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Der grune Kakadu. Arthur SchnitzlerЧитать онлайн книгу.

Der grune Kakadu - Arthur Schnitzler


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Verstehst Du? Sie erzählen haarsträubende Geschichten, die sie nie erlebt – sprechen von Unthaten, die sie nie begangen haben … . . und das Publikum, das hierher kommt, hat den angenehmen Kitzel, unter dem gefährlichsten Gesindel von Paris zu sitzen – unter Gaunern, Einbrechern, Mördern – und –

      Lebrêt. Was für ein Publikum?

      Wirth. Die elegantesten Leute von Paris.

      Grasset. Adelige … . .

      Wirth. Herren vom Hof –

      Lebrêt. Nieder mit ihnen!

      Grasset. Das ist was für sie. Das rüttelt ihnen die erschlafften Sinne auf. Hier hab ich angefangen, Lebrêt, hier hab' ich meine erste Rede gehalten, als wenn es zum Spaß wäre … . . und hier hab' ich die Hunde zu hassen begonnen, die mit ihren schönen Kleidern, parfumirt, angefressen, unter uns saßen … . . und es ist mir ganz recht, mein guter Lebrêt, daß Du auch einmal die Stätte siehst, von wo Dein großer Freund ausgegangen ist. In anderem Ton Sag, Prospère, wenn die Sache schief ginge … . .

      Wirth. Welche Sache?

      Grasset. Nun, die Sache mit meiner politischen Carrière … . würdest Du mich wieder engagieren?

      Wirth. Nicht um die Welt!

      Grassetleicht. Warum? – Es könnte vielleicht noch Einer neben Deinem Henri aufkommen.

      Wirth. Abgesehen davon … . . ich hätte Angst, daß Du Dich einmal vergessen könntest – und über einen meiner zahlenden Gäste im Ernst herfielst.

      Grassetgeschmeichelt. Das wäre allerdings möglich. –

      Wirth. Ich … . . ich hab mich doch in der Gewalt –

      Grasset. Wahrhaftig, Prospère, ich muß sagen, daß ich Dich wegen Deiner Selbstbeherrschung bewundern würde, wenn ich nicht zufällig wüßte, daß Du ein Feigling bist.

      Wirth. Ach, mein Lieber, mir genügt das, was ich in meinem Fach leisten kann. Es macht mir Vergnügen genug, den Kerlen meine Meinung in's Gesicht sagen zu können und sie zu beschimpfen nach Herzenslust – während sie es für Scherz halten. Es ist auch eine Art, seine Wuth los zu werden. – Zieht einen Dolch und läßt ihn funkeln.

      Lebrêt. Bürger Prospère, was soll das bedeuten?

      Grasset. Habe keine Angst. Ich wette, daß der Dolch nicht mal geschliffen ist.

      Wirth. Da könntest Du doch irren, mein Freund; irgend einmal kommt ja doch der Tag, wo aus dem Spaß Ernst wird – und darauf bin ich für alle Falle vorbereitet.

      Grasset. Der Tag ist nah. Wir leben in einer großen Zeit! Komm, Bürger Lebrêt, wir wollen zu den Unsern. Prospère, leb wohl, Du siehst mich als großen Mann wieder oder nie.

      Lebrêttorkelig. Als großen Mann … . . oder … . . nie –

      Sie gehen ab.

      Wirthbleibt zurück, setzt sich auf einen Tisch, schlägt eine Brochure auf und liest vor sich hin. »Jetzt steckt das Vieh in der Schlinge, erdrosselt es!« – Er schreibt nicht übel, dieser kleine Desmoulins. »Noch nie hat sich Siegern eine reichere Beute dargeboten. Vierzigtausend Paläste und Schlösser, zwei Fünftel aller Güter in Frankreich werden der Lohn der Tapferkeit sein, – die sich für Eroberer halten, werden unterjocht, die Nation wird gereinigt werden.«

      Der Commissär tritt ein.

      Wirthmißt ihn. Na, das Gesindel rückt ja heute früh ein?

      Commissär. Mein lieber Prospère, mit mir machen Sie keine Witze; ich bin der Commissär Ihres Bezirks.

      Wirth. Und womit kann ich dienen?

      Commissär. Ich bin beauftragt, dem heutigen Abend in Ihrem Lokal beizuwohnen.

      Wirth. Es wird mir eine besondere Ehre sein.

      Commissär. Es ist nicht darum, mein bester Prospère. Die Behörde will Klarheit haben, was bei Ihnen eigentlich vorgeht. Seit einigen Wochen –

      Wirth. Es ist ein Vergnügungslokal, Herr Commissär, nichts weiter.

