Lebensbilder. Оноре де БальзакЧитать онлайн книгу.
1830) dreimal gegeben, doch hatte es keinerlei Erfolg. (Vgl. »Gesellschafter«, 1830, Nr. 108.)] . Dagegen ging eine um ein Jahr später erschienene »dialogisierte historische Novelle«, die Agnes Bernauer zur Heldin hatte, wenigstens in Berlin flüchtig über die Bühne [* Erste Aufführung am 3. Januar 1831. Wie Schiff behauptet, verhinderte der Ausbruch der Cholera die Fortsetzung der Aufführungen. Die Buchausgabe ist dem Intendanten der Berliner Königlichen Schauspiele, Grafen Redern, zugeeignet] .
Als Roman und Novelle hatte Schiff vorher den seit Hoffmann von Hoffmannswaldau immer wieder hervorgesuchten Stoff zu bearbeiten versucht, ohne ihn zu meistern. Erst als er die erzählende Form in die dialogische umgoß, war seiner Dichtung ein kurzes Bühnendasein beschieden. Das Charakteristische dieser Tragödie liegt in dem Schluß, der, wie A. Prehn in seiner Untersuchung »Agnes Bernauer in der deutschen Dichtung« (Wissenschaftliche Beigabe des Programms zu Nordhausen, Ostern 1907, Seite 7) richtig erkannte, niemals versöhnlich sein kann; deshalb griff Schiff zu dem einzig möglichen Ausweg, indem er den Herzog Albrecht an der Bahre seiner Gemahlin tot niedersinken läßt. Dieser Schluß ist übrigens nicht ganz unhistorisch. In Trithemii Chron. Hirsaugiens (II, 392) heißt es: »Et qui vivam ultra debitum amaverat, pro mortua, cadens in terram, ut mortuus iacebat.« Schiff geht weiter als seine Quelle, indem er Albrecht nicht nur »wie tot« daliegen, sondern wirklich sterben läßt. Er motiviert dies damit, daß er in Albrechts fernerem Leben nichts mehr Poetisches und Erfreuliches finde. Er sei in der Geschichte moralisch tot, physisch tot wünsche ihn das Gedicht. Jedenfalls habe der Dichter daher das Recht, den Rahmen seines Bildes da zu schließen, wo er seine Wirkung erregt zu haben glaube.
So künstlerisch der Schluß des Stückes berührt, so wenig Eindruck vermag die übrige Dichtung zu machen. Schiff hat sich stark von der »Agnes Bernauerin« des Grafen Törring beeinflussen lassen, und das hat seinem Drama nicht gerade genützt. Die Bearbeitung ist unbeholfen und undramatisch, die Charakteristik unlebendig, die Führung der Handlung verschwommen. Schiff war sich dessen wohl bewußt, »welcher Aufgabe er sich unterzogen habe, ein so viel gespieltes Stück, wie das des Grafen Törring, neu zu bearbeiten [* Vgl. seine Bemerkung zu dem nicht aufgeführten, nur im »Gesellschafter« (1830, Beilage zu Nr. 207) abgedruckten Vorspiele des Dramas] . Nichtsdestoweniger hat das Stück den Zeitgenossen recht gut gefallen. Ein Berliner Theaterbericht der Dresdener »Abendzeitung« (1831, Nr. 51) meinte, daß niemand nach diesem ersten Versuch Schiffs Beruf »zum« Dichter verkennen werde; die Tragödie werde durch einige Veränderungen einen Gewinn für die deutsche Bühne bilden. Und der Buchausgabe dieses Dramas rühmte es dasselbe Blatt (1831, Nr. 230) sogar nach, daß es gewiß zu dem Besten gehöre, was die neuere Zeit in diesem Genre gebracht habe.
Im »Literaturblatte zum Morgenblatt« (1832, Nr. 48) meinte Wolfgang Menzel, daß das Stück besser sei als manche andere Jambentragödie. »Das schöne bürgerliche Mädchen, das von einem Prinzen geehelicht und dann von dessen stolzem Vater ermordet wird, muß in dieser anspruchslosen Darstellung die Teilnahme des Publikums erregen.« –
Das nächste dramatische Produkt Schiffs heißt: »Der Graf und der Bürger«. (Trauerspiel in vier Akten; Gubitz' »Jahrbuch deutscher Bühnenspiele, 12. Jahrgang, 1833, Seite 247–328.)
