetzt nicht alleinbleiben! Es mußten noch ein paar Leute unten sein – Hollmann zumindest und sein Besuch.

      Im Speisezimmer saßen außer Hollman und Clerfayt noch drei Südamerikaner, zwei Männer und eine ziemlich dicke, kleine Frau. Alle drei waren schwarzgekleidet; alle drei schwiegen.

      »Sie kommen aus Bogotá«, sagte Hollmann. »Man hat ihnen telegrafiert. Die Tochter des Mannes mit der Brille lag im Sterben. Aber seit sie hier sind, geht es dem Mädchen plötzlich besser. Jetzt wissen sie nicht, was sie tun sollen – zurückfliegen oder hier bleiben.«

      »Warum bleibt die Mutter nicht hier, und die andern fliegen zurück?«

      »Die dicke Frau ist nicht die Mutter. Sie ist die Stiefmutter; sie hat das Geld, von dem Manuela hier lebt. Sie schickten regelmäßig den Scheck und lebten in Bogotá, und Manuela lebte hier – seit fünf Jahren – und schrieb monatlich einen Brief. Der Vater und die Stiefmutter haben längst Kinder, die Manuela nicht kennt. Die Frau wollte den Mann nicht allein fliegen lassen. Sie ist älter als er und eifersüchtig, und sie weiß, daß sie zu dick ist. Jetzt will sie zeigen, daß sie sie liebt. Es ist also nicht nur eine Sache der Eifersucht, sondern auch eine des Prestiges. So sitzen sie da und warten.«

      »Und Manuela?«

      »Der Vater und die Stiefmutter liebten sie heiß, als sie ankamen, weil sie ja jede Stunde sterben sollte. Die arme Manuela, die nie Liebe gekannt hatte, war dadurch so beglückt, daß sie begann sich zu erholen. Jetzt sind die Eltern bereits ungeduldig. In einer Woche werden sie Manuela hassen, weil sie nicht schnell genug stirbt.«

      Die drei schwarzen Gestalten standen auf. Sie hatten kein Wort miteinander gesprochen.

      Sie stießen fast mit Lillian Dunkerque zusammen, die so rasch hereinkam, daß die dicke Frau erschrak. Lillian ging eilig an den Tisch zu Hollmann und Clerfayt. »Ich scheine heute abend jeden Menschen zu erschrecken.«

      »Wen sonst?« fragte Hollmann.

      »Den Hausknecht.«

      »Was? Josef?«

      »Nein, den andern, der Josef hilft. Sie wissen schon –«

      Hollmann nickte. »Uns erschrecken Sie nicht, Lillian.«

      »Josef ist an der Tür heute nacht. Ich habe mich erkundigt. Wir können raus. Kommen Sie mit?«

      »Wohin? In die Palace Bar?«

      »Wohin sonst?«

      »In der Palace Bar ist nichts los«, sagte Clerfayt. »Ich komme gerade daher.«

      Hollmann lachte. »Für uns ist immer genug los. Selbst wenn kein Mensch da ist.«

      Hollmann hob die Schultern. »Ich habe etwas Temperatur, Lillian. Plötzlich, heute abend – weiß der Teufel, warum! Vielleicht, weil ich den schmutzigen Sportwagen Clerfayts wieder gesehen habe.«

      Eine Putzfrau kam herein und begann, die Stühle auf die Tische zu stellen, um aufzuwischen.

      Hollmann sah sie verlegen an. »Wie ist es mit Boris? Will er nicht mit?«

      »Boris glaubt, ich schliefe. Ich habe ihn schon heute nachmittag gezwungen, mit mir auszufahren. Er würde es nicht noch einmal tun.«

      Die Putzfrau zog die Vorhänge auf. »Da ist das Krokodil«, sagte Hollmann.

      Die Oberschwester stand in der Tür. Sie lächelte mit starkem Gebiss und kalten Augen. »Feierabend, meine Herrschaften!« Sie sagte nichts darüber, daß Lillian Dunkerque noch auf war. »Feierabend«, wiederholte sie. »Zu Bett! Zu Bett! Morgen ist auch noch ein Tag!«

      Lillian stand auf. »Sind Sie dessen so sicher?«

      »Ganz sicher«, erwiderte die Oberschwester. »Für Sie liegt ein Schlafmittel auf Ihrem Nachttisch, Miss Dunkerque. Sie werden ruhen wie in Morpheus’ Armen!«

      »Wie in Morpheus’ Armen!« wiederholte Hollmann mit Abscheu, als sie gegangen war. »Das Krokodil ist die Königin der Klischees. Heute abend war sie noch gnädig. Warum müssen diese Polizistinnen der Gesundheit jeden Menschen, wenn er in ein Hospital kommt, mit dieser entsetzlich geduldigen Überlegenheit behandeln, als wäre er ein Kind oder ein Kretin?«

      »Es ist die Rache für ihren Beruf«, erwiderte Lillian böse. »Wenn Kellner und Krankenschwestern das nicht hätten, stürben sie an Minderwertigkeitskomplexen[14]

      Sie standen in der Halle vor dem Aufzug. »Wohin gehen Sie jetzt?« fragte Lillian Clerfayt.

      Er sah sie an. »Zur Palace Bar.«

      »Nehmen Sie mich mit?«

      Er zögerte einen Augenblick[15]. Er hatte gewisse Erfahrungen mit überspannten Russinnen. Auch mit Halbrussinnen. Aber dann erinnerte er sich an die Szene mit dem Schlitten und an das stolze Gesicht Wolkows. »Warum nicht?« sagte er.

      Sie lächelte ein hilfloses Lächeln.

      »Wo soll ich Sie abholen? Oder wollen Sie gleich mitkommen?«

      »Nein. Sie müssen durch den Haupteingang hinausgehen. Das Krokodil paßt dort auf. Gehen Sie dann die erste Serpentine herunter, nehmen Sie dort einen Schlitten, und fahren Sie rechts hinter das Sanatorium zum Eingang für Lieferanten und Dienstboten. Ich komme da heraus.«

      »Gut.«

      Lillian stieg in den Aufzug. Hollmann wandte sich zu Clerfayt. »Es macht dir doch nichts, daß ich heute abend nicht mitkomme?«

      »Natürlich nicht. Ich fahre ja morgen noch nicht weg.«

      Hollmann


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<p>13</p>

Побег, эвакуация

<p>14</p>

Комплекс неполноценности

<p>15</p>

Он задумался на минуту.

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