Gesammelte Werke. Henrik IbsenЧитать онлайн книгу.
Nun hilft Dir wohl nimmer Dein Flattern und Fliehn, –
Bald sitzt Du im Netze gefangen!
Agnes.
Bin ich ein Schmetterling, jung und fein,
Mag lustig der Wind mich entführen;
Doch fängst Du mich ein in Dein Netzgespinst,
So darfst mir die Flügel nicht rühren!
Ejnar.
Nein, nein, ich nehm' Dich so zart auf die Hand
Und schließe Dich ein in mein Herze;
Da magst Du treiben Dein Lebelang
Die fröhlichsten Spiele und Scherze.
(Unvermerkt haben sie sich einem schroffen Abhang genähert; sie stehen nun hart am Rande.)
Brand.
Halt! Halt! Dort ist ein Abgrund!
Ejnar. He!
Wer da!
Agnes (zeigt nach oben.)
Sieh, dort!
Brand. Bergt Euch beizeiten!
Ein Schritt noch, – und der lockre Schnee
Wird jäh mit Euch zur Tiefe gleiten!
Ejnar (schlingt den Arm um sie und lacht hinauf.)
Uns hat das Glück sein Wort verpfändet –!
Agnes.
Ein Leben uns zum Spiel beschert!
Ejnar.
Uns einen Sonnenschein gewährt,
Der erst in hundert Jahren endet.
Brand.
Erst dann gedenkt Ihr –?
Agnes (den Schleier schwingend.)
Nicht dies Wort! –
Dann spielen wir im Blauen fort.
Ejnar.
Erst hundert Jahr' im Weltgewimmel,
In Wonnen ohne Maß und Ziel, –
Ein hundertjährig Liebesspiel –
Brand.
Und dann?
Ejnar. Dann wieder heim – zum Himmel.
Brand.
So kommt Ihr wohl von dort gereist?
Ejnar.
Natürlich; woher sonst?
Agnes. Das heißt,
Zu allerletzt, da kamen wir
Vom Tal dort –:
Brand. Ja, ich sah Euch beide
Vor kurzem schon; da standet Ihr
Noch drunten an der Wasserscheide.
Ejnar.
Ja, dort verließen wir die Stund'
Ein frohes Häuflein uns Getreuer
Und siegelten mit Hand und Mund
Erinnerungen, allen teuer.
Ach, kommen Sie zu uns hernieder
Und hören Sie den holden Text,
Den Urtext aller unsrer Lieder! –
Was stehn Sie wie zu Stein verhext!
Der reine Gletschermann! So gehn Sie
Doch auf! So, recht! Ich also, sehn Sie,
Bin erstlich Maler. Schon welch Glück,
So Welt und Leben Stück um Stück
Zu bannen, – gleich dem Allgestalter
Aus Larven zaubernd bunte Falter!
Doch 's Schönste, was mir Gott vertraut,
Ist Agnes, meine holde Braut!
Ich kam von langen Südlandreisen,
Allein mein Malzeug als Gepäck –
Agnes (eifrig.)
So königsfroh, so siegeskeck –
Und wußte wohl die tausend Weisen!
Ejnar.
Just als ich hier durchs Dorftal strich,
War sie hier zu Besuch, um sich Zu trinken rot an Bergesluft Und Sonn' und Tau und Tannenduft. Mich trieb's wie Schickung nach hier oben; Das sang in mir, wie ein Geloben, Im Bach, im Wald, im Wolkenwehn Der Schönheit Urquell nachzugehn. Da malt' ich denn mein Meisterstücke: Ein rosig Licht auf ihre Wang', Ein Augenpaar, entflammt von Glücke, Ein Lächeln, das ins Herze sang –
Agnes.
Doch was Du maltest, sahst Du kaum,
Trankst blinden Zugs des Lebens Schaum, –
Bis eines Tags ein Morgen kam,
Wo er sein Malzeug wieder nahm –
Ejnar.
Da fiel mir ein – du liebe Zeit!
Ich hatte ja noch nicht gefreit! Juchhei! So ward gefreit, gewährt, Und alles so gelöst, geklärt. Wie froh da unser Doktor ward, Das hatte nur so seine Art. Drei Tage ließ er uns zu Ehren, Der Alte, Tanz und Jubel währen, Honoratioren, Klerisei, Die ganze Jugend war dabei. Heut nacht denn zogen wir vom Gut, – Doch hörte drum das Fest nicht auf, – Mit Schärpen, Fahnen, Laub am Hut, Den Wald hinein, den Berg hinauf, Mit uns der ganze heitre Hauf.
Agnes.
Und unsre Bergfahrt ward ein Tanz
Zu zwei'n bald, bald im Reigenkranz.
Ejnar.
Wir führten süßen Wein als Fracht.
Agnes.
Von Singen scholl die Sommernacht.
Ejnar.
Und selbst der Nebel schwerer Flug, –
Gehorsam wich er unserm Zug.
Brand.
Und nun wohin des Wegs?
Ejnar. Gradaus.
Zur Stadt –
Agnes. – der Stadt, wo ich zuhaus.
Ejnar.
Erst noch ein westlich Stück hier oben,
Dann nach dem Fjord des Weges Rest;
Auf Egirs Brauthengst, dampfumschnoben,
Heimreiten wir zum Hochzeitsfest, –
Und dann hinab gen Süd zusammen,
Wie Schwäne auf der ersten Fahrt –!
Brand.
Und dort –?
Ejnar. Ein einzig Liebesflammen,
Wie Träume groß, wie Märchen zart!
Denn, traun! an jenem Sonntagsmorgen,
War auch kein Priester weit und breit,
Ward unser Leben licht von Sorgen,
Ward es zum Freudenfest geweiht!
Brand.
Von wem?
Ejnar. Von all dem frohen Volke.
Da ward der Becherspruch getan,
Nie dürfe finstre Wetterwolke
Dem Laubdach unsrer Hütte nahn, –
Da jedes Warnwort vor Gefahren
Hinweggeküßt, verbannt, verpönt, –
Da wurden wir mit Laub in Haaren
Zu Lieblingen des Glücks gekrönt.