Gesammelte Werke. Henrik IbsenЧитать онлайн книгу.
Da bekreuzten sich Männer und Frauen;
(Mit den Händen gegen die Brust.) Doch mich durchfuhr ein seliges Grauen. Ich kannte das Lied ja, zu Haus im Saal Sang Gudmund es uns gar manches Mal, So manchen Abend den Winter lang, – Ich kenne doch alles, was Gudmund sang.
Margit. Und Du glaubst –?
Signe. Es kann gar nicht anders sein!
So schlag Deine Zweifel doch nieder!
(Lachend.) Kommt denn nicht jedes' Singvögelein Zuletzt aus der Fremde wieder? Ich weiß selbst nicht – doch ich bin so froh –! Da fällt mir ein – so mach' ich es, so! Seine Harfe hing all die Zeiten Da drin an der Wand. Ich nehm' sie herab Und mach' sie zurecht und staube sie ab Und stimme die goldenen Saiten.
Margit (geistesabwesend.) Tu, was Dich lüstet –
Signe (vorwurfsvoll.) Ach Margit, so nicht! (Umfaßt sie.) Wenn Gudmund kommt, wird Dein Sinn wieder licht, Wie, da wir noch Kinder waren.
Margit (vor sich hin.) Was hab' ich seit damals erfahren – –
Signe. Margit, Du solltest doch glücklich sein!
Hast Du nicht Hof und Gesinde?
Hast Du nicht kostbare Kleider im Schrein
Und Spangen und Perlengewinde?
Am Tage jagst Du den Rehen nach
Und reitest durch Wälder und Au'n;
Die Nächte ruhst Du im Frauengemach
Auf Polstern von weichstem Daun.
Margit (blickt durch das Erkerfenster.) Und er, er spräche auf Solhaug ein?!
Signe. Was sagst Du?
Margit (wendet sich um.) Nichts – geh, schmücke Dich fein! So hoch wie ich kannst Du leichtlich steigen – Wer weiß, wie bald –
Signe. Wie sollte das sein?
Margit (streicht ihr übers Haar.) Ich meine, – nun ja, das wird sich ja zeigen, – Gesetzt, es stellte ein Freier sich ein –?
Signe. Ein Freier? Um wen?
Margit. Um Dich.
Signe (lacht laut.) Gute Nacht! Der hätt' sich umsonst auf den Weg gemacht!
Margit. Doch würb' er nun wirklich um Deine Hand?
Signe. So würd' ich ihm sagen, ich sei bis zum Rand
Voll Glück, und Heiraten lockte mich nicht.
Margit. Doch wenn er Dir Macht und Besitz verspricht?
Signe. Und wär' mir selber ein König hold
Und böte mir Seide und rotes Gold,
Wie ließ ich ihm gerne das Seine.
Ich hab' mich doch selber, was frag' ich danach,
Und den Sommer, die Sonne, den rauschenden Bach
Und Dich und die Vöglein im Haine.
O liebste Schwester, – ich bleib', wo ich bin;
Der König bekommt keine Königin;
Denn ich hab' keine Zeit und zu fröhlichen Sinn!
(Sie eilt singend links hinaus.)
Margit (nach einer Pause.) Gudmund Alfsön sollte hierher kommen? Hierher – nach Solhaug? Nein, nein, das kann nicht sein. – Sie hätte ihn singen hören. So sagte Signe. Wenn ich die Tannen rauschen hörte tief drinnen im Wald, wenn ich den Wasserfall donnern hörte und die Vöglein locken in den Wipfeln der Bäume, da kam es mir oft genug vor, als ob Gudmunds Lieder in all das sich mischten. Und doch war er weit von hier, – Signe hat sich getäuscht. Gudmund kommt nicht.
Bengt (in geschäftiger Eile, ruft aus dem Hintergrund.) Ein unerwarteter Gast, liebe Frau!
Margit. Wer denn?
Bengt. Gudmund Alfsön, Dein Vetter. (Ruft durch die Tür rechts hinaus.) Die beste Gastkammer instand setzen – und das sofort!
Margit. Ist er denn schon auf dem Hof?
Bengt (blickt über die Außengalerie hinaus.) Noch nicht; aber lange wird es nicht währen. (Ruft wieder rechts hinaus.) Das geschnitzte Eichenbett mit den Drachenköpfen! (Tritt zu Margit.) Sein Waffenträger brachte Gruß und Botschaft von ihm; er selbst folgt ihm nach.
