Тайны звезд №38/2020. Группа авторовЧитать онлайн книгу.
nicht schon viele Male zuvor gesehen hatten. Einst waren sie über Müllansammlungen im Pazifik geflogen, die so riesig waren, dass einige dieser Abfallinseln Namen bekommen hatten und Piraten, Schmuggler und Terroristenzellen beherbergten. In Alt-Shanghai hatten sie miterlebt, wie ganze Stadtteile unterspült und weggerissen worden waren. Daraufhin hatte man Millionen von Einwohnern in Lager umgesiedelt, wo Hunger, Kriminalität und Seuchen an der Tagesordnung waren. Sie hatten entsetzliche Massengräber und Monumente für die Millionen Opfer der Großen Alexandrischen Flut gesehen, eine Katastrophe, die leicht hätte verhindert werden können, wenn die Regierungen den zerstörerischen Effekt des Klimawandels nicht geleugnet und vertuscht hätten. Während der Planung einer Expedition in die Jaguar-Zone mit Aaron und ihrem Vater – eine Reise, die sie noch vor sich hatten – waren sie Zeuge der zerstörerischen Folgen jahrzehntelanger illegaler Rodung des Amazonas geworden. Der riesige Regenwald hatte sich in viele Tausend kleiner, verstreuter Waldgebiete verwandelt.
Erinnerungen und Erfahrungen dieser Art ließen die Vorfreude auf diese Reise noch größer werden.
»Das hoffe ich doch.« Wieder drückte sie seine Hand, sanfter diesmal. »Ich liebe dich«, flüsterte sie, doch er antwortete nicht und sie fragte sich, ob er es überhaupt gehört hatte. Sie drehte sich vom Fenster weg, starrte wieder auf Coves Hinterkopf und hoffte inständig, dass der Flug bald vorbei war. Sie sehnte sich nach dem Gefühl von Gras und Erde unter ihren Füßen, nach dem Gegendruck des Planeten.
Sie stellte sich die bevorstehende Expedition vor. Es erfüllte sie mit Begeisterung. Sie sah Wälder und Berge, verlassene Städte, Täler, Flüsse und Seen, ein wunderschöner Ort ohne jegliche Menschen.
Dann erinnerte sie sich an den wahren Grund ihres Kommens und wünschte, der Flug wäre alles, was sie zu fürchten hätte.
2
»Natürlich erkenne ich die guten Absichten hinter dem Internationalen Abkommen zu den unberührten Zonen an und ich habe das ganze Unternehmen auch öffentlich immer wieder unterstützt. Doch diese Unberührtheit kann nicht wiederhergestellt werden. Wie erfolgreich diese Orte auch sein mögen – und das wird nur die Zeit zeigen können –, sie sind immer noch ein Teil dieser Welt, die von der Menschheit gründlich zerstört wurde.«
Anthony Keyse, Green World Alliance
Jenn liebte die kameradschaftliche Spannung zwischen diesen sieben Personen, die sich schon viele Male zuvor zusammen vorbereitet hatten. Das Geräusch der Ausrüstung, die überprüft und gepackt wurde, der Geruch von Sonnenmilch und Mitteln gegen Wundreiben, das süße Aroma eines nahrhaften Frühstücks, das auf dem Campingkocher brodelte, das Glucksen von Wasser in Flaschen und Rucksacktrinkblasen und das nervöse und aufgeregte Geplapper, leiser als gewöhnlich, als würde ein zu lautes Sprechen das angenehme Gleichgewicht stören, das sie gemeinsam gefunden hatten.
Sie liebte auch das Gefühl von Gefahr. Das taten sie alle. Darum waren sie hier und hatten ihr Zuhause, ihre Familien und Arbeitsstellen zurückgelassen. Sie waren sich einig, dass dies die vielleicht gefährlichste Sache war, die sie jemals gewagt hatten.
Um sie herum murmelten Waldgeräusche – das Rascheln der Blätter in der Brise, Vogelzwitschern, das leise Knacken von Zweigen, während kleine Tiere ungesehen ihren morgendlichen Routinen nachgingen. Es war eine erfrischende Abwechslung zum Rattern und Dröhnen des Flugzeugs und Jenn fühlte sich gestärkt und lebendig.
»Dreißig Minuten«, sagte die Frau. Sie nannte sich Pocahontas, oder kurz Poke. Jenny hatte gelacht, als sie sich vorgestellt hatte, doch Pokes strenger Blick hatte das Lächeln ersterben lassen. In diesem Blick lagen Erfahrung und Wissen und das musste Jenn respektieren. Ganz egal wie sie sich nannte.
»Sie sehen nicht aus wie eine Pocahontas«, bemerkte Cove, während er seinen eingerollten Schlafsack an seinem Rucksack befestigte.
