Gesammelte Werke. Henrik IbsenЧитать онлайн книгу.
bei meines Vaters Namen
Und meiner Mutter Seele –! Furia,
Was faßt Dich an? Dein Auge lodert wild,
Und marmorn ist Dein Antlitz wie der Tod.
Furia.
Ich weiß es selber nicht. Ein Feuerstrom
Durchbraust mich. Schwöre! Schwör den Eid zu Ende!
Catilina.
Gießt aus, Gewaltige, auf diesen Scheitel
All Euren Groll, laßt Eures Zornes Blitz
Erschlagen mich, wenn meinen Eid ich breche:
Sein böser Dämon will ich ewig sein!
Furia.
Genug; ich glaube Dir; das war Erlösung.
In Deiner Hand weilt meine Rache jetzt.
Catilina.
Sie soll ihn treffen. Doch nun sag' mir auch,
Wer ist Dein Feind? Und was war sein Verbrechen?
Furia.
Am Rand des Tibers, weit vom Lärm der Stadt,
Stand meine Wiege, war mein stilles Heim.
Die beste Schwester lebte dort mit mir,
Als Kind schon ausersehn zum Dienst der Vesta.
Da kam ein Lüstling unsern Frieden stören,
Er sah die junge, keusche Priesterin –
Catilina (überrascht.) Der Vesta –? Nun –?
Furia. Und schändete das Mädchen.
Sie suchte sich ein Grab im Tiberstrom.
Catilina (unruhig.)> Du kennst den Mann?
Furia. Ich sah ihn nie im Leben.
Vorbei war alles, da mir Botschaft wurde.
Doch seinen Namen kenn' ich nun.
Catilina. Wohlan!
Furia.
Man kennt ihn weit; er lautet – Catilina.
Catilina (fährt zurück.) Was sagst Du? O, entsetzlich! Furia –!
Furia.
Bemeistre Dich! Was fehlt Dir? Du erbleichst.
Mein Lucius, – ist dieser Mann Dein Freund?
Catilina.
Mein Freund? Nein, Furia, – nicht fürder mehr.
Ich hab' verflucht – mit ewigem Haß verdammt –
Mich selbst.
Furia. Dich selbst! Du – Du bist Catilina?
Catilina.
Ich bin es.
Furia. Du entehrtest Silvia?
Ha, so hat Nemesis mein Flehn erhört;
Selbst riefst die Rache Du auf Dich hernieder!
Weh, Missetäter, über Dich!
Catilina. Wie funkelnd
Dein Auge starrt! Wie Silvias Gespenst
Erscheinst Du mir beim matten Lampenschein!
(Er eilt hinaus; die Lampe mit dem heiligen Feuer erlischt.)
Furia (nach einer Pause.) Ja, nun begreife ich. Vor meinen Blicken Zerriß der Schleier, und ich schau' in Nacht. Haß war es, was in meiner Brust entbrannte, Da ihn zum ersten Mal mein Auge sah. Ein seltsam Grauen; eine blutige Flamme! O, er soll fühlen, was ein Haß wie meiner, Ein ewig gärender, ein nie zufriedner, Ausbrüten kann an Rache und Verderben!
Eine Vestalin (tritt auf.) Geh, Furia; Du wachtest nun genug; Ich werde nun –. Doch, heilige Göttin Vesta, – Was seh' ich! Weh Dir, weh! Die Flamm' erlosch!
Furia (verwirrt.) Erlosch? So blutig hat sie nie gelodert; Die lischt nicht aus.
Die Vestalin. Ihr Ewigen, was ist das?
Furia.
Des Hasses Glutmeer lischt so leicht nicht aus!
Die Liebe, ja, die sproßt in einer Stunde –
Und stirbt die nächste; doch der Haß –
Die Vestalin. Ihr Götter,
Dies ist ja Wahnwitz!
(Ruft hinaus:) Kommt! Zu Hilfe! Hilfe!
(Vestalinnen und Tempeldiener eilen herbei.)
Einige.
Was ist geschehn?
Andere. Die Vestaflamm' erloschen!
Furia.
Doch die des Hasses, die der Rache brennt!
Die Vestalinnen.
Fort, fort mit ihr, zu Urteil und Gericht!
(Sie führen sie in ihrer Mitte ab.)
Curius (tritt hervor.) Zum Kerker führt man sie. Von dort zum Tode. Nein, bei den Göttern, nein, das darf nicht sein! Soll sie, die stolzeste von allen Weibern, Lebendigen Leibs begraben, schimpflich enden? O, niemals hab' so seltsam ich empfunden! Ist dies wohl Liebe? Liebe, ja, das ist's. Ich werde sie befrein! – Doch Catilina? Verfolgen will sie ihn mit Haß und Rache. Hat er der Widersacher nicht genug? Darf auch noch ich der Feinde Zahl ihm mehren? Er war zu mir so wie ein ältrer Bruder; Zu schirmen ihn gebeut mir Dankbarkeit. Allein die Liebe? Was gebeut mir sie? Und sollte er, der kühne Catilina, Vor eines Weibes Anschlag zittern? Nein; – Zum Rettungswerk in dieser Stunde noch! Mut, Furia; ich zieh' Dich aus der Gruft Ans Leben wieder, – gält's auch meines selbst! (Schnell ab.)
(Ein Saal im Hause Catilinas.)
Catilina (tritt auf, heftig und unruhig.) "Ha, so hat Nemesis mein Flehn erhört; Selbst riefst die Rache Du auf Dich hernieder." So scholl es drohend von der Schwärm'rin Lippen. Verwunderlich! Es war vielleicht ein Wink, Ein Zeichen dessen, was die Zeiten bringen. So weiht' ich denn mit hohem Eid mich selbst Zum blutigen Rächer meiner eignen Untat. Ah, Furia, ich fühl' Dein Flammenauge Mir Todesahnung in die Seele senken! Hohl dröhnt im Ohr mir Deine düstre Rede; Und Tag um Tag will ich des Eids gedenken.
(Während des Folgenden tritt Aurelia ein und nähert sich ihm, ohne von ihm bemerkt zu werden.)
Catilina.
Doch, Torheit, um dies ungereimte Zeug
Sich noch zu kümmern; – denn es ist nichts andres.
Auf bessern Wegen kann mein Grübeln gehn,
Und größre Ziele warten meiner Gaben.
Die Zeit bedarf der Männer mehr und mehr;
Ihr heißt es jede letzte Kraft bewahren.
Doch Zweifel wirft und Hoffnung mich umher –
Aurelia (ergreift seine Hand.) Und darf Aurelia nicht den Grund erfahren? Darf sie, was diese teure Brust durchtost, Aus wildem Aufruhr nicht in Frieden singen? Darf sie nicht nahn mit einer Gattin Trost Und dieser Stirn Gewölk zum Weichen bringen?
Catilina (sanft.) Mein Weib Aurelia, wie gut und treu! Allein wozu das Leben Dir verbittern? Warum mit Dir die dunkeln Sorgen teilen? Du littst durch meine Schuld der Pein genug. Auf meinem eignen Nacken tragen will ich, Was mir das feindliche Geschick bescherte, – Den ganzen Fluch des unheilvollen Bundes, Der starke Seelenkraft, sehnsüchtigen Drang Nach ungemeiner, großer Tat verknüpft Mit niederm Los, das jeden Aufschwung hemmt. Wie? Sollt' auch Dir zu langem, tiefem Zug Die bittre Schale meines Schicksals schäumen?
Aurelia.
Zu trösten ist des Weibes Recht und Fug.
Wohl