Die großen Herrscherinnen und Regentinnen. Dr. Barbara BeckЧитать онлайн книгу.
nun König Sigibert sah, dass seine Brüder Frauen wählten, die ihrer nicht würdig waren, und sich so weit erniedrigten, selbst Dienerinnen zur Ehe zu nehmen, da schickte er eine Gesandtschaft nach Spanien und warb mit reichen Geschenken um Brunichilde, die Tochter König Athanagilds. Denn diese war eine Jungfrau von feiner Bildung, schön von Angesicht, züchtig und wohlgefällig in ihrem Benehmen, klugen Geistes und anmutig im Gespräch.“
Sigiberts älterer Halbbruder im Westreich, König Chilperich I. von Neustrien, der offensichtlich nicht zurückstehen wollte, vermählte sich daraufhin 567 mit Brunhilds älterer Schwester Galswinth, ohne sich jedoch wirklich von seiner Geliebten Fredegund, einer Magd aus dem Gesinde seiner ersten Gemahlin Audovera, zu trennen, wie er dies im Vorfeld der Heirat versprochen hatte. Nachdem Galswinth bald danach einem Mordanschlag zum Opfer gefallen war, heiratete Chilperich seine Konkubine, die die treibende Kraft hinter der Tat war. Dies löste eine lebenslange Feindschaft zwischen Brunhild und Fredegund aus, die das bereits reichlich vorhandene Konfliktpotenzial wegen territorialer Streitigkeiten zwischen Sigibert und Chilperich weiter zuspitzte. Das Ganze eskalierte schließlich in einem Bruderkrieg.
In dem Krieg zwischen den beiden Teilreichen schien zunächst Sigibert die Oberhand zu gewinnen, doch 575 wurde er in Vitry durch Handlanger Fredegunds ermordet. Die austrische Offensive brach aus diesem Grund zusammen. Chilperich gelang es, Brunhild mit ihren Töchtern gefangen zu nehmen und nach Rouen zu verbannen. Brunhilds fünf Jahre alter Sohn Childebert konnte dagegen noch rechtzeitig dem Zugriff des neustrischen Königs entzogen und in Sicherheit gebracht werden.
Die Fortsetzung des blutig geführten Familienzwistes war vorprogrammiert, als Brunhild 576 in Rouen eine zweite Ehe mit Merowech einging, einem Sohn von König Chilperich und dessen erster Gemahlin Audovera. Offenbar wollte sie in ihm einen Verbündeten in ihrem Kampf gegen Fredegund gewinnen. Chilperich duldete dieses eigenmächtige Handeln Merowechs nicht, bemächtigte sich seiner Person und ließ ihn gewaltsam zum Priester weihen. Merowech entkam zwar aus dem Kloster, doch ließ er sich 577, als seine Gefangennahme drohte, von einem Vertrauten töten.
Brunhild, der es gelungen war, nach Austrien zu entfliehen, übernahm 577 die Regentschaft für ihren minderjährigen Sohn Childebert II., wobei sie mit der von ihr vertretenen Idee einer starken königlichen Zentralgewalt auf den heftigen Widerstand des austrischen Adels stieß. Zeitweise von der Adelsopposition entmachtet, konnte sie auch nach der Mündigkeit Childeberts im Januar 585 als dessen wichtigste Ratgeberin Einfluss ausüben. Zusammen mit ihrem Sohn schloss Brunhild am 28. November 587 den Vertrag von Andelot mit Guntram I., dem Herrscher des burgundischen Reichsteils. Mit diesem Vertrag wurde nicht nur die Aufteilung strittiger Gebiete zwischen den beiden fränkischen Teilreichen geregelt, sondern auch die gegenseitige Erbfolge. Ein Erbanspruch Chlothars II. von Neustrien, des einzigen überlebenden Sohnes von dem 584 ermordeten König Chilperich und dessen Gemahlin Fredegund, wurde ausgeschlossen. Nach dem erbenlosen Tod von König Guntram im Jahr 592 konnte Childebert II. Austrien und Burgund in seiner Hand vereinigen.
Als Childebert, dessen Herrschaft immer wieder von Adelsverschwörungen bedroht wurde, im März 596 unvermutet starb, übte Brunhild die Regentschaft für ihre beiden unmündigen Enkel Theudebert II. in Austrien und Theuderich II. in Burgund aus. Diese Aufteilung des Reichs war auf Druck des Adels zustande gekommen. 599 gelang es einer austrischen Adelsgruppe Brunhild zu vertreiben. Gestützt auf den in Burgund vorhandenen romanischen Senatorenadel, den sie auf Kosten der Franken und Burgunder förderte, erlangte sie erneut eine bemerkenswerte Machtstellung in Burgund.
Nachdem das einigende Band der gemeinsamen Feindschaft zu Neustrien zwischen den Brüdern Theudebert und Theuderich weggefallen war, brach zwischen ihnen 604 offen die Rivalität wegen Streitigkeiten um die territoriale Aufteilung des väterlichen Besitzes aus. Zwar konnte zunächst noch ein Bruderkrieg vermieden werden, doch Theudebert suchte nun sogar in Chlothar II. einen Bundesgenossen zu finden. In dem 612 ausgebrochenen Krieg zwischen den Brüdern unterlag Theudebert II., über dessen Tod sowie über das grausame Ende seiner Söhne es unterschiedliche Quellenaussagen gibt. Kurzzeitig waren beide Reichsteile wieder vereinigt. König Theuderich II. plante jetzt einen Feldzug gegen Chlothar II., allerdings starb er unerwartet im März 613.
