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Wir Seezigeuner (Abenteuer-Klassiker). Robert KraftЧитать онлайн книгу.

Wir Seezigeuner (Abenteuer-Klassiker) - Robert Kraft


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bekommt man denn hier etwas zu essen? Ich habe mächtigen Hunger.«

      »So essen Sie.«

      »Ja, wo denn?«

      Mensch, bist du Gottes Sohn, so hilf dir selber. Diener gab’s haufenweise, aber keinen Steward, hier mußte jeder sehen, wo er blieb. In der Küche wurde gekocht, da konnte man sich Essen holen.

      Wie das eigentlich alles gemacht wurde, wer z. B. den Koch anstellte, woher dieser den Proviant bezog, oder was daraus wurde, wenn der Koch einmal erkrankte, das blieb mir vorläufig noch ein Geheimnis, welches mir auch dieser Administrator nicht aufklären konnte.

      Nun, später fand ich, daß dies alles überaus einfach war, der Administrator hätte mir nur ein einziges Wort zu sagen brauchen: Gütergemeinschaft.

      Aber daß es so etwas auch an Bord eines Schiffes geben könnte, daran dachte ich damals nicht.

      Jetzt fragte ich noch, woher ich Kleider bekommen könne. Der General wollte mir seine Garderobe zur Verfügung stellen, nicht daran denkend, daß mir seine Hosen nur bis an die Knie gingen.

      Ich verzichtete. Ich hatte genug. Ich verließ die Kabine. Ich würde mir zu helfen wissen. Jetzt sollten die sofort kennen lernen, was ein Kapitän mit unumschränkter Vollmacht zu bedeuten hat. -

      Bevor ich schildere, wie es mir an demselben Abend noch weiter erging, will ich hier erst etwas einschalten.

      Der Leser dürfte mit Recht fragen: wo bleibt denn das Fabelhafte, was mir der Kapitän von diesem indischen Riesenschiffe erzählt hatte, dem ich mit solch glühendem Entzücken gelauscht, daß es meine Phantasie selbst im Traume verwirrt hatte?

      Ja, auch ich war grenzenlos enttäuscht. Aber ich befand mich ja kaum erst zwei Stunden an Bord, ich konnte mir ja noch gar kein Bild machen, und später sollte ich erkennen, daß mir Kapitän Simmer doch nichts vorgeflunkert hatte. Ich sollte an Bord dieses Schiffes noch Märchenhaftes genug erleben.

      Was man sonst von mir hier verlangte, das war mir schnell genug klar. Es galt, den Stall des Augias zu reinigen.

      Was das bedeutet, ist wohl bekannt. Sonst soll es noch einmal gesagt werden.

      Herkules war zur Sühne einer Schuld verpflichtet, zwölf Arbeiten zu verrichten, welche ihm sein Stiefbruder Eurystheus auferlegen würde.

      Als siebente Arbeit bekam er den Auftrag, den Stall des Königs Augias zu reinigen, in dem seit vielen Jahren dreitausend Rinder gestanden hatten, ohne einmal gereinigt worden zu sein, und infolgedessen hatte sich der Mist derartig aufgehäuft, daß eine Reinigung außerhalb der Menschenmöglichkeit zu liegen schien. Schon viele hatten sich an die Arbeit gemacht, aber die dreitausend Rinder waren immer fixer gewesen als die Leute mit den Mistgabeln, es kam nur immer mehr hinzu.

      Nun also erhielt Herkules den Auftrag, diesen Stall innerhalb eines einzigen Tages zu reinigen.

      Bei dieser Arbeit zeigte sich der Göttersohn mehr als pfiffiger Ingenieur denn als Held – er leitete einfach das Wasser zweier Ströme durch den Stall und schwemmte auf diese Weise den ganzen Mist innerhalb eines Tages fort. Die Heldenarbeit mag nur darin bestanden haben, die beiden Ströme erst abzuleiten, wobei Herkules sicherlich tüchtig mit der Schaufel geschafft haben muß.

      Wirklich, für mich lag hier eine ähnliche Aufgabe vor. Ich sollte Ordnung an Bord dieses Riesenschiffes bringen, auf und in dem vollkommene Anarchie herrschte – wenn auch im mildesten Sinne dieses Wortes.

      War ich denn hierzu überhaupt befähigt?

      Auch der Leser wird schon empfunden haben, daß ich mich bisher, seitdem ich mich Kapitän nannte, nicht besonders mit Ruhm bedeckt hatte. Zumal bei jeder geschäftlichen Angelegenheit hatte ich Fiasko gemacht. Ständig war ich von vorn und von hinten übers Ohr gehauen worden. Kurz und gut, ich eignete mich durchaus nicht zum Geschäftsmann, da war ich naiv und hilflos wie ein kleines Kind, und was man hier von mir verlangte, das hatte doch verzweifelte Aehnlichkeit mit einem geschäftlichen oder organisatorischen Unternehmen.

      Eignete ich mich also hierzu wirklich, daß die Wahl des Maharadschas – für mich ebenfalls noch ganz rätselhaft – auf mich gefallen war?

      Nun, ich will hier gleich vorausschicken, daß ich diese Aufgabe glänzend gelöst habe. Ja, ich habe diesen neuen Stall des Augias gereinigt, und das in kürzester Zeit. Ich habe vollbracht, was schon manch anderem mißlungen war. Denn wie ich später erfuhr, hatte ich schon drei Vorgänger gehabt, ebenfalls Kapitäne, welche Ordnung in diese heillose Verwirrung hatten bringen sollen. Aber alle drei hatten bald die Mistgabel verzweifelt hingeworfen.

      Ja, in mir hatte der Maharadscha den rechten Mann gefunden. Denn hier wurden keine geschäftlichen Fähigkeiten, kein Finanzgenie gebraucht, sondern ein Mann, der meine urwüchsige Natur besaß, der genau so auftrat, wie ich es dann tat, was ich nun des weiteren schildern werde.

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