Joseph. John C. LennoxЧитать онлайн книгу.
seinem Leben gespielt haben dürfen. An dieser Stelle werden wir die Handlung nachzeichnen und später nur Details hinzufügen, wenn sie wichtig werden.
Abschnitt 4: Abraham und seine Söhne (1. Mose 10,1–25,11)
Der Bericht des Lebens Abraham beginnt, als Gott ihm eine Verheißung schenkt, die enorme Auswirkungen auf die nachfolgende Geschichte der Welt hat: „Und ich will dich zu einer großen Nation machen und dich segnen, … und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde!“ (1Mo 12,2.3). Der Rest des ersten Buches Mose, ja der ganzen Bibel, berichtet uns davon, wie dieses Versprechen erfüllt wurde und noch erfüllt wird. Doch in 1. Mose haben wir mit Joseph das erste Anzeichen des Ausmaßes dieses Segens, als sich der Handlungsverlauf von der nomadischen Familie Abrahams, seinen Kindern und Enkeln auf Joseph ausweitet, der in eine wichtige Position als Verwalter des ägyptischen Reiches katapultiert wird und in dieser Funktion einem großen Teil der alten Welt Hilfsgüter verschafft.
Die Verheißung, eine große Nation zu werden, implizierte natürlich, dass Abraham und seine Frau Sara Kinder haben würden, und doch wurde es bald offensichtlich, dass in ihrem Fall etwas mit den organischen Abläufen, Leben weiterzugeben, fehlschlug. Wie viele andere Paare schienen sie unfähig, Kinder zu empfangen. Es ist dieser Umstand, der den anfänglichen Schwerpunkt auf eines der wichtigsten Themen des ganzen Buches richtet: Gottvertrauen.
Der HERR erschien Abraham in einer Offenbarung und sprach zu ihm: „Fürchte dich nicht, Abram; ich bin dir ein Schild, dein sehr großer Lohn“ (15,1). Abrahams Antwort zeigte, wie sehr ihn seine Kinderlosigkeit schmerzte: „Herr, HERR, was willst du mir geben? Ich gehe ja kinderlos dahin“ (15,2). Abraham wies darauf hin, dass ohne einen eigenen Nachkommen sein Diener Elieser sein rechtmäßiger Erbe werden und die Familie aussterben würde. Doch der HERR erwiderte: „Nicht dieser wird dich beerben, sondern der aus deinem Leib hervorgehen wird, der wird dich beerben“ (15,4). Dann ließ der HERR Abraham die Sterne zählen und sagte: „Blicke doch zum Himmel und zähle die Sterne, wenn du sie zählen kannst! Und er sprach zu ihm: So wird deine Nachkommenschaft sein“ (15,5). Abrahams Reaktion war genauso kurz wie tiefgründig: „Und er glaubte dem HERRN; und er rechnete es ihm zur Gerechtigkeit“ (15,6).
Mit dieser Aussage haben wir das zentrale Thema von 1. Mose erreicht: Vertrauen auf Gott und sein Wort. Hierin steckt eine mächtige Logik. Das verhängnisvolle falsche Abwenden von Gott bestand darin, das eigene Vertrauen in eine andere als Gottes Stimme zu legen – eine fortwährende Gefahr für uns alle in einer Welt, wo wir ständig von einer Vielzahl an Stimmen bombardiert werden, die sich alle um unsere ungeteilte Aufmerksamkeit reißen. Der Weg zurück zu Gott muss daher darin liegen zu lernen, auf seine Stimme zu hören und dem zu vertrauen, was Er sagt.
Abraham wird uns in dem biblischen Bericht als ein besonderes Vorbild vorgestellt, wenn es darum geht, Gottes Verheißungen zu vertrauen. Als Ergebnis seines Glaubens an Gott wurde Abraham als gerecht angesehen. Das heißt, Gott sagte von ihm, dass Abraham in einer richtigen Beziehung mit Ihm stand. In der Sprache des Neuen Testamentes war er gerechtfertigt aus Glauben.
Abraham ist zwar die herausragendste, aber nicht die erste Person in 1. Mose, die Gott vertraut. Die Aufzählung der Männer und Frauen des Glaubens in Hebräer 11 umfasst Abel, Henoch und Noah, die vor Abraham lebten. Abraham ist auch nicht die letzte Person des Glaubens, denn ihm folgen in diesem Bericht seine Frau Sara, dann sein Sohn Isaak, Isaaks Sohn Jakob und schließlich (zumindest in 1. Mose) Jakobs Sohn Joseph.
Aus dem biblischen Bericht wird sofort klar, dass das Samen-Projekt zwei Dinge erfordert, die gleichzeitig funktionieren. Es gibt die körperliche Weitergabe des Lebens durch die uns allen vertrauten genetischen Prozesse. Kinder werden ohne ihre Erlaubnis in die Welt geboren. Jeder von uns wacht sozusagen auf, um festzustellen, dass man bereits da ist. Das ist der erste Vorgang. Das zweite Element in diesem Samen-Projekt ist überhaupt kein körperlicher Vorgang und geschieht auch nicht automatisch. Es hat mit einem persönlichen Glauben an Gott zu tun.
