Stolz und Vorurteil. Джейн ОстинЧитать онлайн книгу.
erwiderte Elisabeth, »solche Menschen gibt es auch, und ich hoffe sehr, nicht zu ihnen zu gehören. Was weise und gut ist, berührt mich durchaus nicht als komisch. Aber jede Torheit und jeder Unsinn, Launen und kleine Eitelkeiten, das alles amüsiert mich sehr, muss ich gestehen, und darüber lache ich, wo es mir begegnet. Und gerade das alles, nehme ich an, sind Eigenschaften, die Ihnen fehlen.«
»Ganz so vollkommen kann nicht einmal ich sein. Aber ich bin mein Leben lang bestrebt gewesen, alle Schwächen zu vermeiden, die einen der Lächerlichkeit preisgeben können.«
»Eitelkeit und Stolz, zum Beispiel.«
»Ja, Eitelkeit ist eine Schwäche. Aber Stolz – bei einem überlegenen Geist wird Stolz sich immer in Grenzen halten.«
Elisabeth wandte sich ab, um ein Lächeln zu verbergen.
»Damit dürfte Ihre Prüfung Mr. Darcys zu Ende sein«, sagte Caroline. »Und zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen, wenn ich fragen darf?«
»Es ist mir vollständig klar geworden, dass Mr. Darcy fehlerfrei ist. Er gibt es ja selbst ganz offen zu.«
»Sie irren«, sagte Darcy, »ein solcher Anspruch liegt mir ganz fern. Ich habe Fehler genug, aber nicht den, so hoffe ich wenigstens, ohne Einsicht und Verstand zu sein. Für meine Gutmütigkeit möchte ich allerdings nicht die Hand ins Feuer legen. Ich bin sicherlich zu wenig nachsichtig oder doch nicht nachsichtig genug, um nach jedermanns Geschmack zu sein. Ich kann Dummheit und Niedertracht anderer Leute nicht so leicht übersehen, wie ich es vielleicht sollte, und auch ein schlechtes Betragen mir gegenüber nicht. Und schließlich, glaube ich, muss ich mich selbst als empfindlich und nachtragend bezeichnen; ist meine gute Meinung von jemandem dahin, dann gleich für immer.«
»Gut, das ist wirklich ein Fehler!« meinte Elisabeth. »Nachtragend zu sein, ist zweifellos eine hässliche Eigenschaft. Aber Sie haben sich Ihren Fehler gut ausgesucht; über so etwas kann man sich nicht lustig machen. Von mir haben Sie also nichts mehr zu fürchten.«
»Meiner Ansicht nach hat jeder Charakter einen Geburtsfehler, irgendeinen schlechten Trieb, der sich durch keine noch so gute Erziehung ausmerzen lässt.«
»Und Ihr Geburtsfehler ist der, an jedem Menschen zu viel auszusetzen.«
»Und der Ihre ist«, erwiderte er lächelnd, »absichtlich alles misszuverstehen.«
»Ach, machen wir doch ein wenig Musik«, rief Caroline ungeduldig aus, gelangweilt von einem Gespräch, an dem sie keinen Anteil nehmen konnte. »Louisa, du hast doch nichts dagegen, dass ich deinen Mann in seinem Schläfchen ein wenig störe?«
Ihre Schwester hatte nicht das Geringste dagegen, und das Klavier wurde wieder aufgemacht. Darcy war eigentlich froh darüber, wenn er es sich recht überlegte; er spürte die Gefahr, die darin lag, wenn er sich zu viel mit Elisabeth beschäftigte.