      Commissär. Lassen Sie mich ausreden. Seit einigen Wochen soll dieses Lokal der Schauplatz wüster Orgien sein.

      Wirth. Sie sind falsch berichtet, Herr Commissär. Man treibt hier Späße, nichts weiter.

      Commissär. Damit fängt es an. Ich weiß. Aber es hört anders auf, sagt mein Bericht. Sie waren Schauspieler?

      Wirth. Direktor, Herr Commissär, Direktor einer vorzüglichen Truppe, die zulegt in Denis spielte.

      Commissär. Das ist gleichgiltig. Dann haben Sie eine kleine Erbschaft gemacht?

      Wirth. Nicht der Rede werth, Herr Commissär.

      Commissär. Ihre Truppe hat sich aufgelöst?

      Wirth. Meine Erbschaft nicht minder.

      Commissärlächelnd. Ganz gut. Beide lächeln. – Plötzlich ernst. Sie haben sich ein Wirthsgeschäft eingerichtet?

      Wirth. Das miserabel gegangen ist.

      Commissär. – Worauf Sie eine Idee gefaßt haben, der man eine gewisse Originalität nicht absprechen kann.

      Wirth. Sie machen mich stolz, Herr Commissär.

      Commissär. Sie haben Ihre Truppe wieder gesammelt und lassen sie hier eine sonderbare und nicht unbedenkliche Komödie spielen.

      Wirth. Wäre sie bedenklich, Herr Commissär, so hätte ich nicht mein Publikum – ich kann sagen, das vornehmste Publikum von Paris. Der Vicomte von Nogeant ist mein täglicher Gast. Der Marquis von Lansac kommt öfters; und der Herzog von Cadignan, Herr Commissär, ist der eifrigste Bewunderer meines ersten Schauspielers, des berühmten Henri Baston.

      Commissär. Wohl auch der Kunst oder der Künste Ihrer Künstlerinnen.

      Wirth. Wenn Sie meine kleinen Künstlerinen kennen würden, Herr Commissär, würden Sie das niemandem auf der Welt übel nehmen.

      Commissär. Genug. Es ist der Behörde berichtet worden, daß die Belustigungen, welche Ihre – wie soll ich sagen –

      Wirth. Das Wort »Künstler« dürfte genügen.

      Commissär. Ich werde mich zu dem Wort »Subjekte« entschließen – daß die Belustigungen, welche Ihre Subjekte bieten, in jedem Sinne über das Erlaubte hinausgehen. Es sollen hier von Ihren – wie soll ich sagen – von Ihren künstlichen Verbrechern Reden geführt werden, die – wie sagt nur mein Bericht? Er liest wie schon früher in einem Notizbuch nach – nicht nur unsittlich, was uns wenig geniren würde, sondern auch höchst aufrührerisch zu wirken geeignet sind – was in einer so erregten Epoche, wie die ist, in der wir leben, der Behörde durchaus nicht gleichgültig sein kann.

      Wirth. Herr Commissär, ich kann auf diese Anschuldigung nur mit der höflichen Einladung erwidern, sich die Sache selbst einmal anzusehen. Sie werden bemerken, daß hier gar nichts Aufrührerisches vorgeht, schon aus dem Grunde, weil mein Publikum sich nicht aufrühren läßt. Es wird hier einfach Theater gespielt – das ist alles.

      Commissär. Ihre Einladung nehme ich natürlich nicht an, doch werde ich kraft meines Amtes hierbleiben.

      Wirth. Ich glaube, Ihnen die beste Unterhaltung versprechen zu können, Herr Commissär, doch würde ich mir den Rath erlauben, daß Sie Ihre Amtstracht ablegen und in Civilkleidern hier erscheinen. Wenn man nämlich einen Commissär in Uniform hier sähe, würde sowohl die Naivetät meiner Künstler als die Stimmung meines Publikums darunter leiden.

      Commissär. Sie haben recht, Herr Prospère, ich werde mich entfernen und als junger eleganter Mann wiederkehren.

      Wirth. Das wird Ihnen leicht sein, Herr Commissär, auch als Hallunke sind Sie mir willkommen – das würde nicht auffallen – nur nicht als Commissär.

      Commissär. Adieu. Geht.

      Wirthverbeugt sich. Wann wird der gesegnete Tag kommen, wo ich Dich und Deinesgleichen …  … . .

      Commissärtrifft


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