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Die Elixiere des Teufels. E. T. A. HoffmannЧитать онлайн книгу.

Die Elixiere des Teufels - E. T. A. Hoffmann


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das Schloß umgab; in einer dunklen Seitenallee sah ich zwei Männer wandeln, von denen der eine wie ein Weltgeistlicher gekleidet war. Sie kamen mir näher, aber ohne mich gewahr zu werden, gingen sie in tiefem Gespräch bei mir vorüber. Der Weltgeistliche war ein Jüngling, auf dessen schönem Gesichte die Totenblässe eines tief nagenden Kummers lag, der andere, schlicht, aber anständig gekleidet, schien ein schon bejahrter Mann. Sie setzten sich, mir den Rücken zuwendend, auf eine steinerne Bank, ich konnte jedes Wort verstehen, was sie sprachen. "Hermogen!" sagte der Alte, "Sie bringen durch Ihr starrsinniges Schweigen Ihre Familie zur Verzweiflung, Ihre düstre Schwermut steigt mit jedem Tage, Ihre jugendliche Kraft ist gebrochen, die Blüte verwelkt, Ihr Entschluß, den geistlichen Stand zu wählen, zerstört alle Hoffnungen, alle Wünsche Ihres Vaters! – Aber willig würde er diese Hoffnung aufgeben, wenn ein wahrer innerer Beruf, ein unwiderstehlicher Hang zur Einsamkeit von Jugend auf den Entschluß in Ihnen erzeugt hätte, er würde dann nicht dem zu widerstreben wagen, was das Schicksal einmal über ihn verhängt. Die plötzliche Änderung Ihres ganzen Wesens hat indessen nur zu deutlich gezeigt, daß irgendein Ereignis, das Sie uns hartnäckig verschweigen, Ihr Inneres auf furchtbare Weise erschüttert hat und nun zerstörend fortarbeitet. – Sie waren sonst ein froher, unbefangener, lebenslustiger Jüngling! – Was konnte Sie denn dem Menschlichen so entfremden, daß Sie daran verzweifeln, in eines Menschen Brust könne Trost für Ihre kranke Seele zu finden sein? Sie schweigen? Sie starren vor sich hin? – Sie seufzen? Hermogen! Sie liebten sonst Ihren Vater mit seltener Innigkeit, ist es Ihnen aber jetzt unmöglich worden, ihm Ihr Herz zu erschließen, so quälen Sie ihn wenigstens nicht durch den Anblick Ihres Rocks, der auf den für ihn entsetzlichen Entschluß hindeutet. Ich beschwöre Sie, Hermogen! werfen Sie diese verhaßte Kleidung ab. Glauben Sie mir, es liegt eine geheimnisvolle Kraft in diesen äußerlichen Dingen; es kann Ihnen nicht mißfallen, denn ich glaube von Ihnen ganz verstanden zu werden, wenn ich in diesem Augenblick, freilich auf fremdartig scheinende Weise, der Schauspieler gedenke, die oft, wenn sie sich in das Kostüm geworfen, wie von einem fremden Geist sich angeregt fühlen und leichter in den darzustellenden Charakter eingehen. Lassen Sie mich, meiner Natur gemäß, heitrer von der Sache sprechen, als sich sonst wohl ziemen würde. – Meinen Sie denn nicht, daß, wenn dieses lange Kleid nicht mehr Ihren Gang zur düstern Gravität einhemmen würde, Sie wieder rasch und froh dahin schreiten, ja laufen, springen würden wie sonst? Der blinkende Schein der Epauletts, die sonst auf Ihren Schultern prangten, würde wieder jugendliche Glut auf diese blassen Wangen werfen, und die klirrenden Sporen würden wie liebliche Musik dem muntern Rosse ertönen, das Ihnen entgegenwieherte, vor Lust tanzend und den Nacken beugend dem geliebten Herrn. Auf, Baron! – Herunter mit dem schwarzen Gewände, das Ihnen nicht ansteht! – Soll Friedrich Ihre Uniform hervorsuchen?"

