Ekkehard. Joseph Victor von ScheffelЧитать онлайн книгу.
avidus. vita S. Galli.
4 de natione Scotorum, quibus consuetudo peregrinandi jam paene in naturam conversa. Walafrid Strabo in der vita S. Galli lib. II cap. 47 bei Pertz Monum. II. 30.
5 »Ascopam i. e. flasconem similis utri de coriis facta, sicut solent Scottones habere.« Glosse einer sanktgall. Handschrift des neunten Jahrhunderts bei Hattemer, Denkmale des Mittelalters. Sankt Gallens altteutsche Sprachschätze. Bd. I. 237.
6 Und jetzt allerdings, rückblickend auf das wenig Gute, was die Nachwelt der Sorge wohlmeinender Vorfahren zu verdanken hat, mag man einstimmen in das Lob, das Herder s. Z. in seinem leider etwas hölzernen Poem »die Fremdlinge« jenen frommen Wandersmännern erteilt:
7 Regula S. Benedicti cap. 48. – Accepit solitus fratres post prandia somnus. Annales S. Gallenses majores bei Pertz Monum. I. 81.
8 .. in conclavi vase quodam argenteo mire figurato ad aquam interendam utebatur. Ekkeh. IV. casus S. Galli cap. 1 bei Pertz Mon. II. 88.
9 Recalvaster est, qui in anteriore parte capitis duo calvitia habet medietate inter illa habente pilos, ut est Craloh abbas et Wikram. Glosse einer sanktgallischen Handschrift zum Buch Leviticus bei Hattemer, Denkmale usw. I. 240.
11 erat senatus reipublicae nostrae tunc quidem sanctissimus. Ekkeh. IV. casus S. Galli, c. 1 bei Pertz Mon. II. 80.
Auch Ratpert kam herzu, der lang erprobte Lehrer der Schule, der immer unwillig auffuhr, wenn ihn das Kapitelglöcklein von seinen Geschichtsbüchern abrief. In vornehmer Haltung trug er das Haupt; er und die beiden andern waren ein Herz und eine Seele, ein dreiblättriger Klosterklee, so verschieden auch ihr Wesen.22 Weil er unter den letzten in den Saal trat, kam Ratpert neben seinen Widersacher zu stehen, den bösen Sindolt, der tat, als sähe er ihn nicht, und flüsterte seinem Nachbar etwas zu; der war ein klein Männlein mit einem Gesicht wie eine Spitzmaus und kniff den Mund zusammen, denn Sindolt hatte ihm soeben zugeraunt, im großen Wörterbuch des Bischofs Salomo23
Grimoald, fällt es dir bei, aus diesem Kruge zu schöpfen, Möge sein Inhalt sofort sich in Säure des Essigs verwandeln Und ein unendlicher Husten samt brennendem Durst dir beschert sein |
Aus dem Dunkel im Saalesgrund ragte Sintram hervor, der unermüdliche Schönschreiber, dessen Schriftzüge die ganze cisalpinische Welt bewunderte;24 die größten von Sankt Gallus Jüngern an Maß des Körpers waren die Schotten, die am Eingang ihren Stand nahmen, Fortegian und Failan, Dubslan und Brendan und wie sie alle hießen, eine untrennbare Landsmannschaft, aber mißvergnügt über Zurücksetzung; auch der rotbärtige Dabduin stand dabei, der trotz der schweren eisernen Bußkette nicht zum Probst gewählt ward und zur Strafe für seine beißenden Schmähverse auf die deutschen Mitbrüder drei Jahre lang den dürren Pfirsichbaum im Klostergarten begießen mußte.
Und Notker, der Arzt, stund unter den Versammelten, der erst jüngst des Abts hinkendem Fuß die große Heilkur verordnet hatte mit Einreibung von Fischgehirn und Umschlag einer frisch abgezogenen Wolfshaut, auf daß die Wärme des Pelzes die gekrümmten Sehnen gerad biege:25 sie hießen ihn das Pfefferkorn ob seiner Strenge in Handhabung der Klosterzucht; – und Wolo, der keine Frau ansehen konnte und keine reifen Äpfel,26 und Engelbert, der Einrichter des Tiergartens, und Gerhard, der Prediger, und Folkard, der Maler: Wer kennt sie alle, die löblichen Meister, bei deren Aufzählung schon das nächstfolgende Klostergeschlecht wehmütig bekannte, daß solche Männer von Tag zu Tag seltener würden?
