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Tante Lisbeth. Оноре де БальзакЧитать онлайн книгу.

Tante Lisbeth - Оноре де Бальзак


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Dummheiten verschaffen könne. Manchmal, wenn die Energie in ihm wach wurde und das Bewusstsein seines Elends seine Verzweiflung noch erhöhte, stand er Lisbeth gegenüber wie etwa der verschmachtende Wanderer in wasserarmer Gegend vor einem Salzwasserquell. Sie aber genoss die bitteren Früchte der Armut und Zurückgezogenheit wie Freuden. Mit Angst dachte sie daran, dass ihr die erste beste Leidenschaft ihren Sklaven entführen könne. Manchmal bereute sie sogar, diesen Träumer durch Tyrannei und Vorwürfe gezwungen zu haben, ein großer Meister der Kleinkunst zu werden, und ihm damit den Weg gezeigt zu haben, wie er einmal ohne sie weiterkommen könne.

      Als der Staatsrat das Opernhaus betreten wollte, fand er zu seinem Erstaunen den Musentempel in der Rue le Peletier unerleuchtet. Nirgends waren Schutzleute, Bediente usw. zu erblicken; nirgends das sonst andrängende Publikum. Er sah sich nach einem Anschlag um und las auf dem weißen Zettel:

      »Wegen Unpässlichkeit von Mademoiselle Josepha Mira fällt die heutige Vorstellung aus.«

      Sofort stürzte er zu Josepha, die wie alle Mitglieder der Oper in der Nähe, in der Rue Chauchat, wohnte.

      »Zu wem wollen Sie, mein Herr?« fragte der Pförtner zu Hulots großem Erstaunen.

      »Kennen Sie mich denn nicht mehr?« fragte der Baron. Er fing an, unruhig zu werden.

      »Im Gegenteil, gerade weil ich die Ehre habe, den Herrn Baron zu kennen, erlaube ich mir die Frage.«

      Den Baron durchzuckte es eiskalt.

      »Was ist geschehen?« fragte er.

      »Wenn der Herr Baron in Fräulein Miras Wohnung hinaufginge, so würde er daselbst Fräulein Heloise Brisetout antreffen, Herrn Bixiou, Herrn Leon von Lora, Herrn Lousteau, Herrn von Vernisset, Herrn Stidmann und mehrere nach Patschuli duf- tende Damen. Man hält Einzugsschmaus ...«

      »So? Aber wo ist denn ...?«

      »Fräulein Mira, Herr Baron? Ich weiß nicht, ob ich es Ihnen sagen darf.«

      Der Baron drückte dem Manne einen Taler in die Hand.

      »Hm! Sie wohnt jetzt in der Rue de la Ville-l'Evêque, in einem Haus, das ihr der Herzog von Hérouville eingerichtet hat«, berichtete der Portier im Flüstertone.

      Nachdem er sich noch nach der Nummer dieses Hauses erkundigt hatte, nahm der Baron eine Droschke und war alsbald vor einem jener hübschen neumodischen Häuser angelangt, die bis in die Einzelheiten den höchsten Luxus offenbaren.

      Der Baron wurde in seinem blauen Rocke, der weißen Krawatte, der weißen Weste, seinem Nanking-Beinkleid, den Lackstiefeln und dem steif gestärkten Hemd von dem Hüter dieses neu geschaffenen Paradieses für einen verspäteten Gast gehalten. Sein vornehmes Äußere, sein Gang, alles rechtfertigte diese Annahme. Auf das Läuten des Pförtners erschien ein Diener im Treppenhaus. Selbiger, ebenso neu wie das Haus, ließ den Baron eintreten, da dieser ihm im Befehlstone und mit einer Imperatorengeste auftrug: »Diese Karte Fräulein Josepha!«

      Unwillkürlich, in Armesünderstimmung, blickte sich Hulot um und stellte fest, dass die Ausstattung dieses über und über mit teuren Blumen geschmückten Empfangszimmers gut viertausend Taler gekostet haben mochte. Der Diener kam zurück und bat ihn, einstweilen Platz zu nehmen; die Herrschaften würden sogleich vom Tische aufstehen und den Kaffee hier einnehmen.

      Der Baron hatte den Luxus des Empire miterlebt, der gewiss verschwenderisch war und dessen Schöpfungen, so kurz ihre Zeit auch bemessen war, doch fabelhafte Summen gekostet hatten. Trotzdem stand er wie geblendet vor diesem Salon, dessen drei Fenster nach einem wahren Feengarten zu lagen. Dabei bewunderte er nicht nur das Seltene, die Goldpracht, die kostbaren Skulpturen im Stile der Pompadour und die wundervollen Stoffe – das alles konnte ja schließlich auch der erste beste Kommerzienrat für Berge von Gold bestellen und besitzen –, sondern noch etwas anderes, etwas, was nur Fürsten finden, aussuchen, bezahlen und schenken können: zwei Gemälde von Greuze, zwei von Watteau, zwei Porträts von van Dyck, zwei Landschaften von Ruisdael, zwei von Guaspre, einen Rembrandt und einen Holbein, einen Murillo und einen Tizian, zwei Teniers und zwei Metsu, einen van Huysum und einen Abraham-Mignon, zusammen also eine Galerie im Werte von vielleicht zweihunderttausend Francs. Die Rahmen standen den Bildern nicht nach.