Margit. Sein Waffenträger? Kommt er mit Waffenträgern hierher?
Bengt. Ja, das wollt' ich meinen. Ein Waffenträger und sechs gerüstete Mannen sind bei ihm. Na ja, Gudmund Alfsön ist auch jetzt ein ganz andrer Mann denn damals, als er auf die weite Reise auszog. Aber ich muß hinunter und ihn empfangen. (Ruft hinaus.) Legt den Sattel von Goldleder auf mein Roß! Und vergeßt nicht den Zaum mit den Schlangenköpfen! (Blickt wieder hinaus.) Au, da ist er schon an der Hecke! Na, dann meinen Stab her – den mit dem silbernen Knopf! Solch ein Herr, – Gott straf' mich – er muß mit Ehren empfangen werden, mit großen Ehren. (Er geht durch den Hintergrund ab.)
Margit (grübelnd.) Ein armer Gesell, so zog er einst aus, Nun kommt er mit Knappen und Mannen nach Haus. Was will er? Ob er zu schauen begehrt, Wie bitter mich Kummer und Weh versehrt? Lockt ihn, zu prüfen, wie viel ich ertrage, Bevor ich gebrochenen Herzens verzage? Meint er, daß –? Ah, prüfe nur fein; Du sollst Deiner Freude betrogen sein! (Sie winkt durch die Tür rechts hinaus.)
(Drei Mägde kommen herein.)
Margit. Merkt auf, meine Kinder. Vor allem schafft
Ihr mir den Mantel aus blauem Taft.
Dann folgt mir zur Kammer an Euer Amt
Und kleidet mich prächtig in Pelz und in Samt.
(Zu zweien von ihnen.) Ihr hüllt mich in Scharlach und Hermelin. (Zur dritten.) Du sollst mir mit Perlen das Haar durchziehn (Zu allen.) Nun nehmt meinen Schmuck und tragt ihn hinaus! (Die Mägde gehen mit dem Schmuckkästchen links ab.) So will ich's! Ich bin ja in Bergkönigs Haus. Heut stell' ich einmal meinen Brautstaat aus. (Sie geht links ab.)
(Bengt führt Gudmund Alfsön über die Außengalerie im Hintergrunde herein.)
Bengt. Und noch einmal, – Heil Euch unter Solhaugs Dach, meiner Frauen Vetter!
Gudmund. Ich dank' Euch. Und wie geht es ihr? Sie fühlt sich doch wohl in jeder Hinsicht, will ich hoffen?
Bengt. Ja, darauf könnt Ihr schwören, das tut sie. Es fehlt ihr nichts. Mit ganzen fünf Zofen kann sie schalten und walten; ein trefflich gesattelt Roß steht bereit, sobald sie nur danach lüstet. Na, kurz gesagt, sie hat alles, was ein sittsam Weib begehren kann, um mit seiner Lage zufrieden zu sein.
Gudmund. Und Margit, – sie ist denn auch wohl zufrieden?
Bengt. Gott und jedermann sollte glauben, sie müßt' es sein; aber seltsam genug –
Gudmund. Was meint Ihr?
Bengt. Ja, Ihr mögt es nun glauben oder nicht, es kommt mir so vor, daß Margit munterer war, da sie noch in dürftigen Verhältnissen lebte, als seit sie Herrin auf Solhaug ward.
Gudmund (vor sich hin.) Ich wußte es doch; es mußte so kommen.
Bengt. Was sagt Ihr, Vetter?
Gudmund. Ich sage: höchlich wundert mich, was Ihr da von Eurer Frau erzählt.
Bengt. Ja, meint Ihr nicht, daß es mir ebenso geht? Ich will nimmermehr ein ehrlicher Gutsherr heißen, wenn ich weiß, was sie sich noch wünschen könnte. Ich bin den ganzen Tag um sie, und niemand wird mir nachsagen können, daß ich sie streng hielte. Alle Aufsicht über Haus und Hof hab' ich auf mich genommen; – und nichtsdestoweniger –. Na, Ihr wart ja immer ein lustiger Gesell; ich denke wohl, Ihr bringt Sonnenschein mit.