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Der Held unserer Zeit: Kaukasische Lebensbilder. Михаил ЛермонтовЧитать онлайн книгу.

Der Held unserer Zeit: Kaukasische Lebensbilder - Михаил Лермонтов


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      Doch solch ein Roß, sagt, wo schaff’ ich es mir?

      Rasch durch die Stepp’, wie der Wind, eilt’s im Fluge,

      Fern jedem Wechsel, fern jedem Truge.

      Vergebens bat ihn Asamat wiederholentlich, einzuwilligen, und weinte und schmeichelte ihm und schwur; endlich unterbrach ihn Kásbitsch ungeduldig:

      — „Geh fort, thörigter Junge! Wo willst Du wohl auf meinem Pferde reiten? Bei den ersten drei Schritten wirft es Dich ab, und Du zerschlägst Dir das Genick auf den Steinen.“

      — „Ich!“ schrie Asamat in Wuth, und das Eisen des Knabendolches erklirrte auf dem Panzerhemde. Eine kräftige Hand warf ihn zurück und er schlug sich an den geflochtenen Zaun so heftig, daß dieser wankte. „Das gibt einen schönen Spaß,“ dachte ich, eilte zum Stalle, zäumte unsere Pferde auf, und führte sie nach dem hinteren Hofe. Binnen zwei Minuten schon war in der Hütte ein fürchterliches Getöse. Es hatte sich folgendes ereignet: Asamat war mit zerrissenem Beschmét dort hineingerannt, vorgebend, Kásbitsch wolle ihn ermorden. Alle sprangen herbei, griffen zu den Waffen, und der Spaß ging los. Geschrei, Lärm, Schüsse; doch Kásbitsch war schon zu Pferde und brach wie ein Teufel durch die Menge in die Straße, indem er die Scháschka vertheidigend schwang. „Ein schlimmer Handel in fremder Schmauserei die Nachwehen der Trunkenheit,“ sagte ich zu Grigórii Alexándrowitsch, indem ich ihn bei der Hand ergriff; „thäten wir nicht besser, uns eiligst davonzumachen?“

      — „Aber warten Sie doch, wie es endigen wird.“

      — Es wird wahrscheinlich schlecht endigen; bei diesen Asiaten ist es immer so: sie betrinken sich in Busa, und das Gemetzel geht los! Wir saßen auf und ritten spornstreichs nach Hause.

      „Was wurde denn aus Kásbitsch?“ fragte ich den Stabskapitain mit Ungeduld.

      — Was kann man wohl einem solchen Kerl anhaben! antwortete er, indem er sein Glas Thee bis auf die Neige austrank; er entschlüpfte!

      „Und wurde nicht verwundet?“ fragte ich.

      — Ja, das weiß Gott! Diese Spitzbuben haben ein zähes Leben! Ich hab sie wohl manchmal im Gefecht gesehen, sehen Sie, ganz zerhauen und von Bajonetten einem Siebe gleich durchlöchert, und doch wirthschaftet so ein Kerl noch immer mit der Scháschka herum. — Der Stabskapitain schwieg eine Weile, dann fuhr er, mit dem Fuß auf die Erde stampfend, fort:

      — Eins werde ich mir nie verzeihen: daß mich der Böse zupfte, dem Grigórii Alexándrowitsch Alles wieder zu erzählen, als wir nach der Festung zurückritten, was ich hinter dem Zaune gehört hatte; er lächelte fein, der Schlaufuchs — und dachte sich sein eigenes Stückchen aus.

      — „So? Was denn für eins? Bitte, erzählen Sie doch.“

      — Ja freilich, jetzt ist nichts mehr zu machen! Habe ich einmal angefangen zu erzählen, so muß ich auch weiter fortfahren. Nach etwa vier Tagen kommt Asamat in die Festung. Nach seiner Gewohnheit ging er zu Grigórii Alexándrowitsch, der ihn mit Näschereien zu füttern pflegte. Ich befand mich ebenfalls dort. Die Rede kam auf die Pferde, und Petschórin fing an, den Renner unseres Kásbitsch herauszustreichen; so ein muthiges, prachtvolles Pferd, gerade wie eine Gemse — na, mit einem Worte, nach seiner Meinung gab es kein zweites solches Roß auf Gottes weitem Erdboden.

      — Unserm kleinen Tátaren funkelten die Augen, aber Petschórin thut, als ob er gar nichts merkt; ich versuche das Gespräch auf etwas anderes zu lenken; er aber, hast Du nicht gesehen, bringt es gleich wieder auf Kásbitsch’ Pferd zurück. Diese Geschichte wiederholte sich, so oft Asamat zu uns herüber kam. Nach ungefähr drei Wochen bemerkte ich, daß Asamat ganz blaß und abgezehrt aussah, wie das wohl in Romanen von der Liebe geschieht. Was Wunder auch?