      »Schau, schau! Du kapierst also, Kerlchen!« hörte er plötzlich Josepha hinter sich sagen.

      Sie war auf den Fußspitzen durch eine Tapetentür auf den dicken Persern herangekommen und ertappte nun ihren Verehrer in der höchsten Verwirrung. Ihm rauschte es in den Ohren. Er hörte die Totenglocke des Unglücks.

      Josepha, in Weiß und Gelb gekleidet, hatte sich für dieses Fest so geschmückt, dass sie selbst inmitten dieses unsinnigen Luxus wie die Perle im Golde glänzte.

      »Famose Bilder, nicht?« lachte sie. »Ja, darin steckt des Herzogs ganzer Gewinn aus Aktien, die er in einem günstigen Moment verkauft hat. Er ist nicht dumm, mein kleiner Herzog! Siehst du, die großen Herren aus der guten alten Zeit machen jetzt aus Kohle Gold. Vor Tische brachte mir der Notar den Kaufvertrag von all dem Klimbim zum Unterschreiben; die Quittung lag gleich dabei. Es gibt noch Gentlemen! Das ist dein Pech! Na, Alterchen, du bist hiermit eingeladen, aber nur unter der Bedingung, dass du auf der Stelle zwei Flaschen Schampus trinkst. Damit kommst du so ungefähr auf das augenblickliche Niveau der andern da drüben. Siehst du, Freundchen, wir sind hier alle sehr in Anspruch genommen. Darum musste es in der Oper schon ein ›Wegen Unpässlichkeit fällt die heutige Vorstellung aus‹ geben. Der Direktor ist total beschwipst. Er quakt bereits ...«

      »Josepha!« stöhnte der Baron.

      »Eine Auseinandersetzung? Ach, das ist fad!« unterbrach sie ihn übermütig. »Siehst du, die sechshunderttausend Francs, die dieses Haus mit der Einrichtung gekostet hat, die besitzt du nun einmal nicht. Und eine Verschreibung auf dreißigtausend Francs pro Jahr, wie sie mir neulich der Herzog in einer Bonbonniere mitgebracht hat, die kannst du mir auch nicht stiften! Übrigens war das eine sehr nette Idee!«

      »Du bist in den Grund und Boden verdorben!« knirschte der Staatsrat, der in diesem Augenblicke seiner Wut die Brillanten seiner Frau durch Simili ersetzt hätte, nur um noch vierundzwanzig Stunden an der Stelle des Herzogs von Hérouville sein zu dürfen.

      »Das Verdorbensein, das ist doch mein Metier!« spottete sie. »Mensch, nimm die Sache nur nicht tragisch! Warum hast du die Aktien nicht gehabt? Armer lieber angestrichener Kater! Du solltest mir dankbar sein, dass ich dich aus dem Garne lasse, ehe du die Zukunft deiner Frau und die Mitgift deiner Tochter mit mir verschwendest! Großer Gott, du weinst! Der König stirbt! Es lebe der König!«

      Indem sie mit einer theatralischen Gebärde deklamierte: »Meine Laura geht vorüber, meine Laura kennt mich nicht!« wandte sie sich weg.

      Durch die halboffene Tür drang in diesem Augenblicke die strahlende Lichtflut, das Crescendo des Lärms und die Stimmung eines raffinierten Bacchanals.

      Die Sängerin blickte sich in der Tür noch einmal nach Hulot um, und als sie ihn wie angewurzelt stehen sah, trat sie nochmals zu ihm und sagte:

      »Baron, den Plunder in der Rue Chauchat habe ich der kleinen Brisetout vermacht. Falls Sie Ihre Hausmütze, Ihren Stiefelknecht, Ihre Leibbinde und ihre Bartwichse dort abholen wollen – ich habe den Befehl gegeben, sie Ihnen auszuhändigen.«

      Dieser abscheuliche Hohn hatte die Wirkung, dass der Baron aus dem Salon stürzte, wie es Lot aus Gomorra getan haben mag, aber ohne sich – wie Lots Weib es tat – noch einmal umzusehen. Auf dem Heimwege rannte er wie ein Besessener und redete vor sich hin. Zu Hause traf er seine Familie noch genauso friedlich beim Whist um die Groschen wie vor seinem Weggange.

      Als Adeline ihren Mann erblickte, ahnte sie sofort ein schreckliches Unglück, irgend etwas Unehrenhaftes. Sie reichte Hortense ihre Karten hin und zog Hektor in den kleinen Salon, in dem ihr Crevel vor kurzem Schmach und Unglück vorhergesagt hatte.

      »Was hast du?« fragte sie erschreckt.

      »Verzeih mir; ich muss dir diese Gemeinheit erzählen.«

      Zehn Minuten lang ließ er seinem Zorn freien Lauf.

      »Ja,


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