12. KAPITEL
Am nächsten Morgen schrieb Elisabeth an ihre Mutter, dass Jane sich wieder wohlauf fühle, und ob sie den Wagen bekommen könnten. Aber Mrs. Bennet hatte mit der Rückkehr ihrer Töchter erst für den kommenden Dienstag gerechnet und war keineswegs gewillt, diesen Plan ohne weiteres einem früheren Zeitpunkt zu opfern. Ihre Antwort kam daher Elisabeths Wunsch, möglichst bald nach Hause zurückzukehren, durchaus nicht entgegen: sie schrieb, der Wagen stehe unter keinen Umständen vor dem nächsten Dienstag zur Verfügung, und fügte in einer Nachschrift hinzu, sie könne ihre beiden Töchter gut und gern noch länger entbehren, falls Mr. Bingley und seine Schwestern auf eine Verlängerung des Besuches drängen sollten. – Nun, länger zu bleiben kam natürlich nicht in Frage, und Elisabeth wagte auch zu bezweifeln, dass man sie dazu auffordern würde; im Gegenteil, sie fürchtete, man könne ihnen vorwerfen, sie nähmen die Gastfreundschaft auf Netherfield unnötig lange in Anspruch. Sie schlug daher Jane vor, Mr. Bingley um seinen Wagen zu bitten, und schließlich einigten sie sich, dass sie noch am selben Vormittag abfahren wollten.
Diese Mitteilung traf auf viele ernstlich besorgte Proteste. Jane gab deshalb der wiederholten Aufforderung, wenigstens noch bis zum folgenden Morgen zu bleiben, nach; die Heimfahrt wurde also um einen Tag verschoben.
Caroline warf sich zwar selbst augenblicklich die Dummheit vor, den Verzug verschuldet zu haben; denn ihre Eifersucht und Abneigung gegen die eine Schwester Bennet wogen weit schwerer als ihre Zuneigung zu der anderen. Der Herr des Hauses dagegen war aufrichtig betrübt, als er von der baldigen Trennung hörte, und versuchte immer wieder, Jane davon zu überzeugen, dass sie noch nicht wohl genug sei, um schon das Haus zu verlassen; aber Jane fühlte, dass sie richtig handelte, und blieb fest.
Darcy war der Beschluss sehr willkommen; Elisabeth war schon lange genug auf Netherfield gewesen. Sie zog ihn mehr an, als ihm lieb sein konnte, und Miss Bingley benahm sich nicht allein unhöflich gegen sie, sondern auch herausfordernder als je gegen ihn selbst. Er nahm sich fest vor, an diesem letzten Tage besonders darauf zu achten, dass er seiner Bewunderung keinen weiteren Ausdruck gab und dass er in Elisabeth durch nichts irgendwelche falschen Hoffnungen erwecken wollte: falls ihr überhaupt ein solcher Gedanke gekommen sein mochte, dann würde sie natürlich in seinem Benehmen an diesem letzten Tage eine Bestätigung – oder das Gegenteil – zu entdecken suchen. Er beharrte fest auf seinem Vorsatz und sprach während des ganzen Sonnabends kaum zehn Worte mit ihr; als sie einmal eine halbe Stunde allein blieben, war er so sehr in sein Buch vertieft, dass er sie nicht einen Augenblick ansah.
Am Sonntag nach dem Kirchgang fand der Abschied statt; er kam fast allen Beteiligten gelegen. Caroline war während der letzten Minuten beinahe ebenso höflich zu Elisabeth, wie sie herzlich gegen Jane war. Und nachdem sie diese liebevoll umarmt und ihr versichert hatte, wie sehr sie sich freuen würde, wenn sie sich bald entweder auf Netherfield oder in Longbourn wiedersehen könnten, brachte sie es sogar über sich, Elisabeth die Hand zu geben.
Zu Hause wurde ihnen kein übermäßig warmer Willkomm zuteil: Mrs. Bennet war erstaunt, sie schon wieder zurück zu sehen, schalt sie wegen der Mühe, die sie den Bingleys dadurch bereitet hätten, und bat Jane, sich nicht zu wundern, wenn ihre Erkältung sich wieder verschlimmern sollte. Nur ihr Vater freute sich aufrichtig, wenn er seine Freude auch nicht in viele Worte kleidete; er hatte ihre Anwesenheit in dem Familienkreis besonders vermisst, die abendliche Unterhaltung war ohne Jane und Elisabeth sehr langweilig gewesen.
Mary befand sich wie gewöhnlich in höheren Regionen und machte ihre Schwestern sogleich mit ihren letzten Auszügen und ihren neuesten