»Und wie zum Teufel sehe ich aus?«, fragte Poke. Sie saß auf einem umgestürzten Baum, rauchte eine stinkende Zigarette und sah ihnen bei der Vorbereitung zu. Ihr Vater hatte gesagt, Poke sei die beste Führerin, die er je getroffen hatte.
Jenn fand sie faszinierend. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal jemanden rauchen gesehen hatte. Es freute sie zu sehen, dass die alte Frau lächelte, und ihre dunkle, faltige Haut, schlanke Gestalt und funktionelle Kleidung deuteten darauf hin, dass sie sich hier draußen absolut zu Hause fühlte. Der Goldschmuck an ihren Fingern und Ohren verriet, dass sie sich immer noch für die schönen Dinge im Leben interessierte. Ihr Haar war schneeweiß und eng an die Kopfhaut geflochten. Sie hatte Narben. Jenn fragte sich, was für Geschichten hinter jeder einzelnen steckten.
»Vielleicht eine Mildred«, sagte Cove.
»Oder eine Whitney«, schlug Jenn vor.
Poke lachte laut auf, warf den Kopf in den Nacken und hustete Zigarettenrauch in den Himmel. »Ich schätze, nachdem Eden euch verschlungen hat, werde ich mir wohl einen anderen Namen zulegen.« Sie stand auf, ging in einem weiten Kreis um sie herum und sah ihnen bei der Arbeit zu.
Nur eine halbe Stunde nachdem der Pilot seine Maschine gelandet und sie auf der alten Straße abgesetzt hatte, war er überraschend wieder eingestiegen und hatte sich davongemacht. Jenn hätte gedacht, dass er vorher zumindest das Flugzeug überprüfen würde, doch er schien es ziemlich eilig zu haben. Poke, die aus den Bäumen aufgetaucht war, sobald sie ausgestiegen waren, hatte gesagt, dass seine Maschine beschlagnahmt werden würde, wenn man ihn erwischte, und sie sei seine einzige Einkommensquelle. Denn er schmuggelte nicht nur Menschen.
Sie hatte sie durch den Wald zu einer Lichtung geführt, wo sie alles für ihre Ankunft vorbereitet hatte. Der Eintopf über dem Lagerfeuer ließ Jenn das Wasser im Mund zusammenlaufen und sie freute sich schon darauf, dass er die morgendliche Kälte vertreiben würde. Sie hatte sich entschlossen, nicht nachzufragen, was für ein Fleisch darin war.
»Fünfundzwanzig Minuten«, sagte Poke.
»Es ist eine sechsstündige Wanderung zur Grenze«, entgegnete Cove.
»Und?« Poke blieb bei Cove stehen und versuchte, ihren Zigarettenstummel anzuzünden. Sie schielte auf die Flamme, die die Spitze küsste.
»Warum der Countdown?«
Poke musterte ihn von oben bis unten, grinste dann nur und umkreiste ohne Antwort weiter die Gruppe. Cove warf Jenn einen fragenden Blick zu. Er war derjenige unter ihnen, der am meisten auf Ausrüstung vertraute. Auf seiner Kleidung, dem Rucksack und seinen restlichen Sachen prangten teure Labels und er hatte für diese Expedition wahrscheinlich mehr ausgegeben als der Rest von ihnen zusammen. Sie wollte Poke sagen, wie erfahren Cove war, doch es war nicht ihre Aufgabe, ihn zu verteidigen. Normalerweise fiel es ihm nicht schwer, sein eigenes Lob zu singen.
»Poke hat einen straffen Zeitplan für uns«, sagte Jenns Vater. »Hört auf sie. Sie weiß, was sie tut.«
Jenn bemerkte, dass Poke stehen geblieben war und sie anstarrte.
»Was?«, fragte Jenn.
»Nichts.« Poke trat ihre Kippe aus und zog eine weitere Zigarette aus ihrer Hemdtasche. »Hab mich nur gefragt, wo der Rest eurer Ausrüstung ist.«
»Lucy heult bereits ihren kostbaren Gadgets hinterher«, grinste Gee. Lucy warf ihm von dort, wo sie neben dem kleinen Stapel Ausrüstung stand, den sie zurückließen, einen wütenden Blick zu. Eden war ein unbefleckter Ort, die älteste und wildeste der dreizehn unberührten Zonen der Welt, und Dylan hatte darauf bestanden, dass sie ihn mit angemessenem Respekt behandelten. Diese Expedition war so weit auf das Wesentliche reduziert, wie sie es noch nie gewagt hatten – keine Tablets oder Netzimplantate, kein GPS, keine Satellitentelefone, überhaupt keine elektronischen Geräte. Es hieß sie gegen Eden und darin lag eine Reinheit, die Jenn überaus verführerisch fand.
»Du weißt schon«, sagte Poke. »Wissenschaftszeug. Messinstrumente und so ’n Scheiß.«
»So was haben wir nicht«, erklärte Selina.
»Waagen und Reagenzgläser. Probenbeutel. Dieser ganze Mist.«
»Wir