Western Ferien Sammelban 9018 - 9 Romane um Gunfighter und Helden. Pete HackettЧитать онлайн книгу.
einfach abknallen und mit den Waffen abhauen, bevor seine Kumpels etwas ahnen?“
„Dieser Schwachsinn stammt natürlich von dir, Lou?“, schimpfte Ben Hillary. Er sah nicht wie ein Bandit aus. In seinem unauffälligen Anzug wirkte er eher wie ein reisender Geschäftsmann. Doch dieses Bild täuschte. Hinter der harmlosen Fassade verbarg sich ein skrupelloser Gauner, der das Verbrechen zu seinem Beruf erkoren hatte. „Kannst du mir vielleicht mal verraten, wie wir aus dem fahrenden Zug die Kisten ausladen und dann ohne Wagen wegschaffen sollen? Wir fahren die ganze Nacht durch und halten erst wieder morgen früh an. Bis dahin ist es ausgeschlossen, unseren ursprünglichen Plan über den Haufen zu schmeißen und einen neuen Schleichweg für den Transport zu finden.“
„Dir fällt schon etwas ein, Boss“, sagte Lou Hart, der sich bemühte, Ben Hillary wieder zu besänftigen. „Du hast doch immer die besten Ideen.“
Der schwarzhaarige Waffenhändler nahm die Anerkennung als etwas Selbstverständliches hin. „Darüber braucht ihr euch keine Sorgen zu bereiten. Aber momentan bleibt uns nichts anderes übrig, als uns um unsere Verfolger zu kümmern. Irgendwie müssen wir sie loswerden, und dabei wird uns dieser neugierige Schnüffler helfen.“
10
Meine Suche nach den Waffenschmugglern gestaltete sich nicht sehr erfolgreich. Außer ein paar windigen, aber jedenfalls in dieser Angelegenheit harmlosen Typen, hatte ich nichts Verdächtiges festgestellt.
Ich näherte mich langsam dem Ende des Zuges und fürchtete bereits, völlig ergebnislos wieder umkehren zu müssen, als ich plötzlich einen Mann entdeckte, der zwar nicht zu den Banditen gehörte, mit dem mich aber auch keine angenehme Erinnerung verband: Buz Sherlock.
Der Bursche erkannte mich im selben Augenblick. Wie ein aufgescheuchter Gaul schoss er von seiner Bank hoch und stieg mit hochrotem Gesicht über die ausgestreckten Beine seiner Mitreisenden, während er mir zornig zurief: „Verdammt noch mal, was haben Sie denn hier zu suchen? Habe ich Ihnen nicht ausdrücklich verboten, sich in meinen Fall einzumischen?“
„Verzeihung, Mister Hume“, erwiderte ich sanft. „Da habe ich Sie anscheinend nicht richtig verstanden.“
Seine Wut wurde noch größer.
„Hume?“, fauchte er. „Wieso Hume? Haben Sie vergessen, dass ich Buz Sherlock heiße und direkt von der Regierung beauftragt wurde?“
Ich tat sehr erstaunt.
„Tatsächlich? Wissen Sie, das Licht ist hier sehr schlecht, und als Sie behaupteten, mir etwas verboten zu haben, dachte ich, dass Sie demnach nur mein Chef sein können. Allerdings hätte ich mir gleich denken müssen, dass ich mich da irre, denn derart unbeherrscht habe ich Mister Hume schließlich noch nie erlebt.“
Dem verkniffenen Mann fielen fast die Augen aus dem Gesicht. Eine solche Frechheit hatte er anscheinend noch nicht oft erlebt.
„Mann!“, fauchte er außer sich. „Mann, was bilden Sie sich ein? Ich werde Sie melden. Das wird Folgen für Sie haben, verlassen Sie sich drauf!“ Seine Stimme überschlug sich fast. Ich erinnerte ihn daran, dass wir uns nicht allein in dem Waggon befänden und es nicht nötig sei, wenn die übrigen Passagiere Zeugen unserer Auseinandersetzung wurden. Er stutzte, dann sah er wohl ein, dass ich recht hatte, und versuchte, mich am Ärmel nach draußen zu ziehen.
Mit einer schnellen Bewegung löste ich mich von ihm. Dieser arrogante Kerl scheute sich anscheinend nicht davor, handgreiflich zu werden. Ich war ihm bereits in der Nähe von Rains begegnet, und schon da hatte er sich so aufgeführt, als müsse jeder auf sein Kommando hören.
