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Verbergen und Suchen. Уилки КоллинзЧитать онлайн книгу.

Verbergen und Suchen - Уилки Коллинз


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ist jetzt nicht da, aber nehmen Sie sich in Acht, dass er Sie dort nicht erwischt.«

      Valentin hörte auf weiter nichts und trat sogleich in den Durchgang. Sobald er drinnen war, gelangte ein Ton an sein Ohr, welcher sein Herz erbeben machte. Worte können diesen Ton in seiner schrecklichen Hilfslosigkeit nicht beschreiben – denn es war das schmerzhafte Wehklagen eines taubstummen Geschöpfes.

      Er riss eine Gardine beiseite und stand in einem schmutzigen Platze, der auf der einen Seite von den Ställen und auf der andern vom Zirkus durch Leinewand und alte Bretter getrennt war. Hier auf einem hölzern Schemel saß die Frau, welche ihn am Abend vorher angeredet hatte, sie weinte und besänftigte das Kind, welches schaudernd an ihrem Busen lag. Das Schluchzen von des Clowns Frau vermischte sich mit dem inartikulierten Wimmern des Kindes, welches zwar leise, aber doch so schrecklich zu hören war.

      »O mein Gott«, rief Valentin aus, starr vor Schrecken über das, was er hörte, »besänftigen Sie sie! Lassen Sie sie nicht so wimmern!« Die Frau erhob sich schnell von ihrem Sitze, setzte das Kind nieder, erkannte Herrn Blyth und stürzte auf ihn zu. »Still!« flüsterte sie lebhaft, »sprechen Sie nicht so laut! Der Schurke, der viehische, herzlose Schurke befindet sich hier irgendwo in der Nähe der Ställe. Wenn er Sie hört, wird er hereinkommen und sie noch einmal prügeln – o still, still um des Himmelswillen! Es ist wahr – er hat sie geschlagen – das feige, teuflische Vieh.«

      Als das Kind Valentin sah, hatte es aufgehört zu wimmern; es sah ängstlich in Tränen nach ihm hin – dann wandte es sich schnell ab – nahm ein kleines Taschentuch heraus und trocknete sich die Augen.

      »Ich kann noch nicht gehen – ich will leise sprechen – Sie müssen mich anhören«, sagte Herr Blyth, blass und nach Atem haschend, »ich will diesen gekränkten, schönen, geduldigen, kleinen Engel von diesem abscheulichen Platze entfernen, ich will es und müsste ich deshalb vor die Obrigkeit treten! Der Rektor gehört mit zur Obrigkeit, – er ist mein Freund – er heißt Doktor Joyce – ich will das Kind fortnehmen. —«

      Die Frau bat ihn einzuhalten und deutete plötzlich auf das Kind. Es hatte das Schnupftuch beiseite gelegt und näherte sich ihm. Es kam dicht an ihn heran, legte eine Hand auf sein Knie und streckte furchtsam die andere soweit in die Höhe, dass es seinen Hals erreichen konnte. So dastehend, sah es ihm ruhig ins Gesicht. Die hübschen Lippen versuchten mühsam, wiederum zu lächeln, aber sie zitterten nur einen Augenblick und schlossen sich dann wieder. Die hellen sanften Augen, noch trübe vom Weinen, suchten die seinigen mit einem unschuldigen Staunen des Forschens und der Verwunderung. In diesem Augenblicke schien der Ausdruck des traurigen und lieblich kleinen Gesichtes zu sagen: »Sie sehen aus, als wenn Sie gütig gegen mich sein wollten; ich wünschte, dass sie ein Mittel fänden, wodurch Sie es mir mitteilen könnten.«

      Valentins Herz zeigte ihm dieses einzige Mittel an. Er schloss die Taubstumme in seine Arme und erdrückte sie fast mit seinen Küssen. Die zarten kindlichen Hände richteten sich zitternd in die Höhe und schmiegten sich sanft um seinen Nacken und der schöne Kopf senkte sich ermüdet immer mehr hinab, bis er auf seiner Schulter lag.

      Die Frau des Clowns wandte ihr Gesicht ab, verzweifelnd mit beiden Händen das Schluchzen unterdrückend, welches sie wieder von neuem äußern wollte. Dann flüsterte sie: »Bitte! O bitte! Gehen Sie mein Herr! Einige von den Reitern werden gleich hier sein, Sie werden uns schrecklichen Verdruss bereiten!«

      Valentin stand auf und, das Kind noch in seinen Armen haltend, sagte er: »Ich will gehen, wenn Sie mir versprechen —«

      »O ich will Ihnen alles versprechen, was Sie wollen, mein Herr!«

      »Sie kennen die Wohnung des Rektors, des Doktor Joyce – des Geistlichen – meines lieben Freundes!«

      »Ja mein Herr, ich kenne sie. Sie sprachen schon vorher davon. Bitte, vollenden Sie so schnell als möglich der kleinen Marie halber!«

      »Marie! ihr Name ist Marie? Valentin zog sich hinter eine Ecke zurück und fing das Kind wiederum zu küssen an.«

