Die großen Herrscherinnen und Regentinnen. Dr. Barbara BeckЧитать онлайн книгу.
Äbtissin des Familienstifts Quedlinburg sollte die Kaisertochter dafür sorgen, dass auch in Zukunft das Totengedenken der Ottonen sichergestellt war. 967 bestätigte Papst Johannes XIII. die Weihe Mathildes.
Die junge Äbtissin muss eine bemerkenswerte Persönlichkeit gewesen sein, denn immerhin dedizierte ihr der sächsische Geschichtsschreiber Widukind von Corvey seine drei Bücher sächsischer Geschichte, die „Rerum Gestarum Saxonicarum libri tres“, in der vor allem die Taten ihres Großvaters Heinrich I. und ihres Vaters Otto I. gepriesen wurden. Widukinds Sachsengeschichte gilt als eine der wichtigsten Quellen für die Geschichte des 10. Jahrhunderts. In der Vorrede zum ersten Buch hob der Corveyer Mönch Mathildes „einzigartige Weisheit“ hervor, im zweiten Buch titulierte er sie als „Gebieterin“, die „von ganz Europa“ anerkannt werde, und im dritten Buch sprach er von ihr als dem „strahlendsten Edelstein“, der der Welt geschenkt wurde. Wahrscheinlich erhoffte sich der Geschichtsschreiber, in der einflussreichen Mathilde eine Fürsprecherin für sich und sein Kloster zu gewinnen.
Als sich das anfänglich gute Verhältnis zwischen der verwitweten Kaiserin Adelheid und ihrem Sohn Kaiser Otto II. eintrübte und die Kaiserin deshalb 978 Deutschland verließ und nach Burgund ging, schloss sich Äbtissin Mathilde ihrer Mutter an. Bei der Versöhnung von Mutter und Sohn im Dezember 980 in Pavia war Mathilde anwesend. Während der Vormundschaft von Kaiserinwitwe Adelheid für ihren Enkel, den noch unmündigen Otto III., gewann auch Mathilde Einfluss auf die Führung der Geschäfte. Die Quedlinburger Annalen sprechen in diesem Zusammenhang sogar von einer Regierungsverantwortung der Äbtissin. In den Urkunden aus dieser Zeit finden sich davon jedoch keine Spuren.
In Mathildes Amtszeit bildete sich Quedlinburg durch die Förderung ihres Bruders Kaiser Otto II. und ihres Neffen Otto III., zu deren engsten Beratern sie gehörte, zu einem wichtigen Herrschaftszentrum des Ottonenreichs heraus. Otto II. vermachte seiner Schwester und dem von ihr geleiteten Stift ein Viertel seines Geldbesitzes. Zu seinem Gedenken errichtete Mathilde 986 ein Benediktinerinnenkloster auf dem Münzenberg in Quedlinburg, das 995 geweiht wurde. Zu Beginn des Jahres 992 beauftragte Otto III. seine Tante mit der Gründung eines Nonnenklosters in Walbeck, das Quedlinburg unterstellt bleiben sollte. Die Stiftung erfolgte ausdrücklich zum Seelenheil der kaiserlichen Familie. Am 23. November 994 erhielt Mathilde von Otto III. das umfassende Privileg des Münz-, Markt- und Zollrechtes für den Marktflecken Quedlinburg. Erst dank dieses Privilegs konnte sich allmählich die Stadt Quedlinburg entwickeln. Zur Sicherung der Kontinuität in diesem bedeutenden ottonischen Familienkloster wurde die Schwester Ottos III., Adelheid, im Oktober 995 feierlich als neue Kanonissin in Quedlinburg eingekleidet. Nach Mathildes Tod wurde sie die neue Äbtissin von Quedlinburg.
Vom November 997 bis zu ihrem Tod regierte Äbtissin Mathilde als Statthalterin und Stellvertreterin für ihren Neffen Kaiser Otto III., der in Italien weilte. Der junge Kaiser hatte als Kind die Osterfeste 986, 989 und 991 in Quedlinburg verbracht, doch sicherlich spielten nicht allein persönlich-verwandtschaftliche Beziehungen eine Rolle für diese Einsetzung Mathildes. Sehr wahrscheinlich dürften auch die Bildung und Klugheit der Äbtissin sowie ihr politisches Geschick und ihr Ansehen unter den Großen des Reichs ausschlaggebend gewesen sein. Anhand der überkommenen Überlieferung ist nicht eindeutig zu klären, auf welches Herrschaftsgebiet – nur Sachsen oder das ganze Reich – sich ihr Amtsbereich genau erstreckte. Vermutlich war sie jedoch Reichsverweserin für Deutschland mit dem Schwerpunkt Sachsen. Bei Petitionen und Interventionen der Äbtissin in den vergangenen Jahrzehnten standen lange Angelegenheiten, die Sachsen betrafen, im Mittelpunkt ihrer Aktivitäten. Nach der Übernahme der eigenständigen Herrschaft durch Otto III. im Jahr 994 erweiterte sich allerdings Mathildes Interessen- und Einflusskreis. Über konkrete Regierungshandlungen der Reichsverweserin ist relativ wenig bekannt. Ende 998 trat sie auf den von ihr in Derenburg und Anfang 999 Magdeburg abgehaltenen Hoftagen voll Selbstbewusstsein auf und sprach dort Recht. Außerdem organisierte sie bei diesen Zusammenkünften gemeinsam mit dem sächsischen Herzog Bernhard die Sicherung der Reichsgrenzen gegen die Slawen.