Wir gingen auf die vordere Plattform, und Buz Sherlock wiederholte seine Forderung: „Ich befehle Ihnen hiermit nochmals, Ihre Finger von diesem Fall zu lassen.“
„Und ich nehme Ihren Befehl zur Kenntnis und pfeife darauf.“ Der Kerl ging mir auf die Nerven. Ich hatte keine Lust, mich noch länger mit ihm zu streiten.
„Dann muss ich Sie festnehmen.“
Mich konnte so leicht nichts überraschen. Diese Unverschämtheit brachte mich allerdings außer Fassung. „Was wollen Sie?“
„Sie festnehmen. Sie behindern eine Fahndungsaktion. Ich bin in amtlicher Mission hier und habe alle Vollmachten, den Willen der Regierung durchzusetzen. Die Wells Fargo ist lediglich ein Privatunternehmen, das sich hier gefälligst herauszuhalten hat.“
Beim ersten Mal hatte Sherlock mit seiner Methode Erfolg gehabt. Zu diesem Zeitpunkt war ich mir noch nicht sicher, welchen Standpunkt unsere Zentrale einnehmen würde. Doch jetzt wusste ich, dass ich völlig im Sinne von James B. Hume handelte. Von ihm hatte ich nicht nur das Einverständnis, sondern sogar ausdrückliche Anweisungen, die Verfolgung der Waffenhändler aufzunehmen. Ich war beauftragt, die Interessen der Wells Fargo zu vertreten, die in diesem Fall mehrfach verletzt worden waren. Ganz abgesehen davon hatte die Gesellschaft ein allgemeines Interesse daran, Verbrechern das Handwerk zu legen. Die Wells Fargo war kein Drei-Mann-Betrieb. Sie verkörperte eine nicht zu unterschätzende Macht, die es notfalls sogar mit einer Regierungsbehörde aufnahm. Ich würde ja sehen, ob Sherlock tatsächlich der starke Mann blieb, wenn ich ihm die Zähne zeigte, oder ob er sich nur aufspielte.
| „Versuchen Sie mal mich festzunehmen!“, schlug ich gelassen vor. „Die Regierung wird sich nach einem neuen Agenten umsehen müssen.“
„Sind Sie verrückt? Wissen Sie, was Sie riskieren?“
„Natürlich! Sie schreien es mir ja immer wieder ins Ohr.“
„Na und?“
Ich zuckte mit den Schultern.
„Was soll sein? Ich habe meinen Auftrag, genau wie Sie, und ich werde ihn erfüllen, so gut ich es kann.“ Ich drehte mich um, um wieder in den Waggon zu gehen, aber er hielt mich zurück.
„Sie fühlen sich wohl sehr klug?“, fauchte er. „In Wirklichkeit bringen Sie nur meine ganze Fahndung durcheinander.“
„Ihre Fahndung?“
Er blähte sich auf.
„Natürlich habe ich von Anfang an gewusst, was die Verbrecher planen. Mich konnten sie nicht täuschen. Ich saß bereits hier im Zug, als Sie noch verzweifelt nach ihnen suchten.“
„Sie sind ja ein toller Hecht.“
Er überhörte meinen Spott.
„Ich weiß genau, dass sich die Kerle in diesem Zug befinden.“
„Das freut mich zu hören.“
„Ja, und die Kisten mit den Waffen, die sie zur Grenze schaffen wollen, ebenfalls.“
„Das wissen Sie also?“
„Das weiß ich. Deshalb bin ich ja hier.“
Dieser Mann litt an gefährlicher Selbstüberschätzung. Was hatte er vor? Er konnte sich doch unmöglich allein mit einer skrupellosen Bande anlegen.
„Hören sie, Sherlock“, sagte ich. „Sie wollen die Waffenhändler zur Strecke bringen, und ich will das auch. Wir haben beide den gleichen Auftrag. Ist es da nicht am vernünftigsten, wenn wir zusammenarbeiten?“
Der Agent fuhr betroffen zurück.
„Ich handle im Auftrag der Regierung“, erklärte er stolz, als sei diese Tatsache respektgebietend.
„Das sagten Sie bereits mehrfach“, entgegnete ich ungerührt. „Aber der Regierung ist es vermutlich egal, wer den Halunken das Handwerk legt. Die Hauptsache ist doch, dass der Gouverneur in der mexikanischen Provinz nicht seine Privatarmee mit den Waffen ausrüsten kann.“
„Das wird er auch nicht.“
„Immerhin haben wir es mit eiskalten Killern zu tun. Welchen Erfolg können Sie als einzelner haben? Früher oder später wird man Sie abknallen, wahrscheinlich aber früher.“