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Metaphysik: Das Grundlegende aller Wirklichkeit. AristotelesЧитать онлайн книгу.

Metaphysik: Das Grundlegende aller Wirklichkeit - Aristoteles


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Damit wäre denn die ganze physikalische Betrachtung eigentlich beseitigt. Aber auch das, was doch so leicht zu sein scheint, nämlich zu zeigen, daß eine Gesamtheit von Gegenständen eins ist, auch das nicht einmal bringen sie zustande. Denn durch ihr Heraussetzen einer Wesenheit als einer selbständigen wird nicht etwa die Einheit der Gesamtheit gesetzt, sondern auch wenn man ihnen alles zugibt, doch nur ein besonderes an sich seiendes Eins, und nicht einmal dies, wenn man ihnen nicht auch das zugibt, daß das Allgemeine eine Gattung ausmacht, was doch in manchen Fällen unmöglich ist. Es gibt aber auch keinen rechten Aufschluß über das, was sie sich am nächsten an die Zahlen anschließen lassen, ideale Linien, Flächen und Körper, weder wie diese existieren oder abzuleiten sind, noch welche Bedeutung sie haben.

      Denn Ideen können sie nicht sein - sie sind ja keine Zahlen -, und das »Mittlere« auch nicht - denn das wäre das Mathematische - und gehören auch nicht zu den vergänglichen Dingen. So tritt uns denn hier ein weiteres, viertes Geschlecht des Seienden entgegen.

      Völlig unmöglich endlich ist es, die Elemente des Seienden ausfindig zu machen, wenn man nicht unterscheidet, in wie vielfachem Sinne vom Seienden gesprochen wird, und nun gar, wenn man nach der Weise der Platoniker die Untersuchung so anstellt, daß man fragt, welcher Art die Elemente sind, aus denen alles Seiende besteht. Denn die Frage, aus welchen Elementen etwa das Tun oder das Leiden oder das Gerade besteht, ist doch völlig unverständlich; soll die Frage nach den Elementen einen Sinn haben, so kann es sich doch immer nur um die Elemente eines selbständig Existierenden handeln. Schon deshalb hat es keinen Sinn, wenn man von allem Seienden die Elemente sucht oder sie gar erkannt zu haben glaubt.Was kann es denn auch nur heißen, daß man die Elemente von allem kennen lernt? Offenbar wäre dann die Voraussetzung, daß man vorher gar keine Kenntnis von irgend etwas besitzt. Denn wie der Jünger der Mathematik wohl anderes vorher schon wissen kann, aber das, was Gegenstand seiner Wissenschaft ist und was er zu erlernen im Sinne hat, nicht schon vorher kennt, so ist es auch bei den anderen Wissenschaften; und wenn es daher eine Wissenschaft gibt, die sich auf alles erstreckt, wie manche behaupten, so würde, wer an sie herantritt, vorher schlechterdings nichts wissen dürfen. Und doch geschieht alles Erlernen auf Grund davon, daß alles oder doch einiges schon vorher erkannt ist, und zwar ebenso, wo auf dem Wege des Beweises, wie da, wo vermittels von Definitionen das Erlernen stattfindet. Die Elemente der Definition muß man schon vorher kennen und mit ihnen vertraut sein, und bei dem Verfahren der Induktion verhält es sich ebenso. Gesetzt aber, dies Wissen wäre uns angeboren, so wäre es erst recht zu verwundern, wie wir die wichtigsten Erkenntnisse besitzen können, ohne es zu wissen. Und dann, wie kann jemand erkennen, aus welchen Elementen das Seiende besteht, und wie kann er es deutlich machen? Auch das hat seine Schwierigkeit. Die Bedenken, die sich hier erheben, sind ganz ähnlich, wie die betreffs gewisser Silben. Die einen lassen »Za« aus s, d und a bestehen, andere lehren dagegen, Z sei ein besonderer Laut für sich und keiner von den bekannten. Außerdem, wo es sich um Gegenstände sinnlicher Wahrnehmung handelt, wie kann man diese kennen, wenn einem die sinnliche Wahrnehmung fehlt? Und doch müßte diese Kenntnis möglich sein, wenn die Elemente aller Dinge ebenso dieselben wären, wie die zusammengesetzten Laute aus den ihnen eigenen Elementen bestehen.

