Ritter von Harmental. Александр ДюмаЧитать онлайн книгу.
will ich mich Ihnen noch einmal anvertrauen,« lächelte der Gesandte.
»Marquis von Pompadour, Sie begleiten den Herrn von Harmental,« sprach die Herzogin.«
»Darf ich nicht zuvor von meiner liebenswürdigen Fledermaus Abschied nehmen?« fragte der Chevalier, denn ihr verdanke ich das Glück, daß ich Ew. Hoheit meine Dienste anbieten konnte.«
»De Launay,« rief die Herzogin, indem sie den Prinzen von Cellamare und den Grafen de Laval bis zur Thür begleitete, »de Launay! hier ist der Chevalier von Harmental, welcher behauptet, Du wärst die größte Zauberin, der er jemals begegnete.«
»Nun, fragte lächend diejenige, welche späterhin unter den Namen Frau von Staal so interessante Memoiren zurückgelassen hat. »Glauben Sie jetzt an meine Prophezeihungen, Herr Chevalier?«
»Ich glaube, weil ich hoffe,« versetzte Harmental. »Wie aber konnten Sie von meiner Vergangenheit und Gegenwart unterrichtet seyn?«
»Sey, aufrichtig de Launay, und quäle ihn nicht länger,« lächelte die Herzogin, »er würde uns sonst für wirkliche Zauberinnen halten und Furcht vor uns bekommen.«
»Verließen Sie diesen Morgen im Bois de Boulogne keinen Freund,« fragte Demoiselle de Launay, der hierher kam, um von uns Abschied zu nehmen?
»Valef war es also, Valef, rief der Chevalier, »ja jetzt begreife ich Alles.«
Herr von Pompadour erfaßte jetzt den Arm des Chevaliers und, nachdem sich beide vor der Herzogin verbeugt hatten, begaben sie sich hinweg, von dem Abbé Brigaud gefolgt.
»Glauben Ew. Eminenz noch, daß es mit einer Verschwörung etwas so Furchtbares auf sich habe?« fragte die Herzogin den Cardinal von Polignac, welcher mit dem Grafen Malezieux noch zurückgeblieben war.
»Ich werde Ew. Hoheit auf diese Frage Antwort geben, wenn wir uns sämmtlich in der Bastille befinden werden, erwiderte der Cardinal, indem er sich verbeugte und mit dem Kanzler Malezieux das Gemach ebenfalls verließ.
Die Herzogin blickte ihm mit einem verächtlichen Lächeln nach, dann wandte sie sich zu Fräulein de Launay und sprach in einem Zufriedenheit verkündenden Tone: »Wir haben unsere Laterne nicht umsonst gebraucht, wir haben endlich einen Menschen gefunden.«
VII.
Alberoni. – Ein Pascha von unserer Bekanntschaft
Als Harmental erwachte, glaubte er geträumt zu haben. Die Begebenheiten waren seit sechs und dreißig Stunden mit einer solchen Schnelligkeit auf einander gefolgt, daß er wie von einem Sturmwinde fortgepeitscht wurde, ohne zu wissen wohin. Jetzt erst befand er sich wieder bei sich selbst, jetzt erst hatte er Zeit über die Vergangenheit und Zukunft nachzudenken.
Das Zeitalter in welchem Harmental lebte, ließ am fernen Horizont noch die Ligue, ja fast die Fronde erblicken; eine Generation war kaum dahingeschwunden, seit die Kanonen der Bastille die Rebellion des großen Condé unterstützten. Während dieser Generation hatte allerdings Ludwig XIV. den Schauplatz mit seinem allmächtigen Willen ausgefüllt. Dieser Monarch aber war nicht mehr, und die Enkel wähnten, mit demselben Theater und denselben Maschinen, dasselbe Spiel ihrer Vorfahren spielen zu können.
Wenn also auch der Chevalier von Harmental, bei seinem Erwachen, einen Augenblick fast Reue empfand, über dasjenige, wozu er sich verpflichtet hatte, so brachten denn doch Ehrgeiz und Stolz dieses Gefühl bald wieder zum Schweigen, und er wünschte sich endlich Glück, in einem Schauspiele, in welchem die vornehmsten Personen Frankreichs mitwirken sollten, die erste Rolle übernommen zu haben. Es schien ihm, dem jungen Manne, höchst romantisch, unter dem Banner einer Frau zu fechten, zumal, da diese Frau eine Enkelin des großen Condé war. Er beschloß daher auch keinen Moment zu verlieren, um den Versprechungen nachzukommen, die er geleistet. Er verbarg es sich nicht, daß er sich von jetzt an nicht mehr selbst angehöre, und daß die Blicke aller Verschwornen, von Philipp V. an, bis zu dem Abbé Brigaud hinab, auf ihn gerichtet wären. Höhere Interessen knüpften sich jetzt an seinen Willen, und von seinem Muthe, seiner Besonnenheit hing jetzt das Schicksal zweier Königreiche, ja das der Politik der Welt ab.