Jetzo bestieg der Abt seinen ragenden Steinsitz, und sie ratschlagten, was zu tun sei. Der Fall war schwierig. Ratpert trat auf und wies aus den Aufzeichnungen vergangener Zeit nach, auf welche Art einst dem großen Kaiser Karl ermöglicht worden, in des Klosters Inneres zu kommen.27 Damals, sprach er, ward angenommen, er sei ein Ordensbruder, solang er in unsern Räumen weile, und alle taten, als ob sie ihn nicht kenneten; kein Wort ward gesprochen von kaiserlicher Würde und Kriegstaten oder demütiger Huldigung, er mußte einherwandeln wie ein anderer auch, und daß er des nicht beleidigt war, ist der Schutzbrief, den er beim Abzug über die Mauern hineinwarf, Zeuge.
Aber damit war das große Bedenken, daß jetzt eine Frau Einlaß begehrte, nicht gelöst. Die strengeren Brüder murrten, und Notker, das Pfefferkorn, sprach: Sie ist die Witib jenes Landverwüsters und Klosterschädigers, der den kostbaren Kelch bei uns als Kriegssteuer erhob28 und höhnend dazu sagte: Gott ißt nicht und trinkt nicht, was nützen ihm die güldenen Gefäße? Laßt ihr das Tor geschlossen!
Das war jedoch dem Abt nicht recht. Er suchte einen Ausweg. Die Beratung war stürmisch, sie sprachen hin und her. Der Bruder Wolo, da er hörte, daß von einer Frau die Rede, schlich leis von dannen und schloß sich in seine Zelle.
Da hob sich unter den Jüngeren einer und erbat das Wort.
Sprechet, Bruder Ekkehard,29 rief der Abt.
Und das wogende Gemurmel verstummte; alle hörten den Ekkehard gern. Er war jung an Jahren, von schöner Gestalt und fesselte jeden, der ihn schaute, durch sittige Anmut, dabei weise und beredt, von klugverständigem Rat und ein scharfer Gelehrter. An der Klosterschule lehrte er den Virgilius, und wiewohl in der Ordensregel geschrieben stund: zum Pörtner soll ein weiser Greis erwählt werden, dem gesetztes Alter das Irrlichtelieren unmöglich macht, damit die Ankommenden mit gutem Bescheid empfangen seien, so waren die Brüder eins, daß er die erforderlichen Eigenschaften besitze, und hatten ihm auch das Pörtneramt übertragen.
Ein kaum sichtbares Lächeln war über seinen Lippen gelegen, dieweil die Alten sich stritten. Jetzt erhob er seine Stimme und sprach:
Die Herzogin in Schwaben ist des Klosters Schirmvogt und gilt in solcher Eigenschaft als wie ein Mann. Und wenn in unserer Satzung streng geboten ist, daß kein Weib den Fuß über des Klosters Schwelle setze: man kann sie ja darüber tragen.
Da heiterten sich die Stirnen der Alten, als wäre jedem ein Stein vom Herzen gefallen, beifällig nickten die Kapuzen, auch der Abt war des verständigen Wortes nicht unbewegt und sprach:
Fürwahr, oftmals offenbart der Herr einem Jüngeren das Dienstlichste,30 Bruder Ekkehard, Ihr seid sanft wie die Taube, aber klug wie die Schlange, so sollt Ihr des eigenen Rats Vollstrecker sein. Wir geben Euch Dispens.
Dem Pörtner schoß das Blut in die Wangen, er verbeugte sich, seinen Gehorsam anzudeuten.
Und der Herzogin weibliche Begleitung? frug der Abt weiter. Da wurde der Konvent eins, daß für diese auch die freimütigste Gesetzesauslegung keine Möglichkeit des Eintritts eröffne. Der böse Sindolt aber sprach: Die mögen indessen zu den Klausnerinnen auf den Irenhügel gehen; wenn des heiligen Gallus Herde von einer Landplage heimgesucht wird, soll die fromme Wiborad auch ein Teil daran leiden.
Der Abt pflog noch eine lange flüsternde Verhandlung mit Gerold, dem Schaffner, wegen des Vesperimbisses; dann stieg er von seinem Steinsitz und zog mit der Brüder Schar den Gästen entgegen. Die waren draußen schon dreimal um des Klosters