Nach ihrer Rückkehr nach Quedlinburg verstarb Äbtissin Mathilde am 7./8. Februar 999 nach einer kurzen fieberhaften Erkrankung und wurde in ihrer Stiftskirche in direkter Nähe zu ihren Großeltern, König Heinrich I. und Königin Mathilde, beigesetzt. Während ihrer Amtszeit hatte diese Kirche ein dreischiffiges Langhaus bekommen, Chor und Krypta wurden neu gebaut. Der Inschriftentext ihres erhalten gebliebenen Bleisargs betonte nochmals ihre Rolle als „matricia“, als Stellvertreterin des Kaisers.
Theophanu
* ca. 959/960
† 991 in Nimwegen
Regentin des römisch-deutschen
Reichs 984 – 991
Obwohl Kaiserin Theophanu in ihrer Eigenschaft als Regentin für ihren Sohn Otto III. eine der bedeutendsten und aktivsten Herrscherinnen des Mittelalters war, kennt man weder ihr genaues Geburtsjahr noch ihren Geburtsort. Sie entstammte einer hochadeligen byzantinischen Familie. Ihre Eltern waren sehr wahrscheinlich der Patrikios Konstantin Skleros und Sophia Phokaina.
Seit Otto der Große mit seiner Kaiserkrönung eine Wiederbelebung des weströmischen Reichs verfolgte, bemühte er sich um eine byzantinische Prinzessin als Gemahlin für seinen Sohn und Thronerben. Auf diese Weise sollte sowohl die Anerkennung des westlichen Kaisertums der Ottonen durch Byzanz als auch eine Regelung der süditalienischen Ansprüche mit Ostrom erlangt werden. Erst die dritte Gesandtschaft unter der Führung des Kölner Erzbischofs Gero brachte den gewünschten Erfolg. Die Ottonen, die eigentlich die Tochter des verstorbenen Kaisers Romanos II. als Braut begehrt hatten, mussten sich mit der angeheirateten Nichte des amtierenden oströmischen Kaisers Johannes I. Tzimiskes bescheiden. Am 14. April 972 fand in Rom unter großer Prunkentfaltung die Hochzeit von Prinzessin Theophanu mit dem nur wenige Jahre älteren Otto II. statt, der seit 967 Mitkaiser seines Vaters war. Unmittelbar vor ihrer Hochzeit wurde Theophanu von Papst Johannes XIII. zur Kaiserin gekrönt. Die blutjunge Braut brachte eine eindrucksvolle Brautausstattung sowie eine reiche Mitgift mit. Im Gegenzug erhielt sie zahlreiche Besitzungen im gesamten Reich zugesprochen.
Für die in einer verfeinerten und hochentwickelten Hofkultur aufgewachsene Byzantinerin, die stets in prächtige Gewänder und kostbaren Schmuck gehüllt war, muss ihr neues Leben im Westen, der in vielen Bereichen im Vergleich zu Byzanz eher unterentwickelt war, anfänglich ein Kulturschock gewesen sein. Theophanu musste sich in einer ihr völlig fremden Welt mit gänzlich anderen politischen Verhältnissen zurechtfinden. Im Lauf der Jahre sollte es dank ihres Einflusses zu einer Bereicherung der ottonischen Kunst und Kultur kommen.
Zu Beginn der selbstständigen Regierung von Otto II. im Mai 973 stand Theophanu offenbar noch ganz im Schatten ihrer Schwiegermutter, der verwitweten Kaiserin Adelheid, auf deren Rat der junge Herrscher damals hörte. Erst im Juni 974 änderte sich die Situation, von nun an tauchte der Name Theophanus häufig in Verbindung mit Interventionen und Petitionen in den Urkunden ihres Ehemannes auf. Die junge Kaiserin wurde zu einer tonangebenden Persönlichkeit. Meist begleitete sie ihren Mann auf seinen Reisen durch das Reich, das anders als Byzanz keine Hauptstadt, sondern ein Reisekönigtum von Pfalz zu Pfalz als übliche Form der Herrschaftsausübung kannte. Nebenbei kam Theophanu auch ihrer dynastischen Verpflichtung nach und brachte zwischen 975 und 980 fünf Kinder zur Welt.
Der überraschende Tod von Kaiser Otto II. am 7. Dezember 983 an Malaria in Rom führte zu großer Verwirrung über dessen Nachfolge. Zwar war sein einziger Sohn Otto im Alter von dreieinhalb Jahren auf seinen Wunsch hin bereits zum König gewählt und in Aachen gekrönt worden, doch konnte das unmündige Kleinkind, das zu diesem Zweck von seinen Eltern getrennt worden war, selbstverständlich nicht das Reich regieren. Eine allseits anerkannte Rechtsregel zur Lösung dieser Frage bestand nicht. Das entstandene Machtvakuum nutzte der von Otto II. abgesetzte bayerische Herzog Heinrich II. der Zänker, um sich des kleinen Königs und der Kroninsignien zu bemächtigen. Sein Versuch, als nächster männlicher Verwandter der herrschenden Dynastie die Macht an sich zu ziehen, scheiterte jedoch, da er den Reichsadel in seiner Mehrheit nicht für sich gewinnen konnte. Der Mainzer Erzbischof Willigis rief Theophanu und ihre Schwiegermutter, die Kaiserinwitwe Adelheid, nach Deutschland, damit diese den Thron für Otto III. sicherten. Auch Ottos