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Eine verhängnisvolle Erbschaft. Уилки КоллинзЧитать онлайн книгу.

Eine verhängnisvolle Erbschaft - Уилки Коллинз


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      Eine verhängnisvolle Erbschaft

      Der erste Teil

      I

      Eines schönen Morgens, es ist jetzt mehr als drei Monate her, rittest Du mit Deinem Bruder, Miss Anstell, im Hyde Park. Es war ein heißer Tag und ihr hattet Euren Pferden erlaubt, in den Paßgang zu fallen. Als Ihr an dem Geländer zu rechter Hand nahe den östlichen Ausläufern des Sees im Park vorbeirittet, hast weder Du noch Dein Bruder eine Frau bemerkt, die auf dem Fußpfad herumstand und die Reiter beobachtete, als ihr vorbeigeritten seid.

      Die einsame Frau war mein altes Kindermädchen, Nancy Connell. Und dies waren die Worte, die zwischen Dir und Deinem Bruder gewechselt wurden, so wie sie sie gehört hatte, als Ihr langsam an ihr vorbeirittet.

      Dein Bruder sagte: »Ist es wahr, daß Mary Brading und ihr Ehemann nach Amerika gegangen sind?«

      Du hast gelacht, als würde Dich diese Frage amüsieren und geantwortet: »Völlig wahr.«

      »Wie lange werden sie weg sein?« fragte Dein Bruder als nächstes.

      »So lange sie leben«, antwortetest Du mit einem weiteren Lachen.

      Zu diesem Zeitpunkt wart Ihr außerhalb Nancy Connells Hörweite geritten. Sie gesteht, Euren Pferden ein paar Schritte gefolgt zu sein, um zu hören, was als nächstes gesagt wurde. Sie schaute besonders auf Deinen Bruder. Er schien Deine Antwort sehr ernst zu nehmen und schien völlig überrascht davon zu sein.

      »England verlassen und sich in Amerika niederlassen!« rief er aus,»Warum sollten sie das tun?«

      »Wer kann schon sagen, warum?« hast Du gefragt, »Mary Bradings Mann ist verrückt und Mary Brading selbst ist nicht viel besser.«

      Du hast Deinem Pferd die Peitsche gegeben und einen Augenblick später warst Du und Dein Bruder außerhalb der Hörweite meines Kindermädchens. Sie schrieb mir und erzählte kürzlich in einem Brief, was ich Dir hier erzähle. Ich habe in meinen freien Stunden ernsthafter über diese letzten Worte von Dir nachgedacht, als Du vielleicht annehmen würdest. Das Ergebnis von alledem ist, daß ich meine Feder nehme, um Dir zugunsten meines Mannes und mir die Geschichte unserer Heirat und den Grund für unsere Auswanderung in die Vereinigten Staaten zu erzählen.

      Es spielt für mich oder ihn kaum oder gar keine Rolle, ob uns unsere Freunde in England für verrückt halten oder nicht. Ihre Meinungen, seien sie feindselig oder wohlgesinnt, sind für uns von keiner besonderen Bedeutung. Aber Du bist eine Ausnahme von der Regel. In vergangenen Schultagen waren wir treue und gute Freunde; und – was für mich sogar mehr als das ausschlaggebend ist – Du wurdest von meiner seligen Mutter innig geliebt und bewundert. Sie sprach auf ihrem Totenbett zärtlich von Dir. Verschiedene Ereignisse haben uns in den letzten Jahren getrennt. Aber ich kann die alten Zeiten nicht vergessen; und ich kann nicht gleichgültig gegen Deine Meinung von mir und meinem Ehemann sein, obwohl ein Ozean uns trennt und obwohl es nicht sehr wahrscheinlich ist, daß wir je den anderen wieder sehen werden. Ich wage zu sagen, daß es sehr töricht von mir ist, das, was Du in einem Deiner gedankenlosen Momente sagtest, von Herzen ernst zu nehmen. Ich kann nur als Entschuldigung anführen, daß ich durch sehr viel Elend gegangen bin, und daß ich immer (wie Du Dich erinnern wirst) eine Person von empfindlichem Temperament gewesen bin, die leicht aufgeregt und leicht niedergeschlagen war.

      Genug davon. Tu mir den letzten Gefallen, um den ich Dich je bitten werde. Lies, was nun folgt und urteile selber, ob mein Ehemann und ich wirklich so verrückt sind, wie Du bereit warst, zu glauben, als Nancy Connell Dich mit Deinem Bruder im Hyde Park sprechen hörte.

      II

      Es ist nun mehr als ein Jahr her, als ich mit meinem Vater und meinem Bruder nach Eastbourne, das an der Küste von Sussex liegt, ging.

      Mein Bruder war damals wieder, wie wir hofften, von den Auswirkungen eines Sturzes beim Jagen genesen. Er beklagte sich dennoch über einen Schmerz in seinem Kopf; und die Ärzte rieten uns, es mit etwas Seeluft zu versuchen. Wir zogen nach Eastbourne, ohne einen Verdacht zu hegen, von welch ernster Art die Verletzung war, die er davongetragen hatte. Ein paar Tage lang ging alles gut. Wir mochten den Ort; die Luft tat uns gut und wir beschlossen, unseren Aufenthalt auf die kommenden Wochen auszudehnen.

