Shinobi - Dem Untergang geweiht. Danny SeelЧитать онлайн книгу.
direkt auf Kiyonori zu. Dieser tat unaufgefordert dasselbe und führte einen Stoß durch, wobei er auf den Kopf seines Widersachers zielte. Takeru ließ sich auf ein Knie fallen und wehrte die Attacke mithilfe eines Konters ab. Als der Chūnin versuchte sein Kurzschwert zurückzuziehen und dabei rückwärts sprang, schrie Sowano zornig auf und schwang blitzschnell sein Ninjatō in einem horizontalen Bogen.
Schlagartig spürte Yujiro, wie ihm die Klinge die Oberschenkel aufschlitzte. Aus Reflex ließ er einen Schmerzensschrei erklingen und fiel wegen der Verwundung beinahe auf die Knie. Takeru sah wieder eine günstige Gelegenheit für sich und reagierte im Bruchteil einer Sekunde.
Mit unglaublicher Gelenkigkeit rammte er seine Schulter in die Brust seines Gegners. Als der Letztere keuchend zurücktaumelte, schlug Sowano ihm mit ganzer Kraft das Kurzschwert aus der Hand.
Während Yujiro schwankend und mit geweiteten Augen versuchte sich auf den Beinen zu halten, übte sein Widersacher einen diagonalen Hieb aus. In der letzten Sekunde konnte Kiyonori noch seinen Kopf zurückziehen, sodass die Klinge lediglich seinen Hals streifte. Bevor er jedoch etwas unternehmen konnte, versetzte ihm Takeru gewaltsam einen Seitwärtstritt in den Bauch. Der Chūnin schlug heftig am Boden auf und bemühte sich sein Bewusstsein nicht zu verlieren. Hilflos sah er, wie sich die Gestalt seines Erzfeinds drohend vor ihm aufbaute.
„Tötet ihn! Tötet ihn! Bringt ihn um!“, schrien die Nukenin blutdürstig.
Sowano schienen diese Anfeuerungen zu gefallen, denn er tat etwas ganz Unerwartetes: Er warf sein Schwert weg.
„Säubert mein Ninjatō“, befahl er nur und trat einige Schritte von Kiyonori zurück. „Steh auf. Du hast gesagt, dass du bis zu deinem letzten Atemzug kämpfen wirst.“
Yujiro brauchte keine weitere Aufforderung. Verblüffung stand ihm ins Gesicht geschrieben, doch er schaffte es, etwas mühsam auf die Beine zu kommen. Unsicher und leicht wankend stellte er sich seinem Gegner gegenüber. Die Zuschauer, die gedacht hatten, dass der Kampf schon vorbei war, stießen nun noch mehr Hochrufe aus.
„Sowanosama! Sowanosama! Sowanosama!“
Takeru grinste überlegen. „Du hast Glück, dass ich heute so gnädig bin. Sonst wärst du bereits tot.“
„Ich wäre lieber tot als in deinen Klauen!“
Besessen davon zu gewinnen, übte Yujiro verzweifelt einen Seitwärtstritt aus. Der Nukenin wich gerade noch rechtzeitig aus und blockierte den kommenden Faustschlag seines Widersachers, was dessen Seite ungeschützt ließ.
Unverzüglich nutzte Takeru diese Schwachstelle aus, indem er den Chūnin gewaltsam mit der Handkante in die Achselhöhle schlug. Der Letztere stöhnte auf, als diese empfindliche Stelle mit einer solch intensiven Kraft getroffen wurde, und verspürte ein unangenehmes, Übelkeit erregendes Gefühl. Instinktiv schlug er nach seinem Gegner und versuchte sich zurückzuziehen.
Vom Schmerz dieses hinterhältigen Angriffs benommen, bemerkte Yujiro die nächste Attacke seines Widersachers erst im letzten Augenblick. Takeru hatte mit der rechten Faust ausgeholt und stieß erbarmungslos zu. Kiyonori wehrte zwar ab, doch die gegnerische Wucht schleuderte ihn zurück. Er taumelte rückwärts, wobei er sein Gleichgewicht nicht zu verlieren versuchte. Er konnte jedoch nur entsetzt zusehen, als sein Erzfeind aufsprang und ihm gnadenlos ins Gesicht trat.
Halb bewusstlos fiel Yujiro der Länge nach auf die Erde. Seine Sicht verschwamm und seine Kräfte verließen ihn, sodass er nicht mehr wusste, ob er noch bei Besinnung war oder nicht. Mühevoll gelang es ihm, sich auf die Knie zu stellen. Auf einmal spürte er einen Angriff hinter sich, doch seine Kraftlosigkeit machte jegliche Reaktion unmöglich.
Unvermittelt fühlte er einen brutalen Schlag gegen seinen Kopf und sackte auf dem Gras zusammen. Alle seine Sinne begannen zu schwanken. Er verspürte quälende Schmerzen überall an seinem Leib und bemerkte, dass ihm Blut aus mehreren Wunden tropfte.