      Der Alte stand auf und wollte fortgehen, der Jüngling fiel ihm in die Arme. "Ach, Sie quälen mich, guter Reinhold!" rief er mit matter Stimme, "Sie quälen mich unaussprechlich! – Ach, je mehr Sie sich bemühen, die Saiten in meinem Innern anzuschlagen, die sonst harmonisch erklangen, desto mehr fühle ich, wie des Schicksals eherne Faust mich ergriffen, mich erdrückt hat, so daß, wie in einer zerbrochenen Laute, nur Mißtöne in mir wohnen!" – "So scheint es Ihnen, lieber Baron",'fiel der Alte ein, "Sie sprechen von einem Ungeheuern Schicksal, das Sie ergriffen, worin das bestanden, verschweigen Sie; dem sei aber, wie ihm wolle, ein Jüngling, so wie Sie, mit innerer Kraft, mit jugendlichem Feuermute ausgerüstet, muß vermögen, sich gegen des Schicksals eherne Faust zu wappnen, ja er muß, wie durchstrahlt von einer göttlichen Natur, sich über sein Geschick erheben und so, dies höhere Sein in sich selbst erweckend und entzündend, sich emporschwingen über die Qual dieses armseligen Lebens! Ich wüßte nicht, Baron, welch ein Geschick denn imstande sein sollte, dies kräftige innere Wollen zu zerstören." – Hermogen trat einen Schritt zurück, und den Alten mit einem düsteren, wie im verhaltenen Zorn glühenden Blicke, der etwas Entsetzliches hatte, anstarrend, rief er mit dumpfer, hohler Stimme: "So wisse denn, daß ich selbst das Schicksal bin, das mich vernichtet, daß ein ungeheures Verbrechen auf mir lastet, ein schändlicher Frevel, den ich abbüße in Elend und Verzweiflung. – Darum sei barmherzig und flehe den Vater an, daß er mich fortlasse in die Mauern!" – "Baron", fiel der Alte ein, "Sie sind in einer Stimmung, die nur dem gänzlich zerrütteten Gemüte eigen, Sie sollen nicht fort, Sie dürfen durchaus nicht fort. In diesen Tagen kommt die Baronesse mit Aurelien, die müssen Sie sehen." Da lachte der Jüngling wie in furchtbarem Hohn und rief mit einer Stimme, die durch mein Innres dröhnte: "Muß ich? – muß ich bleiben? – Ja, wahrhaftig, Alter, du hast recht, ich muß bleiben, und meine Buße wird hier schrecklicher sein als in den dumpfen Mauern." – Damit sprang er fort durch das Gebüsch und ließ den Alten stehen, der, das gesenkte Haupt in die Hand gestützt, sich ganz dem Schmerz zu überlassen schien. "Gelobt sei Jesus Christus!" sprach ich, zu ihm hinantretend. – Er fuhr auf, er sah mich ganz verwundert an, doch schien er sich bald auf meine Erscheinung wie auf etwas ihm schon Bekanntes zu besinnen, indem er sprach: "Ach gewiß sind Sie es, ehrwürdiger Herr! dessen Ankunft uns die Frau Baronesse zum Trost der in Trauer versunkenen Familie schon vor einiger Zeit ankündigte?" – Ich bejahte das, Reinhold ging bald ganz in die Heiterkeit über, die ihm eigentümlich zu sein schien, wir durchwanderten den schönen Park und kamen endlich in ein dem Schlosse ganz nahgelegenes Boskett, vor dem sich eine herrliche Aussicht ins Gebürge öffnete. Auf seinen Ruf eilte der Bediente, der eben aus dem Portal des Schlosses trat, herbei, und bald wurde uns ein gar stattliches Frühstück aufgetragen. Während daß wir die gefüllten Gläser anstießen, schien es mir, als betrachte mich Reinhold immer aufmerksamer, ja, als suche er mit Mühe eine halb erloschene Erinnerung aufzufrischen. Endlich brach er los: "Mein Gott, ehrwürdiger Herr! Alles müßte mich trügen, wenn Sie nicht der Pater Medardus aus dem Kapuzinerkloster in . . r – wären, aber wie sollte das möglich sein? – und doch! Sie sind es – Sie sind es gewiß – sprechen Sie doch nur!" – Als hätte ein Blitz aus heitrer Luft mich getroffen, bebte es bei Reinholds Worten mir durch alle Glieder. Ich sah mich entlarvt, entdeckt, des Mordes beschuldigt, die Verzweiflung gab mir Stärke, es ging nun auf Tod und Leben. "Ich bin allerdings der Pater Medardus aus dem Kapuzinerkloster in … r – und mit Auftrag und Vollmacht des Klosters auf einer Reise nach Rom begriffen." – Dies sprach ich mit all der Ruhe und Gelassenheit, die ich nur zu erkünsteln vermochte. "So ist es denn vielleicht nur Zufall", sagte Reinhold, "daß Sie auf der Reise, vielleicht von der Heerstraße verirrt, hier eintrafen, oder wie kam es, daß die Frau Baronesse mit Ihnen bekannt wurde und Sie herschickte?" – Ohne mich zu besinnen, blindlings das nachsprechend, was mir eine fremde Stimme im Innern zuzuflüstern schien, sagte ich: "Auf der Reise machte ich die Bekanntschaft des Beichtvaters der Baronesse, und dieser empfahl mich, den Auftrag hier im Hause zu vollbringen." "Es ist wahr", fiel Reinhold ein, "so schrieb es ja die Frau Baronesse. Nun, dem Himmel sei es gedankt, der Sie zum Heil des Hauses diesen Weg führte, und daß Sie, als ein frommer, wackrer Mann, es sich gefallen lassen, mit Ihrer Reise zu zögern, um hier Gutes zu stiften. Ich war zufällig vor einigen Jahren in … r – und hörte Ihre salbungsvollen Reden, die Sie in wahrhaft himmlischer Begeisterung von der Kanzel herab hielten. Ihrer Frömmigkeit, Ihrem wahren Beruf, das Heil verlorner Seelen zu erkämpfen mit glühendem Eifer, Ihrer herrlichen, aus innerer Begeisterung hervorströmenden Rednergabe traue ich zu, daß Sie das vollbringen werden, was wir alle nicht vermochten. Es ist mir lieb, daß ich Sie traf, ehe Sie den Baron gesprochen, ich will dies dazu benutzen, Sie mit den Verhältnissen der Familie bekannt zu machen und so aufrichtig zu sein, als ich es Ihnen, ehrwürdiger Herr, als einem heiligen Manne, den uns der Himmel selbst zum Trost zu schicken scheint, wohl schuldig bin. Sie müssen auch ohnedem, um Ihren Bemühungen die richtige Tendenz und gehörige Wirkung zu geben, über manches wenigstens Andeutungen erhalten, worüber ich gern schweigen möchte. – Alles ist übrigens mit nicht gar zu viel Worten abgetan. – Mit dem Baron bin ich aufgewachsen, die gleiche Stimmung unsrer Seelen machte uns zu Brüdern und vernichtete die Scheidewand, die sonst unsere Geburt zwischen uns gezogen hätte. Ich trennte mich nie von ihm und wurde in demselben Augenblick, als wir unsere akademischen Studien vollendet und er die Güter seines verstorbenen Vaters hier im Gebürge in Besitz nahm, Intendant dieser Güter. – Ich blieb sein innigster Freund und Bruder und als solcher eingeweiht in die geheimsten Angelegenheiten seines Hauses. Sein Vater hatte seine Verbindung mit einer ihm befreundeten Familie durch eine Heirat gewünscht, und um so freudiger erfüllte er diesen Willen, als er in der ihm bestimmten Braut ein herrliches, von der Natur reich ausgestattetes Wesen fand,


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