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Mutter aller Schweine. Malu HalasaЧитать онлайн книгу.

Mutter aller Schweine - Malu Halasa


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einfach bestens«, und reicht es ihr.

      Sie hat die Münzen bereits abgezählt. »Ich frage nur, weil Gerüchte kursieren, wissen Sie.«

      Beim Hinausgehen hält sie die Eingangstür der Schlachterei weit offen. Hussein weiß genau, gleich kommentiert sie den desolaten Zustand seines Wagens. Um sich die Peinlichkeit zu ersparen, dreht er ihr den Rücken zu. In Ermangelung eines Publikums schlägt die Fliegengittertür hinter ihm zu. Das Scheppern bringt Khaled aus dem Hinterzimmer nach vorne, in seinen Armen gackert das geliebte Huhn.

      Vielleicht ist der Junge gar nicht so blöd, denkt Hussein, aber seine Genugtuung währt nur kurz. »Bring’s zurück. Wir haben schon zu viel Zeit verloren.«

      Gemeinsam packen sie Hammelfleisch in durchsichtige Plastiktüten. Das Fleisch ist für die Küche von Husseins Freund Matrub bestimmt, der heute Abend ein Festessen zur Hochzeit seiner ältesten Tochter veranstaltet.

      Normalerweise ermahnt Hussein Khaled, bei seinen Botengängen nicht zu trödeln. Heute verspricht er ihm etwas netter: »Wenn du dich beeilst, haben die bestimmt Maamul für dich.« Die Aussicht auf Grießgebäck erhellt Khaleds Gesicht. Hussein geht hinter dem Jungen aus dem Geschäft und bleibt an der Hauptstraße stehen.

      Die anderen Läden und Stände haben jetzt geöffnet, vor der Bäckerei bildet sich langsam eine Schlange. Vor dem Pilgerhotel die Straße runter steigen Baseballkappen und Schirmmützen in einen der Reisebusse, die das Heilige Land erkunden. Ihm gegenüber, auf der anderen Straßenseite des einzigen geteerten Abschnitts, ragt das Schnäppchen-Emporium in die Höhe, ein Warenlager unbeschreiblicher Ausmaße, erdacht und geführt von Abu Satar. Sofort will Hussein hinübergehen, die Aufmerksamkeit seines Onkels einfordern und ihm sein Herz ausschütten, doch der Anblick eines irakischen Lasters unter dem Neonschild des Emporiums hält ihn zurück. Er kennt Abu Satars Prioritäten nur zu gut. Fahrer mit potenziell lukrativen Ladungen sind wichtiger als Familienangelegenheiten. Dieser Lastwagen hat einen zusätzlichen Bonus. Er kommt aus einer Gegend, die für US-Restposten bekannt ist – recycelte Militärkleidung, abgepackte Nahrungsmittel jenseits des Haltbarkeitsdatums, sogar Ersatzteile für alte Klimaanlagen –, heiß begehrt und Abu Satars ungeteilter Aufmerksamkeit bedürftig. In den wenigen Minuten zwischen Begrüßungsgetränk und Entladen wird ein Handel abgeschlossen. »Woran sich ein hungriger Mann klammert, das verschenkt ein voller Magen« lautet einer der liebsten Aphorismen seines Onkels.

      Früher hätte Hussein das amüsiert. Doch seit ihr gemeinsames Projekt ihm immer mehr Ärger einbringt, fragt er sich, ob er nicht einfach ein weiteres Opfer von Abu Satars Habgier geworden ist. Bei jeder Transaktion nimmt sich sein Onkel mehr als seinen gerechten Anteil am Gewinn – das ist nur zu erwarten. Doch bei diesem Geschäft hat Abu Satar es geschafft, dass die Unannehmlichkeiten und das soziale Stigma, denen Hussein ausgesetzt ist, ihn selbst nicht betreffen. Angewidert schürzt der Schlachter die Lippen, größtenteils aus Selbstekel. Er weiß, dass es sinnlos ist, sich über Abu Satar zu ärgern. Das neue Unbehagen in ihrem Verhältnis ist nicht die Schuld seines Onkels. Dessen Verhalten hat sich um keinen Deut geändert. Vielmehr hat inzwischen Hussein ein Problem mit Abu Satars Philosophie, Profit über alles andere zu stellen. Er seufzt und geht zurück in den Laden.

      Solange er vor dem morgendlichen Ansturm noch allein ist, bückt er sich hinter der Theke und greift hinter einen der Kühlschränke. Er überprüft, ob ihn niemand sieht, und zieht verstohlen ein einfaches Einmachglas hervor, schraubt den Deckel ab und trinkt, lange und langsam. Der unverdünnte Arak ist Feuer in seiner Kehle, doch mit dem Brennen stellt sich auch die tiefe Ruhe ein, die er verlässlich, wenngleich nur vorübergehend, am Boden einer Flasche findet. Menschen wie Abu Satar und Frau Habasch sollten kein Monopol auf eine anständige Zukunft haben. Hussein will dieselben Chancen haben, weniger für sich selbst – dafür ist es zu spät – als für seine Söhne. Also hat er getan, was viele undenkbar gefunden hätten: Er hat das Land seines Vaters verkauft. Aufgrund dieser Eigeninitiative lebt seine Familie in einem neuen Haus. Doch kein Geldbetrag, daran erinnert ihn sein Onkel regelmäßig, ist jemals genug. Hussein blickt sich noch einmal um, dann greift er wieder rasch nach dem Glas und nimmt noch einen weiteren kräftigen Schluck.