Sein letzter Blick fiel auf einen Gegenstand, der ihm den Großteil des Sonnenlichts versperrte … die Sohle einer Sandale. Unfähig jegliche Gegenwehr zu leisten, sah er zu, wie die Sandale schnell auf sein Gesicht zusauste und alles vor seinen Augen dunkel wurde.
14. Kein Entrinnen
Leb’ ich noch?, fragte sich Yujiro, als er die Lider öffnete. Hämmerndes Kopfweh durchfuhr seine Schläfen und Schmerz war das Allererste, was er überall an seinem Körper wahrnahm. Aufgrund seiner angeschwollenen Augen sowie der ihn umgebenden Dunkelheit dauerte es einen Augenblick, bevor er klar sehen konnte. Unverwandt musterte er seine Umgebung. Er bemerkte, dass er sich wieder in der kleinen Bruchbude befand.
Plötzlich blitzten die Erinnerungen auf. Sein Duell mit Takeru erschien ihm wieder klar vor den Augen und er runzelte enttäuscht die Stirn, als er sich in der schäbigen Zelle umsah. Er hatte gehofft, dass er im nächsten Leben aufwachen würde.
Er wollte sich gerade in die sitzende Position bringen, als ein unerwarteter Schmerz ihm den Nacken sowie die Brust hochschoss. Die Zähne zusammenbeißend, zog er scharf die Luft ein und sank wieder erschöpft zu Boden, wobei seine Gedanken zurück zu Takerus Vorhaben mit ihm wanderten.
Niedergeschlagen musste er seufzen. Er konnte sich nur noch allzu gut an Kanagis Folter besinnen – sein ganzer Körper spannte sich beim bloßen Gedanken an! Er wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bevor sie ihn holen und nach Kiyosu schleppen würden. Aus irgendeinem unbekannten Grund ließ ihn seine erbärmliche Lage an die schlimmste Erinnerung seiner Kindheit denken …
Es war die Nacht, als er nicht schlafen konnte und auf die Rückkehr seiner Eltern gewartet hatte. Damals war er fünf gewesen und war der Einzige unter seinen Geschwistern, der wach gelegen hatte. Irgendwann hatte er gehört, wie die Eingangstür mitten in der Nacht geöffnet wurde. Dort hatte er sich dann hinbegeben.
Da hatte er erkannt, dass es sein Vater war, und sofort bemerkt, dass etwas nicht stimmte. Als ein plötzlicher Blitz alles erhellt hatte, war er bleich vor Schreck geworden, denn Jiraiya war mit so vielen Verwundungen übersät gewesen, dass ihm beim bloßen Anblick seines Vaters schlecht geworden war.
Und dann hatte Jiraiya gesagt, dass seine Mutter nicht mehr zurückkommen würde …
Wild schüttelte Kiyonori den Kopf, um nicht mehr daran zu denken, wobei er seine Kopfschmerzen ignorierte. All dies war schon in der Vergangenheit und es gab niemanden mehr, der ihn darüber aufklären konnte. Sein Vater war – mit Ausnahme von Sawada, Yujiros ehemaliger Lehrmeister, der es wegen einem Schwur nicht offenbaren wollte – der Einzige, der wusste, was an dieser Nacht geschehen war. Doch er war nicht mehr am Leben. Er wurde von Takeru vor langer Zeit ermordet …
Der Chūnin kniff bitter die Augen zusammen, als er sich daran erinnerte. Er hatte versucht, seinen Tod zu rächen, hatte jedoch elendig versagt. Dies waren keine aufmunternden Gedanken für ihn und er sehnte sich nach dem Tod so sehr wie noch nie. An einen schnellen, schmerzlosen Tod … was man nicht von Kanagis Folter behaupten konnte.
Über sich selbst enttäuscht, sah er sich in der Zelle um. Sein Blick blieb auf zwei sehr erwünschten Gegenständen hängen: eine Reisschale und ein kleiner Krug, der mit Wasser gefüllt war.
Bestrebt seinen leeren Magen zu füllen, da er schon seit beinahe zwei Tagen nichts gegessen hatte, ignorierte er den starken Schmerz, den ihm seine Wunden bei der geringsten Bewegung verursachten, und näherte sich der Speise. In Windeseile leerte er die gesamte Schale und nahm den Krug mit beiden Händen. Er trank ihn zur Hälfte aus und stellte ihn wieder vor sich hin, bevor er hineinblickte. Obwohl es dunkel war, konnte er dennoch sein Spiegelbild erkennen. Wie von einem Blitz getroffen, erstarrte er, als er sich sah.
Er war in einem fürchterlichen Zustand: Sein ganzes Gesicht war von Prellungen überhäuft, seine Lippen waren geplatzt und Blut lief seine Stirn hinunter.
Seufzend lehnte er sich an die dreckige Wand an. Er wusste zwar, dass sein Zustand die Dauer der kommenden Todesfolter womöglich nur reduzieren könnte, doch dies hielt ihn keinesfalls davon ab, in eine noch tiefere Depression zu verfallen.
Er wollte nicht mit einunddreißig Jahren sterben. Doch es gab nichts,