Wirklich war in jenem Zeitpunkte der Regent der Schlüssel zu dem Thore Europa’s, und Frankreich, das noch kein Gegengewicht im Norden hatte, begann bereits, wenn auch nicht durch die Waffen, doch durch die Diplomatik, jenen Einfluß zu behaupten, den es später nicht immer aufrecht erhalten konnte. Seit den achtzehn Monaten der Regentschaft des Herzogs von Orleans hatte es eine so mächtige und ruhige Stellung angenommen, wie es sie selbst unter Ludwig XIV. nicht gezeigt.
Mit dem Tode des alten Königs hatte sich alles verändert, der für Frankreich so schmachvolle Friede von Utrecht, ward nur noch als ein Waffenstillstand betrachtet, den man nach Willkühr brechen konnte, sobald die Politik, Englands und Hollands mit der Frankreichs nicht gleichen Schritt hielt. Der Tractat der vierfachen Allianz, um dessentwillen sich Dubois jetzt in London aufhielt, vereinte die Interessen Frankreichs, Englands, Hollands und des Reichs; und er war es, den Philipp V. oder vielmehr der Cardinal Alberoni fürchtete, denn der Erstere bekümmerte sich, wenn er nur eine Gemahlin und einen Betschemel hatte, wenig um das, was außer einem Zimmer und seiner Kapelle vorging.
Ein anderes aber war es mit Alberoni. Er war einer jener Emporkömmlinge, die sich oft um die Throne erheben, wie jene riesigen Luftgebilde, die auf dem Ocean drohend und gewaltig dem Schiffer entgegen schweben, und die dennoch plötzlich wieder verschwinden, wenn der niedrigste Matrose auch nur einen einzigen gemeinen Kieselstein gegen sie in die Fluth geschleudert.
Alberoni war in der Hütte eines Gärtners geboren. Als Kind läutete er die Glocken in der Kirche, später widmete er sich dem geistlichen Stande. Er war stets fröhlich und guter Dinge; der Herzog von Parma, welcher ihn eines Tages überlaut lachen hörte, und selten selbst nur lachte, wollte die Ursache seiner Lustigkeit kennen, und ließ ihn zu sich rufen. Der junge Alberoni erzählte ihm, ich weiß nicht welche lustige Geschichte; der Herzog lachte mit, und sich überzeugend, daß es gut say, mitunter zu lachen, fesselte er ihn an seine Person. Nach und nach entdeckte der Herzog, daß sein lustiger Rath Verstand besitze, und daß dieser in den Geschäften zu verwenden say; er sandte daher den nunmehrigen Abbé Alberoni nach Frankreich, um die Unterhandlungen wieder anzuknüpfen, die der Bischof von Parma abgebrochen hatte.
Herr von Vendome, welcher wenige Umstände mit dem Bischof gemacht hatte, machte noch weniger facon mit einem Abbé; der Letztere aber wußte den Herrn von Vendome so geschickt zu bearbeiten, daß er seinen Zweck erreichte und zu seinem Beschützer zurückkehrte, nachdem er die Sache ganz nach dessen Wunsch beendigt hatte.
Dies war der Grund, daß der Herzog von Parma ihm ein zweites Geschäft bei dem Herrn von Vendome übertrug. Der Letztere wollte sich grade zu Tische setzen, da bat Alberoni, statt mit ihm von Staatsangelegenheiten zu sprechen, um Erlaubniß, ihm einige Gerichte nach seiner Weise bereiten zu dürfen, Er begab sich hinab in die Küche und kehrte zurück, eine köstliche Suppe in der einen Hand, und in der andern eine Schüssel Maccaroni tragend. Herr von Vendome fand die Gerichte so delikat, daß er Alberoni ersuchte, sich zu ihm zu setzen, und mit ihm davon zu speisen. Beim Nachtisch erst begann der Letztere von dem Geschäft zu sprechen, das ihn hierher geführt; er benutzte die heitere Stimmung seines Tischgenossen, und erreichte vollkommen seinen Zweck.
Alberoni war so klug gewesen, dem Koch des Herrn von Vendome ein Recept nicht mitzutheilen, auch war es jetzt der Letztere, welcher bei dem Herzog von Parma anfragen ließ, ob er nicht wieder etwas mit ihm zu verhandeln habe. Dieser fand leicht einen Beweggrund sandte ihm den Alberoni zum dritten Male, und Herr von Vendome, der sich nicht mehr von dem Fabrikanten der Suppe und der Maccaroni trennen mochte, fesselte ihn ganz und gar an seine Person, vertrauete ihm eine geheimsten Angelegenheiten an und ernannte ihn zu seinem ersten Secretair.
Um diese Zeit grade begab sich Herr von Vendome nach Spanien. Alberoni setzte sich mit der Prinzessin von Urfins in Verbindung, und als Herr von Vendome zu Pignerol starb, gewährte ihm jene bei ihr die Stellung, die er früher bei diesem inne gehabt. Das hieß fortwährend steigen.
Die Prinzessin von Urfins aber begann alt zu werden, ein unverzeihliches Verbrechen in den Augen Philipps des Fünften. Sie beschloß daher sich, um Marie von Savoyen