Brunhild, der einige Chronisten unterstellten, für Mord und Unzucht bei den Enkeln gesorgt zu haben, ließ daraufhin ihren unmündigen Urenkel Sigibert II., den ältesten Sohn von Theuderich, unter Ausschluss seiner Brüder zum König erheben, um die Einheit des Reichs zu bewahren. Ihr Versuch, in seinem Namen zu regieren, endete in der Rebellion der burgundischen Adeligen, die sich mit Chlothar II. und den austrischen Gegnern der alten Königin verbündeten. Das Heer Sigiberts II. verlief sich kampflos. Sigibert und seinen jüngeren Bruder Corbus ließ der neustrische König töten, von den zwei anderen Urenkeln Brunhilds verliert sich später jede Spur. Chlothar II. konnte jetzt das gesamte Frankenreich unter seiner Herrschaft vereinigen.
Brunhild kam in Gefangenschaft und wurde an Chlothar II., den Sohn ihrer 597 verstorbenen Todfeindin Fredegund, ausgeliefert. Der König ließ Brunhild foltern und dann erbarmungslos von einem Pferd zu Tode schleifen. Laut dem Chronisten Fredegar machte er sie dafür verantwortlich, „dass zehn Könige der Franken durch ihre Schuld umgebracht worden seien“. Die Unterlegene im gnadenlos geführten Macht- und Familienkampf wurde dabei auch der Morde beschuldigt, die auf Chlothars Konto gingen. Der Untergang Brunhilds und die Vernichtung der austrischen Merowinger im Jahr 613 bedeutete einen Sieg des Adels über die Idee eines mächtigen Königtums. Angesichts der Brunhild gerne vorgeworfenen Herrschsucht und der ihr zur Last gelegten Härte, die aber letztlich zeitüblich war, geriet vielfach in Vergessenheit, dass die energische Königin gleichzeitig als fromme Kirchen- und Klostergründerin auftrat, an die Papst Gregor der Große mehrere Briefe richtete, da er sie als wichtige Förderin der Kirche in Gallien betrachtete.
Theodelinde (Theudelinde),
die Selige
* um 570/575
† 627/628 bei Varenna
Regentin des Königreichs der
Langobarden 616 – 626
Theodelinde ist sicherlich die berühmteste Königin der Langobarden. Dank ihrer vorausschauenden, auf Ausgleich bedachten Politik ist ihr Name untrennbar mit der Konsolidierung des Langobardenreichs und mit dem Beginn der konfessionellen Einigung dieses frühmittelalterlichen germanischen Reichs in Italien verbunden. Von der katholischen Kirche wird sie als Selige verehrt.
Theodelinde war eine Tochter des agilolfingischen Herzogs Garibald I., des ersten namentlich bekannten Herzogs der Bajuwaren, und dessen Gemahlin Walderada, einer Tochter des Langobardenkönigs Wacho. Ursprünglich hatte ihr Vater sie als Gemahlin des Frankenkönigs Childebert II. vorgesehen. Nachdem dieses Heiratsprojekt fehlgeschlagen war, wurde sie aus politischen Gründen mit dem langobardischen König Authari verlobt. Authari hatte sich nach dem Scheitern einer von ihm anvisierten längerfristigen Verständigung mit den Franken umorientiert und ein Bündnis mit den benachbarten Bajuwaren geschlossen. Seine Heirat mit Theodelinde sollte dies besiegeln. Die politische Annäherung zwischen den Bajuwaren und Langobarden beantworteten die Franken mit einem militärischen Vorstoß, der einen Herrschaftswechsel in Bayern herbeiführte. Die Herzogstochter Theodelinde musste mit ihrem Bruder Gundoald zu den Langobarden fliehen. Am 15. Mai 589 heiratete sie König Authari auf dem Campo Sardi vor den Toren von Verona. Authari, dem es gelungen war, das Langobardenreich in seinem Bestand gegenüber Ostrom und den Franken zu sichern, ernannte seinen Schwager zum Herzog von Asti. Die im darauffolgenden Jahr von den Franken gemeinsam mit den Byzantinern unternommene Offensive gegen die Langobarden blieb erfolglos. Noch vor dem Abschluss der Friedensverhandlungen mit den Franken starb Authari plötzlich am 5. September 590. Die Quellen sprechen von einem Giftanschlag.
In dieser prekären Lage wurde es der jungen Königinwitwe anheimgestellt, einen Gemahl zu wählen, der dann der neue König werden sollte. Theodelinde entschied sich für Herzog Agiluf von Turin, der ihr von den Großen des Reichs empfohlen worden war. Im November 590 fand die Vermählung statt. Im Mai 591 wurde Agiluf in Mailand zum neuen Langobardenkönig erhoben.
Unter dem neuen König Agiluf fanden die langobardischen Eroberungen, die sich vor allem gegen Byzanz richteten,