Das Neue Testament erfasst diesen Unterschied sehr gut. Johannes sagt, dass der Glaube eine unerlässliche Voraussetzung dafür ist, dass man von neuem geboren wird. Von Jesus wird gesagt: „Er kam in das Seine, und die Seinen nahmen ihn nicht an; so viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus Geblüt noch aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind“ (Joh 1,11–13).
Die Weitergabe des physischen Lebens hängt von der Entscheidung der potenziellen Eltern ab. Kinder haben bei ihrer leiblichen Geburt kein Mitspracherecht. Es ist etwas völlig anderes, wenn es darum geht, von neuem geboren zu werden, denn es ist kein derartiger physischer Prozess. Die Menschen werden von Gott mit der wunderbaren Fähigkeit ausgestattet, Beziehungen einzugehen, wie wir es im zweiten Teil von 1. Mose gesehen haben. Sie können Ja oder Nein sagen; sie können sich entscheiden, einander zu vertrauen oder es eben nicht zu tun. Die wesentliche Frage für sie ist, ob sie diese Beziehungsfähigkeit nutzen, um Gott zu vertrauen. Daher nahmen einige Menschen Christus nicht auf, als Er in die Welt kam. Sie lehnten es aus freien Stücken ab, ihre gottgeschenkte Fähigkeit, Ihm zu vertrauen, zu gebrauchen. Andere wiederum setzten diese Fähigkeit, Gott zu vertrauen, freiwillig ein, und weil sie Ihm vertrauten, erhielten sie das ewige Leben als ein unverdientes Geschenk von Gott.
Diese Glaubensangelegenheit steht im Mittelpunkt des ersten Buches Mose und der Bibel als Ganzes, und es ist daher nicht überraschend, dass sie Gegenstand verschiedener Missverständnisse gewesen ist, die zu Verwirrung geführt haben. So behaupten zum Beispiel einige, wenn die Menschen in der Lage wären, Gott zu vertrauen, dann würde das bedeuten, dass wir zu unserer eigenen Errettung beitragen würden, und somit der Tatsache widersprechen, dass die Menschen durch die Gnade Gottes erlöst werden und nicht durch menschliches Verdienst. Das ist jedoch nicht der Fall.1 Der Apostel Paulus wendet solche Verwirrung ab, indem er das Prinzip ausführlich erklärt, dass Glaube das Gegenteil von Werken ist. Er verwendet Abraham als ein Beispiel und sagt:
Was sollen wir nun sagen, dass Abraham, unser Vater nach dem Fleisch, gefunden habe? Denn wenn Abraham aus Werken gerechtfertigt worden ist, so hat er etwas zum Rühmen – aber nicht vor Gott. Denn was sagt die Schrift? „Abraham aber glaubte Gott, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet.“ Dem aber, der wirkt, wird der Lohn nicht nach Gnade zugerechnet, sondern nach Schuldigkeit. Dem aber, der nicht wirkt, sondern an den glaubt, der den Gottlosen rechtfertigt, wird sein Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet (Röm 4,1–5).
Die Aussage „Dem aber, der nicht wirkt, sondern … glaubt“ beschreibt, was Abraham tat, und zeigt das Verständnis des Paulus, dass Vertrauen kein Werk ist, obwohl die vertrauende Person das Vertrauen in ihrer eigenen Fähigkeit ausübt (deshalb die Betonung auf „sein Glaube“).
Paulus sagt dasselbe in Epheser 2,8.9: „Denn durch die Gnade seid ihr errettet, mittels des Glaubens; und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme.“ Die Errettung erfolgt durch Gnade; sie ist eine wunderbare Gabe Gottes, aber man eignet sie sich durch das ausgeübte Vertrauen an, das wiederum eine andere großartige Gabe Gottes für uns ist. Diese Gabe des Vertrauens kennzeichnet unser ganzes Menschsein als geschaffen im Bild Gottes.
Die praktische Umsetzung war jedoch überhaupt nicht leicht. Abraham vertraute Gott, aber nichts passierte – zumindest nicht sofort. Und in dieses unerwartete Vakuum kam Sara, seine Frau, und schlug eine uralte Form der Leihmutterschaft als Mittel vor, um das verheißene Ziel eines Kindes zu erreichen. Sie hatte eine ägyptische Magd, die wahrscheinlich von ihrem beschämenden Aufenthalt in Ägypten stammte, als Sara vorgegeben hatte, Abrahams Schwester zu sein. Der verzweifelte Wunsch nach einem Kind brachte Sara dazu, Hagar Abraham zu geben. Und so wurde Ismael geboren. Es lief alles ziemlich gut, bis zu Abrahams und Saras großer Überraschung – denn sie waren sehr alt – Sara selbst einen Sohn gebar und ihn Isaak nannte. Es ist nicht verwunderlich, dass es immer mehr Spannungen zwischen Sara und Hagar gab, die erst dann gelöst wurden, als Hagar und Ismael in einer Art und Weise weggeschickt wurden, die viele Fragen aufwirft, obwohl man anmerken muss, dass Gott unmittelbar zu der verzweifelten Hagar sprach und ihr versprach, dass aus Ismael eine große Nation werden würde (siehe 1. Mose 21).
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