      An unserem sechsten Tag an der See – ein denkwürdiger Tag für mich aus Gründen, die Du noch hören wirst – beklagte sich mein Bruder wieder über den alten Schmerz in seinem Kopf. Er und ich gingen zusammen weg, um herauszufinden, was für Bewegungen nötig sein würden, um seine Schmerzen zu lindern. Wir spazierten durch die Stadt bis zu dem Fort am einen Ende derselben und folgten sodann einem Fußpfad, der an der Meeresküste entlanglief, über eine triste Wüste aus Strandkies, die landeinwärts durch die Straße nach Hastings und jenseits davon vom sumpfigen Umland begrenzt war.

      Wir hatten das Fort in einiger Entfernung hinter uns gelassen. Ich ging voraus und James folgte mir. Er sprach so leise wie gewöhnlich, als er plötzlich mitten im Satz anhielt. Ich drehte mich überrascht um und entdeckte, daß mein Bruder mit schrecklichen Krämpfen auf dem Pfad lag.

      Es war der erste epileptische Anfall, dessen Zeuge ich gewesen war. Meine Geistesanwesenheit verließ mich völlig. Ich konnte nur noch meine Hände in Entsetzen ringen und um Hilfe schreien. Niemand erschien. Weder aus der Richtung des Forts noch der Hauptstraße. Ich war zu weit weg, nehme ich an, um mich hörbar zu machen. Als ich vor mir den Pfad entlang sah, erkannte ich zu meiner unendlichen Erleichterung eine männliche Person, die mir entgegen rannte. Als er näher kam, sah ich, daß er unverkennbar ein Gentleman war – jung und übereifrig, mir zu helfen.

      »Bitte beruhigen Sie sich doch«, sagte er, nachdem er meinen Bruder gesehen hatte, »Es ist sehr schrecklich mitanzusehen, aber es ist nicht gefährlich. Wir müssen warten, bis die Krämpfe vorbei sind, dann kann ich Ihnen helfen.«

      Er schien so viel davon zu wissen, daß ich dachte, er wäre ein Amtsarzt. Ich stellte ihm schlicht diese Frage.

      Er errötete und schaute etwas verlegen.

      »Ich bin kein Doktor«, sagte er, »ich habe Personen gesehen, die mit Epilepsie belastet sind und ich habe Ärzte gehört, die sagten, daß es nutzlos ist, sich einzumischen, bevor der Anfall vorbei ist. Sehen Sie!« fügte er hinzu. »Ihr Bruder ist schon leiser geworden. Er wird bald ein Gefühl der Erleichterung verspüren, was ihn mehr als entschädigen wird für das, was er durchgemacht hat.Ich werde ihm helfen, ins Fort zu kommen und sobald wir da sind, können wir nach einer Kutsche schicken, um ihn nach Hause zu bringen.«

      Fünf Minuten später waren wir auf dem Weg zum Fort. Der Fremde stützte meinen Bruder so bedacht und sanft, als wäre er ein alter Freund gewesen. Als uns die Kutsche erreicht hatte, bestand er darauf, uns bis zu unserer Haustür zu begleiten für den Fall, daß seine Dienste uns noch nützen konnten. Er verließ uns, wobei er um Erlaubnis fragte, anzurufen und sich am nächsten Tag nach James Befinden erkundigen zu dürfen. Eine anständigere, vornehmere und bescheidenere Person habe ich nie getroffen. Er weckte nicht nur meine wärmste Dankbarkeit; ich interessierte mich für ihn schon bei unserem ersten Treffen.

      Ich hebe den Eindruck, den dieser junge Mann auf mich machte, hervor- warum, wirst Du bald herausfinden.

      Am nächsten Tag machte der Fremde seinen versprochenen Besuch und erkundigte sich nach meinem Bruder. Seine Karte, die er nach oben schickte, setzte uns davon in Kenntnis, daß sein Name Roland Cameron war. Mein Vater, der nicht leicht zu erfreuen ist, faßte sofort eine Zuneigung zu ihm. Sein Besuch wurde auf unsere Bitte hin ausgedehnt. Er sagte gerade genug, um uns davon zu überzeugen, daß wir eine Person empfingen, die mindestens den gleichen Rang wie wir besaß. Er war in eine schottischen Familie in England geboren worden und hatte beide Eltern verloren. Es war nicht lange her, daß er ein Vermögen von einem seiner Onkel geerbt hatte. Es erschien uns etwas seltsam, daß er von seinem Vermögen mit einer deutlichen Änderung der Stimme und seines Verhaltens sprach. Das Thema war für ihn offensichtlich aus irgendwelchen unbegreiflichen Gründen ekelerregend. Obwohl er reich war, räumte er ein, ein einfaches und einsames Leben zu führen. Er fand wenig Gefallen an Gesellschaft und hatte keine Vorlieben wie die anderen jungen Männer seines Alters. Aber er hatte seine eigenen unschuldigen Vergnügen und Beschäftigungen; und nicht zuletzt hatten ihn Kummer und Leid gelehrt, nicht zu viel vom Leben zu erwarten. Dies alles sprach er bescheiden mit einem gewinnenden Charme in seinem Blick und seiner


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