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Ekkehard. Joseph Victor von ScheffelЧитать онлайн книгу.

Ekkehard - Joseph Victor von Scheffel


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Kapitel

      Frau Hadwig hatte inzwischen am Grab des heiligen Gallus ihre Andacht verrichtet. Dann gedachte der Abt, ihr einen Gang im schattigen Klostergarten vorzuschlagen; aber sie bat, ihr zuvörderst den Kirchenschatz zu zeigen. Der Frauen Gemüt, wie hoch es auch genaturt sein mag, erfreut sich allzeit an Schmuck, Zierat und prächtiger Gewandung. Da wollte der Abt mit einiger Ausrede ihren Sinn ablenken, vermeinend, sie seien nur ein arm Klösterlein und seine Base werde auf ihren Fahrten im Reich und am Kaiserhof schon Preiswürdigeres erschaut haben: es half ihm nicht. Sie traten in die Sakristei ein.

      Er ließ die gebräunten Schränke öffnen, da war viel zu bewundern an purpurnen Meßgewändern, an Priesterkleidern mit Stickerei und gewirkten Darstellungen aus heiliger Geschichte. War auch manches darauf abgebildet, was noch nahe an römisches Heidentum anstreifte, zum Beispiel die Hochzeit des Merkurius mit der Philologie.

      Als mein Vorgänger Hartmuth am Sterben lag, sprach der Abt, ward's gepulvert und ihm mit Wein und Honig eingegeben, das Fieber zu stillen.

      Mitten im Bernstein saß ein Mücklein, so fein erhalten, als wär's erst neulich hineingeflogen, und hat sich dies Insekt, wie es in vorgeschichtlichen Zeiten vergnüglich auf seinem Grashalm saß und vom zähflüssigen Erdharz überströmt ward, auch nicht träumen lassen, daß es in solcher Weise auf die Nachwelt übergehen werde.

      Auf derlei stummes Zeugnis wirkender Naturkraft ward aber damals kein aufmerkend Auge gerichtet; wenigstens war der Kämmerer Spazzo, der ebenfalls mit Sorgfalt alles musterte, mit andern Dingen beschäftigt. Er dachte, um wie viel ergötzlicher es sein möcht', mit diesen frommen Männern in Fehde zu liegen und, statt als Gastfreund einzureiten, Platz und Schatz mit stürmender Hand zu nehmen. Und weil er schon manchen Umschlag vornehmer Freundschaft erlebt, bereitet er sein Gemüt auf diese Möglichkeit, faßte den Eingang der Sakristei genau ins Aug' und murmelte: Also vom Chor die erste Pforte zur Rechten!

      Der Abt mochte auch der Ansicht sein, daß lang fortgesetzter Anblick von Gold und Silber Hunger nach Besitz errege; er ließ die letzte Truhe, welche der Kostbarkeiten vorzüglichste barg, nicht mehr erschließen und drängte, daß sie ins Freie kamen.

      Sie lenkten ihre Schritte zum Klostergarten. Der war weitschichtig angelegt und trug an Kraut und Gemüse viel nach Bedarf der Küche, zudem auch nützliches Arzneigewächs und heilbringende Wurzeln.

Simia nare brevi, nate nuda murcaque cauda, Voceque milvina, cute crisa catta marina, In quibus ambabus nil cernitur utilitatis.
Ruodlieb fragm. III. u. ff.

      Ein alter Steinbock stund in seines Raumes Enge, der Sohn der Hochalpe senkte sein Haupt, still und geduckt; seit er die schneidige Luft der Gletscher entbehren mußte, war er blind geworden, denn nicht jedweder gedeiht in den Niederungen der Menschen.

      In anderem Behältnis waren dickhäutige Dachse angebaut; der böse Sindolt lachte, wie sie vorüberkamen. Sei gegrüßt, du kleines, niederträchtig Getier, sprach er, du erlesen Wildbret der Klosterknechte!

      Wieder anderswo pfiff es durchdringend. Ein Rudel Murmeltiere lief den Ritzen zwischen den künstlich geschichteten Felsen zu. Frau Hadwig hatte solch kurzweilig Geschöpf noch nicht erschaut. Da erklärte ihr der Abt deren Lebensart.

      Da sprach Sindolt zum dicken Kämmerer Spazzo: Wie schade, daß Ihr keine Bergmaus geworden, das wär' eine anmutige Verrichtung für Euch!

      Wie der Abt sich abgewendet, hub der böse Sindolt eine neue Art der Erklärung an: Das ist unser Tutilo! sprach er und deutete auf einen Bären, der soeben seinen Nebenbär rücklings zu Boden geworfen, – das der blinde Thieto! er deutete auf den Steinbock; eben wollte er auch seinem Abte die Ehre einer nicht schmeichelhaften Vergleichung erweisen, da fiel ihm die Herzogin in die Rede: Wenn Ihr alles zu vergleichen wisset, habt Ihr auch für mich ein Sinnbild?

      Sindolt war verlegen. Zum guten Glück stand bei den Kranichen und Reihern ein schmuckes Silberfasan und wiegte sein perlgrau glänzend Gefieder im Sonnenschein.

      Dort! sprach Sindolt.

      Aber die Herzogin wandte sich zu Ekkehard, der träumerisch in das Gewimmel der Tierwelt schaute. Einverstanden? frug sie. Er fuhr auf. O Herrin, sprach er mit weicher Stimme, wer ist so vermessen, unter dem, was da kreucht und fleucht, ein Sinnbild für Euch zu suchen?

      Wenn Wir's aber verlangen...


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