      Das Ergebnis unserer bisherigen Betrachtungen ist dies, daß alle Denker augenscheinlich um eben dieselben Arten des Grundes sich bemühen, die wir in unseren Schriften zur Naturwissenschaft bezeichnet haben, und daß sich außer diesen eine weitere nicht wohl aufzeigen läßt. Freilich haben sie sie nur dunkel angedeutet, und wenn in gewissem Sinne alle jene Arten des Grundes bereits früher erörtert worden sind, so ist es in gewissem Sinne auch wieder nicht der Fall gewesen. Denn die früheste Arbeit an der Wissenschaft in bezug auf jedes Objekt gleicht einem stammelnden Versuch; in ihren Anfängen und bei ihrer Entstehung erscheint sie wie ein Neuling. Noch Empedokles erklärt den Knochen durch das Verhältnis der Stoffe; dann bedeutet doch dieses Verhältnis das Wesen und die Substanz der Sache. Dann muß aber in demselben Sinne auch das Fleisch und jedes andere seinem Wesen nach dieses Verhältnis sein oder gar nichts; durch dieses Verhältnis also wäre Fleisch und Knochen und jegliches andere das was es ist, und nicht durch die Materie, die er dafür in Anspruch nimmt, Feuer, Erde, Wasser und Luft. Indessen, hätte ihm das ein anderer gesagt, so würde er wohl genötigt gewesen sein zuzustimmen; er selber hat es nicht ausdrücklich gesagt. Wir haben darüber schon oben gehandelt. Jetzt wollen wir uns wieder zurück und den Problemen zuwenden, die sich bei eben diesen Untersuchungen ergeben. Vielleicht gelingt es uns, daraus Material zu gewinnen, das uns die Behandlung der später hervortretenden Probleme erleichtert.

      I. Teil

       Die Probleme der Grundwissenschaft

       Inhaltsverzeichnis

      Indem wir nunmehr an die von uns zu behandelnde Wissenschaft herantreten, gilt es zunächst uns klar zu werden über die Fragen, über die wir eine Entscheidung zu treffen haben. Es sind zum Teil solche, über welche die Denker vor uns abweichende Ansichten geäußert haben; wir müssen aber auch an etwaige weitere denken, die sie übersehen haben möchten.

      Wer einer Sache recht auf den Grund kommen will, für den ist das erste Erfordernis dies, daß er den Problemen scharf ins Gesicht sehe. Denn die nachher zu erlangende Einsicht hängt an der Lösung der vorher ins Auge gefaßten Probleme; wer den Knoten nicht kennt, der kann ihn auch nicht lösen. Solch ein Knoten in dem Objekte aber ist es, den das Problem darstellt, wie es sich für das Nachdenken auftut. Dem Denken nämlich, sofern es die Schwierigkeit gewahr wird, ergeht es ganz ähnlich wie den Leuten, die sich durch einen festen Knoten eingeschnürt fühlen: beide können keinen Schritt vorwärts tun. Darum ist es nötig, zuvörderst alle Schwierigkeiten ins Auge gefaßt zu haben; ist es schon aus diesem Grunde geboten, so ist ein weiterer Grund der, daß man, wenn man ohne diese Erwägung der Probleme an die Untersuchung herantritt, dem Wanderer gleicht, der nicht weiß, wohin er seinen Weg zu richten hat; und daß man außerdem im andern Fall nicht einmal, wenn man etwas gefunden hat, zu erkennen imstande wäre, ob das Gefundene auch das ist, was man sucht, oder nicht. Denn in jenem Fall ist das Ziel nicht klar; wohl aber ist es dem klar, der zuvor die Probleme sich zum Bewußtsein gebracht hat. Dazu kommt, daß, wer ein Urteil zu fällen hat, notwendig sich in günstigerer Lage befindet, wenn er die Äußerungen sämtlicher sich befehdenden Gegner gleichsam wie streitender Parteien im Prozeß vorher angehört hat.

      1. Aufzeigung der Probleme

       Inhaltsverzeichnis

      Das erste Problem ist dasjenige, das wir schon in unserer Einleitung berührt haben, nämlich die Frage, ob die Untersuchung der letzten Gründe die Aufgabe einer oder mehrerer Wissenschaften ist, und ob die Wissenschaft nur die obersten Prinzipien der reinen Wesenheit zu betrachten hat, oder auch die Prinzipien, die überhaupt jedem Beweisverfahren zugrunde liegen, Prinzipien also wie dieses, ob es möglich ist, eines und dasselbe zugleich zu bejahen und zu verneinen, oder nicht, und was dergleichen mehr ist.

      Wenn ferner die Wissenschaft von der reinen Wesenheit handelt, so fragt es sich, ob eine Wissenschaft alleWesenheiten betrachtet oder ob es dafür eine Mehrheit von Wissenschaften gibt, und wenn das letztere der Fall ist, ob diese Wissenschaften alle untereinander verwandt sind, oder ob man die einen als philosophische Disziplinen, die anderen anders bezeichnen muß.

      Weiter gehört zu dem, was notwendig untersucht werden muß, auch dies, ob die sinnlich wahrnehmbaren Dinge als die einzigen zu gelten haben, die existieren, oder ob man außer ihnen noch andere anzunehmen hat, sowie ob man nur eine Gattung solcher selbständiger Wesen oder eine Mehrheit von Gattungen setzen soll, wie es diejenigen tun, welche die Ideen und dann noch als ein Mittleres zwischen den Ideen und den sinnlichen Dingen die mathematischen Objekte setzen. Das also, meinen wir, ist der erste Gegenstand der Untersuchung.

      Eine weitere Frage ist dann die, ob die Erörterung sich nur auf die reinen Wesenheiten zu erstrecken hat, oder auch auf die Bestimmungen, die ihnen als solchen zukommen. Weiter aber fragt es sich in bezug auf Identität und Unterschied, Ähnlichkeit und Unähnlichkeit,


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