PANDORA (Shadow Warriors). Stephen EnglandЧитать онлайн книгу.
und als er die Hand nach ihm ausstreckte, um sich zu untersuchen, blieb klebriges Blut an ihr hängen.
Er hatte keine Ahnung, wie lange er bewusstlos gewesen war. Mit seinem gesunden Arm tastete er an seiner Hüfte hinab, suchte nach seinem Funkgerät. Es war noch intakt. Er rückte sein Lippenmikrofon zurecht und setzte einen Funkspruch ab.
In Harrys Headset war plötzlich ein Knacken zu hören. »GUNHAND an alle Teammitglieder. Bitte kommen, bitte kommen.«
»GUNHAND, hier spricht EAGLE SIX. Was ist mit dir passiert?«
Die Stimme, die ihm antwortete, klang undeutlich, beinahe schwach. Irgendetwas war schiefgelaufen. »Hab mich bei der Landung selbst ausgeknipst, Sir.«
»Bist du kampffähig, GUNHAND?«
»Negativ, EAGLE SIX. Ich kann mich verteidigen, aber das ist auch schon alles. Hat meinen rechten Arm erwischt.«
»Verstanden. Schicke das Team zur Unterstützung vorbei. EAGLE SIX an LONGBOW, bleib in Position und gib uns Feuerschutz. Bitte bestätigen.«
»Roger, EAGLE SIX«, antwortete Thomas. »Halte Position für Feuerschutz.«
»EAGLE SIX an SWITCHBLADE, Statusreport. Ich wiederhole, SWITCHBLADE, haben Sie BIRDMASTER erreicht?«, erkundigte sich Harry und wiederholte dabei Tancrettis Decknamen. Er bekam keine Antwort. Das Einzige, was er hörte, war das Geräusch seiner eigenen Stimme. »Bitte kommen, SWITCHBLADE.«
Keine Antwort.
»EAGLE SIX an alle Teammitglieder. Ich habe Kontakt zu SWITCHBLADE verloren. Hat irgendwer von euch Sicht auf die Absturzstelle?«
»Negativ, Boss.«
CIA-Hauptquartier, Langley, Virginia, 17:22 Uhr Ortszeit
»Ich hatte Sie gewarnt, Direktor. Diese Operation sollte so wenig wie möglich Aufmerksamkeit erregen, statt uns um die Ohren zu fliegen.«
Die Stimme des Präsidenten klang auf gefährliche Art und Weise beherrscht, registrierte Lay unterbewusst, während er durch sein Büro starrte und gegen die Beschimpfungen ankämpfte, die in ihm aufstiegen.
Diese Arroganz!
»Mr. President, ich nehme an, dass Ihnen bewusst ist, dass hier Soldaten in Gefahr sind.«
»Soldaten?«, erwiderte Hancock schnippisch. »Ich ziehe es vor, diesen Begriff auf jene zu beschränken, die mit Stolz die Uniform dieses Landes tragen.«
Auf die Borniertheit dieser Bemerkung fiel ihm keine passende Antwort ein, zumindest nichts, was keine sinnlose Debatte angefacht hätte. Lay biss sich auf die Zunge und starrte verärgert die Wand an, während der Präsident weitersprach und ohnehin nicht mit einer Antwort gerechnet zu haben schien.
»Das Letzte, was dieses Land im Moment gebrauchen kann, ist ein Geiseldrama, Lay. Deshalb haben wir diese Mission ja überhaupt erst eingeleitet.«
Das Letzte, was Ihre Regierung im Moment gebrauchen kann, korrigierte ihn der CIA-Direktor im Stillen. Deshalb wurde die Mission gestartet, und deshalb hatte er ihr zugestimmt, in der Hoffnung, einem Mann die Effizienz des Clandestine Service beweisen zu können, der immer und immer wieder versucht hatte, ihnen das Budget zu kürzen. Und nun waren Menschen dabei ums Leben gekommen.
Sie waren tot. Das war der Unterschied, wenn man da draußen im Einsatz war. Dort draußen kosteten Fehler das Leben, nicht nur politische Karrieren …
Die Absturzstelle, 02:24 Uhr Ortszeit
Davood schob sein Messer in die Scheide an seinem Knöchel zurück, griff erneut durch das Fenster und schlang seine Arme um Tancrettis Oberkörper. »Vorsichtig, Colonel«, flüsterte er. »Ich hol' Sie da raus.«
Das Blut, das dem Colonel der Air-Force ins Gesicht rann, schimmerte im Licht der Flammen und ließ die ganze Szenerie in einem noch makaberen Licht erscheinen. Sein Körper aber wollte sich nicht vom Fleck rühren. Seine Beine klemmten noch immer zwischen der Armatur und dem Sitz fest und er schrie vor Schmerzen, als Davood an ihm zerrte.