Das Motiv und seine Bearbeitung sind veraltet. Ein Gutsbesitzer Arnstein ist verlobt. Er erfährt lauschend (!), daß der regierende Minister vorgegeben habe, er sei in Beziehungen zu der Braut Arnsteins gestanden. Das ist freilich unwahr und nur gesagt worden, um einen rege gewordenen Verdacht, daß der Minister die Schwester seines Herzogs liebe, zu entkräften. Peinlich berührt schon in dieser Vorgeschichte, die stark in Sentimentalität getaucht ist, zweierlei: einmal, daß der Herzog nichts anderes zu tun hat, als einen Preis für den auszusetzen, der hinter das Geheimnis der Liebe seines Ministers komme (was taktlos ist und ihn nichts kümmern sollte), zweitens aber, daß der Bräutigam durch einen schwach motivierten Zufall horchend erfährt, seine Braut sei früher einmal dem Minister freundschaftlich zugetan gewesen. Durch Horchen Aufklärungen zu erhalten, ist immer ein naiver, wenig glaubwürdiger Zug. Noch abgeschmackter wird dieses Motiv dadurch, daß der Bräutigam zwar zuerst fest daran glaubt, seine Braut habe ihn belogen, ihr auch die heftigsten Vorwürfe zuschleudert, aber plötzlich, ohne daß man wüßte, warum, ihr alles abbittet. Damit wäre die Geschichte zu Ende, wenn nicht ein sehr stolzer Bruder der Braut seine Schwester noch immer für beschimpft hielte und die Hochzeit nicht stattfinden ließe. Inzwischen bekommt der Bräutigam die Aufklärung, daß der Minister sich einen Scherz mit seiner Braut erlaubt habe. Er stellt ihn zur Rede und erhält für sein Stillschweigen Geld angeboten. Nun folgen entsetzliche Tiraden über Bürgerstolz und Bürgerehre, die nicht um Geld feil seien. Der Minister wird dadurch so gerührt, daß er widerrufen will. Freilich auf die Aufforderung, zu bekennen, wo er in jener Nacht, als ihn der ganze Hof suchte, gewesen sei, kann er, um die Herzogsschwester nicht zu kompromittieren, nicht eingehen. Da ihm Arnstein droht, will er ihn verhaften lassen, um vor ihm sicher zu sein. Aber dieser Plan mißlingt, und der Bräutigam stiehlt im Zimmer der Herzogsschwester einen Brief des Ministers, der diesen kompromittieren muß. Darauf läßt ihn der Minister erschießen. Aber durch das von Arnstein gestohlene Schreiben, das er seiner Braut noch vor seiner Ermordung übergeben hat, kommt alles an den Tag. Der Minister wird als Mörder verhaftet und nur insoweit begnadigt, als ihm der Fürst Gift in das Gefängnis mitgibt, an dem er wohl sterben wird.
Diese Tragödie steht im vollen Widerspruche zu Schiffs sonstigen Anschauungen. Hier bricht seine antiromantische, demokratischeGesinnung wiederholt durch. Sogar der Minister hat demokratische Anwandlungen; müßte also darüber von Arnstein nicht belehrt werden. Eine Reihe von Fragen findet in dem Stücke keine Beantwortung. Warum muß Hugo Arnstein unschuldig sterben? Warum muß seine Braut Helene leiden, indem sie den Bräutigam verliert, sie, die doch gewiß nichts getan hat? Sie ist eine zweite Agnes Bernauer, nur daß nicht ihr Leben mit dem gewaltsamen Tode endigt, sondern das ihres Bräutigams, wie ja Schiff auch schon in der »Agnes Bernauerin« Albrecht sterben ließ. –
Von dem Lustspieldichter Schiff läßt sich ebensowenig Erfreuliches berichten, wie von dem ernsten Dramatiker. Sein »Aprilmärchen« oder »Der gefährliche Harnisch« ist kaum ein Aprilmärchen, weit eher ein recht langweiliger Aprilscherz.
Dieses weniger phantastische als parodistische Lustspiel, das mit Tieckschen Mitteln, aber nicht mit Tiecks Urkraft die Motive der spanischen Ritterstücke zu verspotten sucht, zeigt, wie Schiff zum Bühnendichter eigentlich alles fehlte. Er ist auch als Dramatiker Novellist, der endlose Reden für dramatisches Geschehen hält. Das Motiv des Stückes wäre nicht so übel. Es ist eine Parodie auf den Cidstoff, indem diesmal nicht ein toter Held den Mauren derartigen Schrecken einjagt, daß sie schon bei seinem Anblicke fliehen, sondern bloß die Rüstung eines siegreichen Heerführers, der sie aber einem feigen Seneschall umlegt, während er selbst zu einem Stelldichein mit einer sehr phantastischen Prinzessin eilt, in deren Dienst und zu deren Ruhm er alle seine Taten verrichtet. Manches ist in dem Stück lustig, und fast Shakespearischer Humor blitzt an ein paar Stellen auf. Aber wenn man auch über den Seneschall, das getreue Abbild des Shakespearischen Tobias von Rülp manchmal herzlich lachen kann, allmählich arten die beständigen Reden der Personen zu sehr ins Breitspurige aus, als daß man mit Behagen den Vorgängen folgen könnte. Wo Schiffs derber Humor durchbricht, ist das Stück am wirksamsten. Nur die fortwährenden Kopien der Manier Tiecks und Shakespeares werden lästig, und eine Schlußapostrophe, ganz nach dem Muster von »Was ihr wollt«, aber leider in etwas gezwungener Lustigkeit, erzeugt nur verstimmende Wirkung [* Szenen aus diesem Lustspiele erschienen 1831 im »Gesellschafter« (Nr. 196–197); das ganze Werk in Gubitz' »Jahrbuch deutscher Bühnenspiele« (11. Jahrgang, Berlin 1832)] . –
Der Dramatiker Schiff übt, wie die Analysen seiner Stücke zeigen konnten, einen wenig erfreulichen Eindruck aus. Immer wieder bricht die epische Veranlagung des Dichters durch, und ihr ist er auch fortan – mit der einen Ausnahme der Bearbeitung eines französischen Dramas – immer treu geblieben.
Daß Schiff sich zu der Übertragung dieses Dramas verstand, lag lediglich daran, daß ihm das Sujet, das Romantiker immer stark angezogen hatte, behagte. Es ist ein »Salvator Rosa« von Ferdinand Dugue, den Schiff überarbeitete. (Im Verlage des Hamburger Theateragenten C. A. Sachse in den Fünfzigerjahren (ohne Jahreszahl) erschienen.) Der Stoff des »Salvator Rosa« gehört in der Zeit der Romantiker