      »Sie müssen wahnsinnig sein, wenn Sie nachdem, was ich Ihnen gesagt habe, so weiter fort fahren wollen«, rief die Frau des Clowns, verzweifelnd ihre Hände ringend, und versuchte es, ihn aus der Ecke hervorzuziehen. Jubber und die ganze Bande werden in der nächsten Minute hier sein. Sie wird wieder geschlagen werden, wenn mau Sie bei ihr trifft; o Himmel, können Sie denn dies gar nicht begreifen?«

      Er verstand es nur zu wohl und ließ das Kind sogleich herunter, sein Gesicht wurde wieder blass, seine Aufregung so heftig, dass er die Hand, welche es ihm entgegenstreckte, und den flehenden Blick nicht bemerkte, welcher jene Bewegung begleitete und so verständlich und rührend sagte: »Ich möchte Dir Lebewohl sagen, aber ich kann es nicht, wie andere Kinder.« Er bemerkte dies nicht, denn er hatte Frau Peckover beim Arme genommen und hatte sie eiligst nach sich in den Durchgang gezogen.

      Die Kleine machte keinen Versuch, ihnen zu folgen; sie wandte sich ab, setzte sich in die dunkelste Ecke des elenden Platzes nieder und stützte den Kopf gegen die rohe Wand, welche sie allein von den lachenden Zuhörern trennte. Ihre Lippen fingen wieder an zu beben; sie nahm das Taschentuch noch einmal heraus und verbarg ihr Gesicht darin.

      »Nun vergessen Sie Ihr Versprechen nicht«, flüsterte Valentin der Frau des Clowns zu, welche ihn während der ganzen Zeit, wo er mit ihr sprach, langsam forttrieb. »Sie müssen die kleine Marie morgen früh pünktlich um zwölf Uhr nach der Wohnung des Rektors bringen. – Sie müssen, oder ich werde kommen und sie selbst holen. Sie brauchen mir nicht zu glauben, ich bin nur ein Künstler und Fremdling; ich erwarte nicht, dass Sie mir glauben sollen. Aber Sie müssen einem Geistlichen glauben – das müssen Sie! Doktor und Frau Joyce wünschen, Eure kleine Marie zu sehen. Es ist ihre Einladung, verstehen Sie mich! Sie können es dem Rektor nicht abschlagen. Er ist der beste und gütigste Mann, welcher jemals —«

      »Ich will sie bringen«, unterbrach ihn die Frau, »wenn Sie mir jetzt gehen wollen. Ich will sie bringen! —«

      Er stand still, denn er fühlte plötzlich, wie ihm die frische Luft ins Gesicht wehte. Die Frau des Clowns hatte ihn verlassen, und es war kein Gegenstand mehr vorhanden, gegen welchen er seine Drohungen schleudern konnte, als die zerrissenen Pferdedecken, welche über dem leeren Torweg hingen.

      Sechstes Kapitel – Die Erzählung – Erster Teil

      Es hat in der Wohnung des Rektors dreiviertel auf zwölf geschlagen und der Herbstmorgen ist wunderschön. Vance, Doktor Joyces Bedienter, ein Mann im mittlern Jahren, oder »BischofVance«, wie die kleinen Witzlinge Von Rubbleford ihn nennen, als Anspielungen auf seine stattliche und feierliche Erscheinung, sein ehrwürdiges Benehmen, seine geistliche Krawatte und seine fleckenlosen schwarzen Kleider, stellt den Kuchen und die Schokolade mit so vieler zeremonieller Förmlichkeit und pedantischer Genauigkeit auf den Speisetisch, als wenn sein Herr einen Erzbischof statt die Frau eines Clowns und ein zehnjähriges kleines Mädchen zum Frühstück erwartete. Es ist ein ergötzlicher Anblick, Vance auf und abgehen zu sehen, um die allgemeine Wirkung zu betrachten, welche Messer und Gabel machen, wenn er sie auf den Tisch legt, oder wie er feierlich in dem Zimmer auf und ab spaziert, eine reine Serviette langsam in seiner Hand schwingend, oder wenn er mit der Miene eines Beschützers dem hübschen Hausmädchen an der Tür gegenüber steht und ihm Teller und Schüsseln mit dem Gebaren eines Küchensultans aus der Hand nimmt, der sich einmal herablässt, auch nur einen Augenblick lang, seine Würde in der Gegenwart der weiblichen Sklavinnen zu verlieren. Das Fenster des Speisezimmers gewährte eine Aussicht nach dem Garten, wo man unter den Bäumen auf einem schattigen Sitze Frau Joyce im Freien arbeiten sieht. Eine ihrer Töchter sitzt auf dem Rasen zu ihren Füßen und liest, während die andere die jüngern Kinder wechselnd auf einem großen schwarzen Neufundländerhund reiten lässt, der mit heraushängender Zunge langsam vorwärts schreitet und leise mit seinem großen haarigen Schweife wedelt. Ein hübscheres Bild des häuslichen Glückes als dasjenige, welches die Aussicht durch das Fenster der Rektorwohnung jetzt darbietet, könnte schwerlich in ganz England gefunden werden.

      Die häusliche Ruhe ist jedoch nicht gänzlich ungestört. Bei dem Bilde, von dem Vance und der Frühstückstisch den Vordergrund und der Garten mit Frau Joyce das Zentrum und den Hintergrund bilden, gleitet von Zeit zu Zeit eine unruhige Gestalt vorüber, welche niemals müde


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