Eine schartige Kante des zersprungenen Plexiglas-Fensters schnitt dem Agenten in die Hand, während dieser sich abmühte, und hinterließ eine klaffende Wunde im Fleisch. »Komm schon, komm schon«, flüsterte er, ignorierte den Schmerz und schloss seine Finger um Tancrettis Beine.
Langsam aber sicher rutschten sie unter der Instrumentenkonsole hervor. Zumindest ein wenig. Der Stoff der Uniformhose des Colonels verfing sich an einem Stück Metall und hielt ihn fest. Einen Augenblick lang erwog Davood, noch einmal nach seinem Messer zu greifen und ihn loszuschneiden.
Aber dafür war keine Zeit mehr.
Er legte seine Arme um den Torso des Piloten, zwang sich, seine Atmung zu verlangsamen und seine Kraftreserven für eine letzte Kraftanstrengung zu sammeln. Sofern noch irgendwelche Reserven in ihm schlummern sollten.
»Entspannen Sie sich, Colonel«, flüsterte er Tancretti ins Ohr. »Sie müssen sich entspannen.«
Falls der Mann ihn verstand, ließ er es sich nicht anmerken. Davood würde es also allein bewerkstelligen müssen.
Wieder schrie Tancretti, als Davood heftig an ihm zerrte und ihn auf das Fenster zu und damit in Sicherheit zog. Tancrettis Hosenbein riss auf und das Metallstück, dass sich darin verheddert hatte, schnitt in seine Haut. Seine Arme und sein Oberkörper hingen bereits aus dem Fenster. Nur ein Bein hielt ihn noch fest.
Flammen griffen nach ihnen, verzehrten den Hubschrauber. In wenigen Augenblicken würde sich das Feuer durch die Schutzverkleidung des Benzintanks gefressen haben. Seine Zeit war so gut wie abgelaufen.
Davood balancierte den Oberkörper auf seiner Schulter aus und griff mit seiner freien Hand erneut durch das Fenster. Seine Finger bekamen den eingekeilten Knöchel zu fassen und zerrten mit aller seiner verbliebenen Kraft an ihm.
Dann kam er urplötzlich frei und Davood taumelte zurück, verlor das Gleichgewicht. Der Colonel landete auf ihm und schrie, als sein Bein den Boden berührte.
Für eine Weile lagen sie nur da, während die Hitze über sie hinweg wogte. Tancretti öffnete die Augen und sah dem CIA-Mann ins Gesicht.
»Danke«, wisperte er. Die Worte kamen nur mit Mühe über seine aufgeplatzten und blutenden Lippen.
Davood nickte wortlos, rollte sich herum und ließ seine Finger hastig an den Beinen des Piloten hinabgleiten. Langsam verzog er das Gesicht zu einer Grimasse.
Beide Beine waren unterhalb der Knie gebrochen. Tancretti war außer Gefecht.
Er beugte sich hinab, legte sich die Arme des Colonels über die Schulter und zerrte ihn mit einem Ruck nach oben.
Als er sich aufrichtete, knackten hinter ihm die Flammen und er riskierte einen letzten Blick zurück.
Der Huey war nun beinahe vollständig von Flammen umgeben.
Er trat einen Schritt von dem Wrack weg, in Sicherheit. Dann explodierte hinter ihnen die Nacht …
»Explosion an der Absturzstelle. LONGBOW, kannst du etwas erkennen?«
»Negativ, Boss. Sichtlinie ist von dem Berghang hinter mir blockiert.«
»GUNHAND?«
»Keine klare Sicht, das Feuer verwirrt meine NVGs.«
Major Hossein sah von der Karte auf, die er studierte, und deckte seine Taschenlampe mit der Hand ab. Er stieß seinen Corporal am Arm an. »Der Amerikaner, den sie LONGBOW nennen, befindet sich irgendwo in diesem Gebiet. Nehmen Sie sich fünf Männer und eliminieren Sie ihn.«
Der Mann nickte kurz, richtete sich hinter dem Felsbrocken auf, hinter dem die beiden kauerten. Verschwand in der Nacht. Und lief seinem Tod entgegen …
Der