DAS GOLD DER INKA (Drake Ramsey). Russell BlakeЧитать онлайн книгу.
bin nicht gerade auf der Suche nach Bindung.«
Sie musterte ihn amüsiert. »Dabei sind Fesselspielchen doch heute total in, wenn man den Bestsellerlisten Glauben schenken darf!«
Er verschluckte sich fast vor Lachen und irgendwie fiel ihm keine gute Retourkutsche ein. Sie gestikulierte in Richtung Wohnzimmer. »Ich glaube, mein Dad vermisst dich schon. Bestimmt will er noch ein bisschen über alte Zeiten reden.«
»Oh, stimmt ja. Sorry, dass ich ihn so in Beschlag nehme. Es ist nur … ich habe meinen Vater nie kennengelernt, deswegen ist das für mich …«
»Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen, ist doch ganz natürlich. Geh’ mal wieder rein, du hast ihn lange genug warten lassen, während du mich mit deinen Kopfgeldjäger-Geschichten unterhalten hast.«
»Ich habe dir doch gar keine erzählt.«
»Dann heben wir uns das für ein anderes Mal auf. Soll ich dich Hunter nennen? Oder Killer? Was gefällt dir besser?«
»Hey, du!, funktioniert eigentlich immer am besten.«
Drake kehrte ins Wohnzimmer zurück, wo Jack mit einem Fotoalbum auf dem Schoß saß. Als Drake sich auf dem Sofa niederließ, bekam er die dicke Kladde in die Hand gedrückt.
»Hier sind ein paar Bilder von deinem Vater drin. Von damals, manche sogar aus Südamerika. Aber nicht viele, wir waren ja keine Touristen.«
Drake blätterte durch die Seiten und fand hier und da eine Aufnahme seines Vaters. Auf einer posierte er grinsend mit einem gefangenen Fisch. Auf einer anderen prostete er mit einem halb leeren Bier in Richtung Kamera. Auf der nächsten Seite standen Jack und Ford mit Stirnbändern und Sonnenbrillen neben zwei Harleys.
»Du kannst gerne welche davon mitnehmen. Ich habe sie mir oft genug angesehen. Wird Zeit, dass sie ein neues Zuhause finden!«
»Das … das ist ein super nettes Angebot, da komme ich gerne drauf zurück. Tausend Dank!«
»Ist doch nicht der Rede wert. Ach ja, wo ich gerade dabei bin – ich habe ja noch etwas für dich! Einen besonderen Schatz deines Vaters, den ich hier seit über zwanzig Jahren aufbewahre. Sein Ein und Alles!«
»Ernsthaft?« Drake schaute mit großen Augen von dem Album auf. »Was ist es denn?«
Jack erhob sich und ging zu einem massiven Schrank. Er nickte Drake zu und öffnete die Türen. Drake erhaschte einen Blick auf eine ganze Reihe Gewehre, als Jack sich herunter beugte und nach etwas kramte. Als er sich umdrehte, trug er ein Bündel aus Tüchern in der Hand. Er kehrte an den Kaffeetisch zurück und überreichte es Drake, der es mit unverhohlener Neugier anstarrte.
»Das hat er in Südamerika nie aus den Augen gelassen. Hat es seinen Argumentverstärker genannt«, meinte Jack, während Drake das Tuch auseinanderfaltete.
Darin befand sich das größte Messer, das Drake je gesehen hatte. Es hatte einen schwarzen, hölzernen Griff, der geschmeidig in der Hand lag. Er zog die Klinge aus der Scheide und drehte sie im Licht, das stählerne Metall glänzte wie poliertes Chrom. An der Spitze war eine Reihe fieser Sägezähne angebracht, während die Schneide scharf genug schien, um sich damit zu rasieren.
»Das ist ein Bowie-Survival-Messer, das ein alter Freund damals für ihn angefertigt hat. Der Mann war ein echter Meister, leider ist er schon lange nicht mehr bei uns. Das ist eine Dreißig-Zentimeter-Klinge aus rostfreiem Edelstahl, der Griff ist aus Pakkaholz. Das Ding ist praktisch unzerstörbar, man kann es als Machete benutzen«, erklärte Jack ehrfürchtig. »Spürst du das Gewicht? Es ist perfekt ausbalanciert. Schmiegt sich super in deine Hand, und gleichzeitig sieht jeder sofort, dass du es ernst meinst.«
»Das hat ihm gehört?«
»Er hat es regelrecht geliebt. Fast schon abgöttisch.«
»Wofür stehen die Initialen?«, fragte Drake, als ihm die Markierungen auffielen.