      Seit Abu Satar ihm das Schwein zum ersten Mal zeigte, wusste Hussein, dass der Weg zum Wohlstand kein leichter sein würde. Er hatte eigentlich nicht weiter als bis zum ersten Wurf gedacht und nahm an, die Ferkel müssten für einen einmaligen Mega-Verkauf gemästet werden. Dann würde das Geschäft wieder aufhören. Er hatte nicht mit den Instinkten der Tiere gerechnet. Kaum waren die jungen Eber entwöhnt, entwickelten sie den Aufsprungreflex. Zuerst versuchten sie es bei ihrer Mutter, dann untereinander, und schließlich richteten sie ihre Aufmerksamkeit auf ihre eigenen Schwestern. Hussein betrachtete sie und fragte sich allmählich, ob sich das Projekt als größer als gedacht herausstellen könnte.

      Er wusste, dass Kastration die beste Methode war, damit die Eber schön fett wurden, beschloss jedoch, zwei von ihnen vor dem Messer zu verschonen. Er ließ sie bei ihrer Mutter und bei fünf ihrer Schwestern und brachte die restlichen dreizehn Ferkel in anderen Ställen unter. Die Männchen paarten sich mit ungehemmt genussvoller Triebhaftigkeit und schwelgten in dreizehnminütigen Orgasmen. Fasziniert stoppte Hussein sie mit einer taiwanesischen Stoppuhr (bis auf eine Zehntelsekunde exakt), die er sich aus dem Schnäppchen-Emporium geborgt hatte. Das Experiment zahlte sich aus. Gegen Ende des fünften Monats waren die Muttersau und drei ihrer Töchter trächtig. Der Rest des Wurfs war bereit für den Markt, doch Hussein machte eine eigenartige Entdeckung: Er brachte es nicht übers Herz, sie zu töten. Seltsam, dass ein Bauernsohn, von klein auf mit den Notwendigkeiten des Schlachtens vertraut, auf einmal so zimperlich war; noch seltsamer, dass ein ehemaliger Soldat, geschult in den Accessoires des Todes, von Handwaffen bis zum Springmesser, sich als unfähig erwies, einem Schwein die Kehle durchzuschneiden. Irrationalerweise hatte er Zuneigung zu den Geschöpfen entwickelt, gewachsen aus Respekt vor ihrer Intelligenz. Sich an Abu Satar zu wenden, stand außer Frage; sein Onkel hätte ihn nicht verstanden.

      Hussein fragte sich, an wen er vertrauensvoll mit seinem Problem herantreten könnte. Dann kam er auf die Idee, Ahmad zu fragen, das Oberhaupt der Familie, die das Lehmziegelhaus seines Vaters mietete. Als Hussein entschieden hatte, das Haus an eine der ältesten palästinensischen Flüchtlingsfamilien zu verpachten, die noch zu Al Dschids Lebzeiten in die Stadt gekommen waren, hatte er heftigen Protest von Laila überwinden müssen. Seine Frau konnte nicht verstehen, warum er von der Familie so wenig Miete verlangte oder warum er ihnen, wenn es im Laden einen Überschuss gab, Fleischgeschenke brachte. Für Hussein handelte es sich um mehr als um Wohltätigkeit. Indem er Al Dschids Haus zugunsten der weniger Begüterten nutzte, hoffte er wiedergutzumachen, das geliebte Land seines Vaters verkauft zu haben.

      Ungeachtet seiner Beweggründe war die Familie ihm für seine Güte dankbar und der Mann, um die sechzig, gerne bereit, sich um die Schweine zu kümmern und sie von einem seiner Söhne gegen eine kleine Vergütung schlachten zu lassen. Auf diese Weise kam Hussein zu seinen ersten Angestellten, und Ahmad stellte sich als guter Arbeiter heraus. Neun Monate und einhundert Ferkel später gab es mehr zu tun denn je. Der Ladenverkauf zog an, und es sah so aus, als ob Abu Satars Prophezeiung eines leicht verdienten Wohlstands nicht unbegründet gewesen war.

      Doch ein scheinbar unüberwindbares Problem blieb. Penibelst untersuchte Hussein jeden neuen Wurf auf Hinweise. Er verzeichnete Gewicht und Größe jedes Ferkels, inspizierte Hufe und Ringelschwänzchen und überprüfte die Augen. Bislang hatte er Glück gehabt, wusste aber, die Chancen, eine weitere Generation ohne Anzeichen von Inzucht zu produzieren, waren äußerst gering. Wie Laila meinte: »Wer will schon ein zweiköpfiges Vieh mit sechs Beinen essen?« Die Goldmine hätte frühzeitig wieder geschlossen, hätte nicht Abu Satar eingegriffen.

      Der gewiefte Emporiumsbesitzer hatte bereits unzählige Zuwendungen erbracht: Für nur einen Bruchteil über dem Ladenpreis besorgte er Futter, Antibiotika, eine große und eher laute Gefriertruhe und sogar einen Elektroschocker, den zu gebrauchen Hussein nicht übers Herz brachte; doch die Lösung, die Abu Satar nun ersann, stellte seine bisherigen Bemühungen völlig in den Schatten: Durch seine grenzübergreifenden Kontakte hatte er tatsächlich tiefgefrorenes Ebersperma aufgetrieben. Hussein war von der Idee nicht allzu angetan – sie hatte etwas Unnatürliches, bei dem ihm mulmig wurde.

      Als


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