      — Sehen Sie wohl, ich habe erst später die ganze Geschichte erfahren: Grigórii Alexándrowitsch hatte ihn dermaaßen aufgereizt, daß er sich hätte ins Wasser stürzen können. Einstmals nun sagte er zu ihm: „Ich sehe, Asamat, daß Dir dieses Pferd über Alles geht, und doch wird es eben so wenig Dein werden, als Du Deines Nackens ansichtig werden kannst. Nun sag’ einmal, was würdest Du wohl Dem geben, der es Dir zum Geschenk machte? . . .

      — Alles, was er nur will, antwortete Asamat.

      „In dem Falle will ich Dir’s verschaffen, nur unter einer Bedingung . . . Du schwörst mir, daß Du sie erfüllst . . .

      — Ich schwöre . . . schwöre auch Du!

      „Gut! Ich schwöre Dir zu, Du sollst das Pferd haben; nur mußt Du mir Deine Schwester Bela dagegen ausliefern. Den Karagös will ich Dir als Morgengabe liefern. Ich hoffe, der Handel ist vortheilhaft für Dich.

      — Asamat schwieg.

      „Du willst nicht? Auch gut. Ich hielt Dich für einen Mann, sehe aber, daß Du noch ein Kind bist; es ist noch zu früh für Dich zu reiten . . .

      — Asamat entbrannte . . . „Aber mein Vater?“ sagte er.

      „Sollte denn der sich niemals entfernen?“

      — Es ist auch wahr . . .“

      „Also abgemacht? . . .“

      — Abgemacht, flüsterte Asamat, bleich wie der Tod. Wann?

      „Sobald Kásbitsch wieder herkommt; er hat versprochen, ein Zehn Hammel herzutreiben; das Uebrige ist meine Sache. Sieh wohl zu, Asamat!“

      — Ja, so haben sie die Sache zu Stande gebracht . . . Die Wahrheit zu gestehen, eine recht häßliche Sache. Ich habe das auch später zu Petschórin gesagt, der antwortete mir aber, daß das wilde Tscherkessenkind sich glücklich schätzen könne, einen so netten Mann zu haben, denn nach ihren Gebräuchen ist er immerhin ihr Mann, und was Kásbitsch anginge, so wäre der ein Räuber, den man bestrafen müsse. Nun urtheilen Sie selbst, was ich ihm darauf antworten konnte? . . . Damals aber wußte ich noch nichts von ihrer Verabredung; da kommt denn einmal der Kásbitsch bei uns vor und frägt an, ob wir nicht Hammel und Meth brauchten? Ich befahl ihm, beides den nächsten Tag herzuschaffen. „Asamat!“ sagte Grigórii Alexándrowitsch, „morgen ist der Karagös in meinen Händen, bringst Du mir Bela diese Nacht nicht her, so kriegst Du das Pferd nicht zu sehen . . .“

      — Gut! sagte Asamat und sprengte im Galopp nach dem Aúle. Als der Abend gekommen war, legte Grigórii Alexándrowitsch seine Waffen an und verließ die Festung. Wie sie nun die Sache ausgeführt haben, weiß ich nicht, — aber des Nachts waren sie Beide zurückgekommen und die Schildwache hatte gesehen, daß über den Sattel Asamats ein Frauenzimmer lag, deren Hände und Füße gebunden waren, während ihr Kopf mit einem Schleier verhüllt war.

      — „Aber das Pferd?“ fragte ich den Stabskapitain.

      — Gleich, gleich. Den nächsten Tag kommt Kásbitsch des Morgens früh und brachte ein Zehn Hammel zum Verkauf. Nachdem er sein Pferd an den Plankenzaun gebunden hatte, kam er zu mir; ich traktirte ihn mit Thee, denn, wenn er schon ein Räuber war, so war er doch auch mein Gastfreund.

      Wir plauderten von diesem und jenem . . . Plötzlich sehe ich, wie Kásbitsch mit veränderten Gesichtszügen auffährt und nach dem Fenster stürzt, welches aber leider nach dem Hinterhofe führte. — „Was ist Dir denn?“ fragte ich ihn.

      — „Mein Pferd! . . . Pferd!“ sagte er, am ganzen Leibe erzitternd.

      — Wirklich hörte ich in diesem Augenblicke das Schlagen von Hufen: „Das ist wahrscheinlich irgend ein angekommener Kosak . . .“

      — Nein! „Uruß-Jaman, Jaman!“17) fing er an zu brüllen und stürzte über Hals und Kopf davon, wie ein wilder Panther. Mit zwei Sprüngen war er auf dem Hofe; an dem Thore der Festung versperrte ihm die Schildwache mit dem ausgestreckten Gewehre den Weg; er sprang darüber hinweg und fing an aus allen Kräften zu laufen . . . In der Ferne wirbelte Staub . . . Asamat sprengte auf dem feurigen Karagös dahin; mitten im Laufe riß Kásbitsch sein Gewehr aus dem Ueberzuge und feuerte los. Eine Minute stand er unbeweglich still, bis er sich überzeugt


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