»Er hat das Messer nach den zwei Dingen benannt, die ihm im Leben am wichtigsten waren. Seinen Sohn und seine Frau. DAR steht für Drake und Anna Ramsey. Manchmal ist er damit ums Lagerfeuer stolziert und hat es geschwungen wie ein Pirat und hat ständig wiederholt: Dar. Dar! Darrr! Das war am Anfang echt witzig, hat sich aber doch recht schnell abgenutzt. Aber wie dem auch sei, DAR gehört jetzt dir! Das hätte er gewollt.«
Drake legte das Messer vorsichtig auf den Tisch und lehnte sich wieder in die Sofakissen. »Danke, Jack. Weißt du eigentlich, dass meine Mutter vor sechs Jahren gestorben ist?«
»Ja, ich habe über Umwege davon erfahren. Und es hat mir sehr leidgetan. Sie war wirklich ein Engel.«
Drake musste schlucken. »Ja, das war sie. Der Krebs hat sie erledigt, aber ich habe immer geglaubt, dass der wahre Grund ihr gebrochenes Herz war. Sie ist nie über ihn hinweggekommen, das war ganz offensichtlich. Sie hatte eine Menge Verehrer, war aber überhaupt nicht interessiert. Dafür habe ich meinen Dad gehasst. Ich habe ihm die Schuld gegeben. Und jetzt, wo ich weiß, dass er uns für so einen albernen Traum verlassen hat …«
»Das war kein alberner Traum. Er war sich sicher, dass er den Schatz finden würde und dass damit die Zukunft eurer Familie für Generationen gesichert wäre. Dafür hat er Opfer gebracht, und das hat er für dich getan. Davon hat er die ganze Zeit nur geredet. Von dir und deiner Mutter, und was für ein tolles Leben ihr durch den Schatz haben würdet.« Jack blickte finster drein, doch dann wurde sein Gesichtsausdruck sanfter. »Du hältst das für eine egoistische Entscheidung, aber in Wahrheit war es genau das Gegenteil. Ich kann ja verstehen, warum du so empfindest, aber es ist ganz und gar nicht gerechtfertigt.«
»Das sehe ich anders.«
»Aber jetzt, wo du die Hintergründe kennst …« Jack holte Luft. »Mein Junge, ich habe schon so einiges erlebt, also lass' mich dir eines sagen: Niemand hat das Recht, über andere zu urteilen. In deinem Alter denkt man, man wisse alles, aber du bist kein unfehlbares Barometer für Recht und Unrecht, und du hast den absolut falschen Eindruck von deinem Vater. Sicher war er nicht perfekt, das ist niemand, Aber er war ein verdammt guter Mann, da gebe ich dir Brief und Siegel drauf.«
Drake schwieg. Er rieb sich die Augen, nach nur drei Stunden Schlaf war er inzwischen todmüde.
»Ich sollte mich auf den Weg machen. Von den Bildern würde ich gerne einige mitnehmen. Und vielen Dank, dass du das Messer so lange für mich aufbewahrt hast … und vor allem dafür, dass du mir einen Einblick verschafft hast, wer mein Vater wirklich war. Das bedeutet mir eine Menge.«
»Und er wäre darüber auch sehr froh, Drake, denn er hat dich wirklich mehr geliebt, als du es dir vorstellen kannst. Dich und deine Mutter.«
Ein Klirren aus der Küche ließ die Männer aufschrecken, es folgte ein gezischter Fluch von Allie.
»Süße, alles okay bei dir?«, rief Jack, während er sich hochwuchtete.
»Ja, sorry Dad, ich und meine Flutschfinger. Ich habe einen Teller fallen lassen, aber sonst ist alles gut!«
Jack ließ sich wieder in seinen Sessel fallen und sie schwiegen eine Weile, während Drake noch einmal durch das Fotoalbum ging. Nach ein paar Minuten legte er es neben das Messer.
»Jack, vielen Dank für die Gastfreundschaft. Wenn es dir nichts ausmacht, schaue ich morgen früh noch mal rein. Gibt es hier irgendwo ein brauchbares Motel?«
»Willst du mich verarschen, mein Junge? Du brauchst doch nicht in ein Motel zu gehen! Wenn du ein bisschen Staub abkannst und dich Allies Schnarchen durch die Wände nicht stört, dann kannst du gerne das dritte Schlafzimmer nehmen! Platz haben wir hier genug.«
»Ich bin euch doch schon genug zur Last gefallen.«
»Davon habe ich nichts bemerkt.«
Drake lächelte. »Vorhin wolltest du mich noch erschießen.«
»Tja, wenn du versuchen solltest, dich in Allies Zimmer zu schleichen, werde ich das auch machen! Ob mit Messer oder ohne, eine volle Ladung Schrot wird dich schon aufhalten.«
»Ich